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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 54/55
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des Herzogs das neue Hospital, welches vor der Stadt Lüben zur
Aufnahme armer Kranker durch die Almosen der Gläubigen er-
richtet worden war, dem Prior und den Brüdern von Steinau
übergeben habe, sodaß diesem die Leitung des Hospitals in spiri-
tualibus et in temporalibus (in geistlichen u. in zeitlichen Dingen)
zustehen sollte. Nur der Vollzug der letzten Ölung an den ver-
pflegten Kranken - nicht an den Brüdern - sei dem Pfarrer
in Lüben vorbehalten, dem auch jährlich 2 Mark von den Brüdern
zum Zeichen ihrer Unterordnung entrichtet werden sollten. Der
Kreuzhof - so wurde die Ordensniederlassung auch in Lüben
genannt - lag vor dem Glogauer Tor auf dem Gelände des
jetzigen Gerichtsgefängnisses199). Der Besitz des Hospitals war
bedeutend; man nannte es später das reiche Spital. Zu ihm
gehörte ein Vorwerk200) und die Hospital- oder Arme-Leute-
Mühle. Dort ließen wohl die Kreuzherren den Kalvarienberg
mit den Kreuzwegstationen anlegen, aus dem der Volksmund
hernachmals einen Kavalierberg machte201).
Frühzeitig, aber sicherlich nicht lange, hat in Lüben ein
Maria-Magdalenen-Kloster bestanden. Es wird 1349 zum ersten
und 1364 zum letzten Male erwähnt202). Nähere Nachrichten
darüber fehlen. Auch über das Kloster der Bernhardiner-Refor-
maten fehlt jede genauere Kunde, sein Vorhandensein wird nur
einmal gelegentlich gestreift203).

wurden daher vielfach Kreuzherren oder Kreuziger genannt. Ihre
Niederlassungen hießen Kreuzhöfe.
199 Die handschriftliche Chronik des Organist B. Heinrich berichtet,
daß bei einem Neubau auf dem Gelände des ehem. Kreuzhofs ein
steinerner Weihwasserkessel gefunden worden sei. Näheres darüber war
nicht zu ermitteln. Leider ist aus der alten "Kreuzhofstraße" die
"Kasernenstraße" geworden.
200 Daran erinnern die "Kreuzlöser".
201 Jetzt der Hügel, auf dem die Kirche der Provinzial-Heil-und
Pflegeanstalt liegt. Im Staatsarchiv L.B.W. 3 Urkunden 918-929:
1) 2.4.1400; 2) 15.11.1409; 3) 23.1.1436: 4) 16.11.1440; 5) 3.2.1469;
6) 9.2.1470; 7) 30.4.1483; 8) 15.3.1491; 9) 23.5.1504; 10) 24.4.1506;
11) 6.2.1525; 12) 15.11.1538 beziehen sich auf das Spital; zumeist
handelt es sich um Zinsverschreibungen. Als Verweser und Meister des
Spitals werden genannt: 3.2.1406 Jakob Greist; 1440-1469 Stephan
Reusendorf; 1489 Johann Ceysser; 1504 Martin Werlen; 15.11.1525
Tylemananus. - In der Konsignation der Lübener Pfarr-Urkunden
Rep. 28 O.A. Lüben I werden Seite 1, 2, 4, 15 mehrere Stiftungen
für das Spital genannt.
202 Z.G. IX 88 Urkunde vom 23.6.1349 betr. einen Erbschaftsstreit,
der zu Gunsten des Klosters entschieden wurde; und vom 7.6.1364
Z.G. VI Nr. 547 betr. einen Vergleich der Priorin und des Konvents
des Klosters mit dem Ritter Peter von Redirn.
203 Z.G.P. Scholz, Die Vertreibung der Bernhardiner aus
Liegnitz 1524, erwähnt, daß die Lübener Niederlassung der Bernhar-
diner anfänglich der böhmischen, dann der sächsischen Ordensprovinz
unterstanden habe. Der 1520 in Leipzig immatrikulierte frater Caspar
Aquila bacc ex monasterio Lobensi scheint aus Kloster Leubus zu sein.
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Für die kirchlichen Verhältnisse der Stadt wurde die Regie-
rung Ludwigs I. bedeutungsvoll, dessen Interessen vorwiegend
auf kirchlichem Gebiete lagen. Gleich im Anfange seiner Regierung
- im Jahre 1349 - erbaute er die Schloßkapelle, die zu Ehren
des Leibes und Blutes Christi, der hl. Hedwig und der hl. Mag-
dalena geweiht wurde204). Um die Kapelle für die Verteidigung
der Burg ausnützen zu können, wurde vom Treppenturme aus ein
Wehrgang an der Westgiebelwand vorbeigeführt205). Im Jahre
1358 stiftete Ludwig in der Kapelle einen Altar, der St. Georg,
St. Wenceslaus, St. Stanislaus, den 10.000 Rittern, St. Anna
und St. Dorothea geweiht wurde206). Aus späterer Zeit stammte
der Altar zu Ehren des hl. Leichnams Johannis Baptista, der hl.
Hedwig und Magdalena207) und der der Maria und Katharina
geweihte Altar208). Ludwig hatte für die Schloßkapelle eine be-
sondere Vorliebe und ließ sich die Erweiterung ihrer Privilegien
angelegen sein. Jedenfalls auf sein Ansuchen erteilte Bischof
Wenzel dem Rektor der Kapelle die Befugnis, in derselben die
Tag- und Nachtoffizien vornehmen zu dürfen209), und gewährte
ihm und seinen Nachfolgern, sowie den Kaplänen, Altaristen und
Ministern der Kapelle das Recht sich eines Amts entsprechend
dem der Domherren an Kollegiatstiftkirchen, zu bedienen210).
Gleichzeitig ist wohl die Kapelle zur Pfarrkirche erhoben wor-
den211); Parochialrechte besaß sie vermutlich nur für den Schloß-
bezirk. Als Pfarrhaus für den Rektor der Kapelle wies Ludwig
ein Haus in der Vorstadt nebst einem Garten an, jedoch wurde
dem Rektor die Verpflichtung auferlegt, das Grundstück offen zu
halten, falls es die Verteidigung des Schlosses erforderte212).
Welche Dotation der Pfarrer erhielt, ist nicht bekannt; jedenfalls

204 Die Angabe der Chronica Prinzipl. Polon. (Script. rer. Siles. I
146), daß die Schloßkapelle 1369 erbaut worden sei, beruht auf einer
Verwechslung mit der Restaurierung der Pfarrkirche. Am Portal der
Kapelle befindet sich die Inschrift: Anno domini 1349 fundata est haec
Capella a duce Ludovico Domino Legnicensi in honorem Corporis
et Sanguinis Domini nostri Jesu Christi et Hedwigis et Mariae
Magdalenae. Das Sandsteinportal der Kapelle stammt noch von dem
ursprünglichen Bau und trägt die Abzeichen der Patrone der Kirche:
Das Haupt Christi, Christus mit dem Kelch, die Figuren der hl. Hedwig
und Magdalena.
205 Lutsch, Schlesische Baudenkmäler, berichtet, daß an der betr.
Pfeile gefunden worden sind.
206 Z.G. VI Regesten Herzog Ludwigs Nr. 137 und Rep. 3 L.B.W.
Nr. 771. Urkunde vom 12.11.1358.
207 Rep. 3 L.B.W. Urkunde vom 10.3.1453 Nr. 776.
208 Ebenda 14.6.1457 und 23.11.1492 Nr. 777 und 778.
209 Ebenda Nr. 772a, 13.3.1392.
210 Ebenda Nr. 773, 6.11.1396. Cron. Princ. Pol. ‚dictus eciam
dux Ludovicus in Lobyn in castro capellam pulcram, ubi rector
principalis czapka more canonicorum utitur, intsauravit'.
211 Anfänglich führte der Parochus den Titel Rektor, später Pfarrer.
212 Rep. 3 L.B.W. 6.4.1369 Nr. 772.