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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 316/317
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XIII. Kapitel


Das Schulwesen



Nach der Angabe Stenzels in seiner "Geschichte Schlesiens"
wird die Lübener Schule erstmalig 1358 erwähnt. Wann sie
gegründet worden ist, ist unbekannt. Vielleicht verdankt sie ihre
Entstehung Herzog Ludwig I. Jedenfalls hatte er für sie eine
offene Hand. Gemeinsam723) mit seiner Gemahlin Agnes über-
wies er der Pfarrkirche in Lüben eine Mark jährlichen Zinses in
Fürstenhain (Lerchenborn); davon sollte 1 Vierdung der Kirch-
vater auf Wachslichte, 8 Groschen der Pfarrer, 8 Groschen dessen
Kapläne, der Schulmeister und Glöckner erhalten, der letzte Vier-
dung sollte an die Armen verteilt werden. Dafür sollte alljährlich
im Beisein der ganzen Geistlichkeit und der Schule (rectore
scolarium) ein Anniversar für die Eltern des Herzogspaares
gehalten werden. Nach einer anderen Notiz verbrauchte Herzog
Ludwig724) am 2. Juni 1365 in Breslau für sich 1/2 Mark und
8 Denare; 1 Gr. für seinen magister scolarium Johannes. Das
sind die einzigen Nachrichten von der Lübener Schule im XIV.
Jahrhundert. Vielleicht war der magister scolarium Johannes
gleichzeitig Rektor der Schloßkapelle. Nicht bloß die Namens-
gleichheit legt das nahe, sondern auch der Umstand, daß der
Schloßpfarrer keine eigentliche Gemeinde hatte725).
Die Schule war selbstverständlich eine Lateinschule und ver-
mutlich eine Trivialschule726). Sie war jedenfalls an die Pfarr-
kirche angegliedert und geistlichen Ursprungs. Wenigstens finden
sich in der Kirchenrechnung von 1446 Ausgaben für die Schule727);
z. B. "1 fl. vmb essin vnd trinckin den schulern. - 6 gr. dem Jakob

723 Regesten H. L. Nr. 291, vermutlich 1390. Zeitschrift für Ge-
schichte Schlesiens VI.
724 Regestens H. L. Zeitschrift VI. Nr. 606.
725 Johannes, Rektor der Schloßkapelle. Ebenda Nr. 137, Nr. 600,
Nr. 676.
726 In den Trivialschulen wurden die drei ersten der sieben freien
Künste, Grammatik, Rhetorik und Dialektik, gelehrt.
727 Staatsarchiv Rep. 28 O. A. Lüben I.
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meurer eyn Kachil Owen in die schule czu machen vnd den andern
czu bessern." Das Schulhaus befand sich vermutlich schon damals
am Kirchturme. Daß die Schüler an den Gottesdiensten, Begräb-
nissen usw. mitwirkten, war selbstverständlich. Der Priester
Nicolaus Minczenberg in Lüben schenkte am 26. Juni 1434
14 Mark Zins und einen Garten in der Stadt zur Errichtung
eines Altars in der Pfarrkirche. Bei den Messen, die gelesen
werden sollten, waren 6 Scholaren zuzuziehen728). In der Anni-
versarstiftung des verstorbenen Predigers M. Hiernonymus Beyer
vom 24. Februar 1520 war eine Entschädigung für den Schul-
meister, der mit den Schülern die Antiphone "haec est dies" zu
singen hatte, vorgesehen729).
Über die Lehrer der Schule fehlen alle Nachrichten, vermutlich
waren es die Kapläne an der Pfarr- und Schloßkirche und die
zahlreichen Altaristen. Daß die Schule allmählich aufblühte und
etwas leistete, beweist die Zahl der Lübener Studenten in Leipzig
(27) und Krakau (17) während des XV. Jahrhunderts. Auch
fand die Schule tatkräftige Gönner und Förderer. Vermutlich
wurde im XV. Jahrhundert das Lembergsche Stipendium ge-
stiftet730), welches jährlich 30 rtl. 9 sgr. einem Lübener Studenten
gewährte. Der Leipziger Professor und spätere Meißener Dom-
herr Marcus Sculteti blieb seiner Vaterstadt Lüben zugetan; er
vermachte ihr 1483 seine Bibliothek731), die der Lübener Schule
in erster Linie zugute kam, und stiftete 1496 ein Kapital von
1600 fl., dessen Zinsen zu gleichen Teilen je einem Breslauer,
Leipziger, Glogauer und Lübener Studenten an der Leipziger
Hochschule zufallen sollten. Der Lübener Anteil wurde von Pro-

728 Diözesan-Archiv; Inkorporationsbuch des Bischofs Konrad f. 22.
729 Staatsarchiv Rep. 3 Urkunden L. B. W. 854.
730 Die Stiftungsurkunde ist im Dreißigjährigen Kriege verloren
gegangen.
731Staatsarchiv Collegiatstift Glogau 379; die Urkunde hat kein
Tagesdatum, die Stiftung wird am 28.7.1485 vom Rate, Ältesten und
Geschworenen acceptiert. Die Lübener Kirchenbibliothek wurde 1900 an
die Kgl. Bibliothek in Berlin für 1000 Mark verkauft. Von ihr handelt
ein Aufsatz von E. Stern "Mitteilungen aus der Lübener Kirchen-
bibliothek" in den "Beiträgen zur Bücherkunde und Philologie" A. Will-
manns 1903 gewidmet. Die Bibliothek umfaßte 86 Folianten, von denen
in 25 der Name Sculteti steht. Der größte Teil der übrigen mag auch
von ihm stammen. Andere sind von Benediktus Hegerwald von Bunzlau
(1422 in Leipzig immatrikuliert), von Jakob Beringer von Sommerfeld
(1450 Prediger in Liegnitz), Nicolaus Arnold, Pfarrer von Gläsersdorf,
Jeronimus Kawitz de Lobin, Johannes Gering de Freystadt u. a. dedi-
ziert. Inhaltlich enthalten die Bände Predigtsammlungen, theologische
Kompendien und Hilfsbücher, Werke der patristischen und scholastischen
Literatur (Lactanz, Ambrosius, Chrysostomus u. a.), Schriftstücke, welche
das Basler Konzil betreffen, eine Briefsammlung aus der Mitte des
XV. Jahrhunderts, darunter 150 Briefe von Aeneas Sylvius. Nach
Henel, Silesia Togata lib. 8 Nr. 1, wurden der Bibliothek von Sebastian
Kirchner in Erfurt, einem Lübener Bürger, im XVIII. Jahrhundert
100 rtl. geschenkt.