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Kretschmer und Johann Jobst Eggers waren am Anfang des
XVIII. Jahrhunderts die maßgebenden Persönlichkeiten in Lüben.
Auch in den Familien Stahn und Arnold war der Tuchhandel
heimisch.
Für die Masse des Volks besaßen die Jahrmärkte in alten
Zeiten eine besondere Anziehungskraft, an ihnen war Einkauf
und Verkauf von allem Zunftzwange befreit. Ursprünglich besaß
die Stadt zwei Jahrmärkte, zu Mariä Geburt und Martini847),
im XVI. Jahrhundert mag sie den dritten erhalten haben. Als
am 24. März 1670 die Bürgerschaft einen vierten Jahrmarkt be-
antragte848), erklärte Herzog Christian, daß er erst seine Räte
fragen müsse, er bewilligte ihn jedoch 1675. Bei diesen vier
Jahrmärkten ist es geblieben; sie fielen nach späterer Ordnung
Mittwoch nach Fastnacht, Montag nach Miserikordiasdomini,
Mittwoch vor Mariä Geburt und Montag vor Martini und waren
mit Viehmärkten verbunden. Der Wochenmarkt mit Getreide-
und Garnmarkt fand am Sonnabende statt, der Getreidemarkt
wurde am 14. Oktober 1840 auf Mittwoch verlegt.
Der Handel war namentlich in preußischer Zeit mancherlei
Beschränkungen unterworfen, das beweist z. B. "die Taxe wonach
sich Verkauffer und Kauffer, Meister und Gesellen, Herrschafften
und Dienstbothen und überhaupt sämmtliche Einwohner der Stadt
Lüben vom 1. Juni 1764 an auf das genauste zu achten haben"849).
Die vom Magistrat erlassene Taxe bezweckte entsprechend den neu
geordneten Geldverhältnissen, die Preise aller Waren auf den
Stand vor dem Kriege herunterzusetzen, um der herrschenden
Teuerung zu steuern. Sie sollte lediglich die wucherische Aus-
beutung der Bürgerschaft verhindern und galt daher nur für den
Kleinhandel. Den Engroshändlern wurde eingeschärft, auf den
normalen Satz vor dem Kriege zurückzugehen, und von den
Professionisten wurde erwartet, daß sie bei den herabgesetzten
Preisen nicht schlechtere Arbeit liefern würden. Für Graupe,
Mehl, Speck usw., deren Preise von den Getreide- und Fleisch-
preisen abhingen, sollte bei der Regulierung der monatlichen
Brot- und Fleischtaxe der Maximalpreis festgesetzt werden. Um
der Taxe eine bessere Wirkung als der vorjährigen zu sichern,
wurden strenge Strafen angedroht: Schließung der Läden, öffent-
liche Ausstellung, Tragen des spanischen Mantels, Festungs- bezw.
Gefängnishaft. Eine permanente Polizeikommission hatte sofort
Klagen entgegenzunehmen und zu entscheiden, auch selbst bei
Übergriffen einzuschreiten und auf Dienstboten zu achten, die
mitunter um einen höheren Preis baten. Nur einige Stichproben
seien aus der Taxe geboten: Kaffee (1 Pfd. 7-8 sgr.), Zucker
847 Privileg vom 3.9.1498.
848 Staatsarchiv Rep. 28 O. A. Lüben I Akta des commiss. loci 1795.
849 Vorhanden in der Lade der Herrenzeche. |
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(1 Pfd. 9-10 sgr.), Tabak (1 rtl. 20 sgr.) waren verhältnismäßig
teuer; 1 Quart Butter war mit 3 1/2-4 sgr., 1 Quart Milch mit
4 Pfg., ein Paar junge Hühner mit 4 sgr., ein Paar Gänse mit
10 sgr., 1 Paar Frauenschuhe mit 26 sgr., eine eichene Diele -
8 Ellen lang und 2 Zoll stark - mit 15-18 sgr. zu verkaufen.
Ein Kutscher bei 2 Pferden erhielt 14 rtl. Lohn, ein Vorreiter,
"nachdem er schon ein gesetzter Kerl ist" 8 rtl., eine Köchin 8 rtl.,
ein Dienstmädchen 6 rtl., ein Maurergeselle 10 sgr., ein Tage-
arbeiter 5 sgr. usw. Ob es möglich gewesen, die Taxe durchzu-
führen, ist nicht bekannt. |