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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 262/263
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1811 gab die Stadt mit 10 950 rtl. das Höchstgebot ab, und am
7. Juli 1812 erhielt sie die Auflassung. Die Kaufsumme war
durch eine Anleihe gedeckt worden; es gelang, die Schuld
aus den Einkünften der Heide bis 1820 zu tilgen. Der
städtische Forstbesitz war damit um 410 Morgen vergrößert. Wie
wenig sich damals die Bewohner der Amtsvorstädte als Lübener
Bürger fühlten, beweist die Tatsache, daß sie sich mit den Mall-
mitzer Besitzern zu einer Sozietät zusammenschlossen, um bei dem
Verkaufstermine die Heide zum gemeinsamen Besitze zu erwerben.
Die allgemeine Erschöpfung nach den Kriegsjahren ließ
vorerst ein wirtschaftliches Emporblühen der Städte nicht zu. Man
war froh, wenn man sich mit seinen Schulden über Wasser hielt
und größere Ausgaben umgehen konnte. Trotzdem wurde in den
Jahren 1812 bis 1830 in Lüben manches Neue geschaffen686). Auf
dem Kämmereigute Altstadt wurde, wie bereits erwähnt, 1812 ein
massiver Schafstall gebaut; 1819 ward das neue Garnisonslazarett
errichtet (jetzt das Haus Schulpromenade 13), wofür der Bauplatz
erworben werden mußte, 1824 war eine massive Rauhfutterscheune
für die Garnison zu bauen, 1827 Kuhstall und Schirrkammer in
der Mallmitzer Jänkerei, 1828 das große Schulhaus, für das die
Stadt 8000 rtl. aufwenden mußte, so wurden der Schulden nicht
weniger, sondern mehr; sie betrugen 1832: 40 455 rtl.
Wenn man einem späteren Berichte687) trauen darf, bildet
das Jahr 1834 einen Markstein in der wirtschaftlichen Entwicklung
der Stadt. "Mit diesem Jahre erstieg am Verwaltungshimmel
der Stadt ein Stern erster Größe, der Senator Künztel, der die
Majorität trotz mannigfacher Opposition zu tiefgreifenden Refor-
men bewog. Ein Schuldentilgungsplan wurde aufgestellt, um die
Schulden in 20 Jahren zu tilgen; sie waren schon 1844 bis auf
11 661 rtl. und 1846 bis auf 5000 rtl. getilgt, obwohl die Servis-
einnahmen anno 1844 1948 rtl., die Forsteinnahmen 3517 rtl.
betrugen. Das Forstwesen wurde neu geregelt, und ein geordneter
Wirtschaftsplan trat 1848 in Kraft." In der Tat ist von 1835 bis
1855 ein frischerer Zug in der städtischen Verwaltung zu spüren.
Die treibende Kraft mag bei dem chronischen Wechsel der Bürger-
meister Küntzel gewesen sein. Ob freilich alle damals getroffenen
Maßnahmen für die spätere Entwicklung der Stadt vorteilhaft
gewesen sind, wenn sie auch dem augenblicklichen Bedürfnis ent-
sprachen, sei dahingestellt.

686 Die Akten aus den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts
im städtischen Archiv sind nicht geordnet; sie befinden sich auf dem Rat-
hausboden in einem Durcheinander, das die Benutzung ausschließt. Das
Folgende nach Knie 1832; seine Angaben fußen auf Mitteilungen des
Kämmerers Richter.
687 Nach dem Memorandum eines Unbekannten in den Akten betr.
Ev. Schule in Lüben Vol. II 1862-1866 im Pfarrarchiv.
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Die beiden städtischen Vorwerke688) in Altstadt und Mallmitz
brachten wenig ein und forderten ständig mehr oder minder kost-
spielige Reparaturen; deshalb beschlossen die städtischen Körper-
schaften den Verkauf. Altstadt erwarb am 5. Juni 1844 Leutnant
Beißert für 18 100 rtl. Einzelne Parzellen wurden anfänglich
zurückbehalten, um sie mit städtischem Areal zu vereinigen; sie
wurden aber später ebenfalls veräußert. Die Mallmitzer Jänkerei
kaufte am 10. Juni 1846 der ehemalige Gutspächter Marthen
aus Grünberg für 15 925 rtl. Die Ländereien des sogen. "alten
Vorwerks" (Lübener Jänkerei) blieben städtisch. Waren somit
zwei, wenn auch nicht gerade ergiebige Einnahmequellen versiegt,
so galt es neue zu erschließen. Es wurde angeregt, die Lehmlager
in der Stadtheide auszubeuten und die Forstdeputation beauf-
tragt, den städtischen Körperschaften eine diesbezügliche Vorlage
zu machen. Als indes am 29. Dezember 1845 der Kostenanschlag
für eine Ziegeleianlage im Stadtforst vorgelegt wurde, fanden die
Stadtväter die Sache zu kostspielig und unrentabel und beschlossen,
nur die bestehende Ziegelei hinter dem Schießhause zu erweitern.
Aus dem Erlös des Holzes, das man eingeschlagen hatte, um
einen Platz für die projektierte Ziegelei zu gewinnen, ward ein
Baufonds gebildet, um evtl. in späterer Zeit das Projekt zu ver-
wirklichen. Es geschah schneller, als man gedacht. Schon am
30. Juni 1846 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung die
Errichtung der Stadtziegelei, und am 24. März 1847 erteilte sie
dem Zimmermeister Kleinert, als dem Mindestfordernden, den
Zuschlag. Am 8. Januar 1848 ward der weitere Ausbau und die
Anstellung eines Ziegelmeisters beschlossen, 1850 ein Trocken-
schuppen errichtet, 1852 ein Ziegelmeisterhaus und ein weiterer
Ofen gebaut. Eine erhebliche Erweiterung erfolgte 1900/01 durch
die Umwandlung der Anlage in eine Dampfziegelei. Eine Hoch-
drucklokomotive wurde aufgestellt, eine Ziegelpresse angeschafft
und ein neuer Ringofen errichtet. Die Kosten der umfangreichen
Veränderungen beliefen sich auf 73 000 Mark. In den Jahren
1910 und 1911 geschahen weitere Um- und Neubauten, vor allen
Dingen die Errichtung einer künstlichen Trockenanlage. Indes
entsprach der Ertrag der Anlage zu keiner Zeit den gehegten Er-
wartungen, da sie, wie alle kaufmännischen Betriebe, von der
Konjunktur abhängig blieb. In den Jahren 1859, 1860 und
1861 wurden folgende Abschlüsse der Ziegeleikasse erzielt:
1859 Einnahme 3134 rtl 18 sgr 1 pf 1860 Einnahme 1699 rtl 13 sgr 9 pf
  Ausgabe 1628 rtl  2 sgr 7 pf   Ausgabe 1931 rtl 11 sgr 6 pf
  Überschuß 1506 rtl 15 sgr 6 pf   Fehlbetrag  231 rtl 27 sgr 9 pf
688 Für die Darstellung der neueren Geschichte der Stadt wurden
benutzt: Die Stadtverordneten-Sitzungsprotokolle von 1835 ab; das
Lübener Stadtblatt von 1843/44 ab; die Verwaltungsberichte seit 1885;
Stadtetats und Stadtrechnungen nach Bedarf.