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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 44/45
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unter seiner Vermittlung mit den bevollmächtigten Vertretern
der beiden Fürstinnen ein Vertrag geschlossen153), nach welchem
Ludmilla den Halt Lüben bis Michaelis 1496 für 5400 ungarische
Gulden einlösen sollte. Über die Modalitäten der Übergabe wur-
den spezielle Vereinbarungen getroffen; im besondern wurde aus-
bedungen, daß Katharina im Schlosse "allem gezewg von büchsin
pulver vnd alle ander, dasz zu des schloßes gewere gehort, so vil
als drobin ist, bliebin lossin sal".
So trat Lüben wieder unter das Regiment der Liegnitz-
Brieger Piastenlinie, bei der es bis zum Aussterben des Piasten-
stammes verblieben ist. Nur noch ein Jahr dauerte die vormund-
schaftliche Regierung Ludmillas, der Tochter Georg Podiebrads;
es war ein Jahr der Pest, die damals ganz Schlesien heim-
suchte154). Im folgenden Jahre überließ die Herzogin das Land
den beiden Söhnen Friedrich und Georg zu gemeinsamer Regie-
rung. Die Brüder unterzogen die Gerechtsame der Stadt einer
gründlichen Revision und erteilten ihr am 3. September 1498
eine ausführliche Bestätigung sämtlicher Privilegien, die für die
Folgezeit maßgebend blieb155). Es sei daher das Wesentliche
daraus mitgeteilt:
Die Stadt befand sich im Besitz der Ober- und Niedergerichte
und nicht näher bezeichneter Erbgerechtigkeiten, Erbrenten, Ge-
schösser u. dergl. Ihr gehörte das Dorf Altstadt mit seinen Ober-
und Niedergerichten und allen sonstigen Gerechtsamen. Der Stadt
stand ferner das Recht zu, durch das ganze Jahr Wein und eine
bestimmte Zeit im Jahre fremdes Bier zu schenken. Zwei Jahr-
märkte waren gestattet, der eine zu Kirchweih am Sonntag vor
Mariä Geburt, der andere zu Martini. Unter städtischer Ver-
waltung standen die Badestube mit freier Wasserbenutzung aus
dem herzoglichen Teich, die Wage, die Scheergaden und der
Kuchentisch. Meist waren diese Institute wohl verpachtet. Auch
Zoll und Münze befanden sich noch in städtischer Regie, doch be-
hielten sich die beiden Herzöge die Einlösung der beiden ursprüng-
lich landesherrlichen Regalien vor. Bezüglich des Zolls wurde
der Stadt der Zollzwang gewährt, d. h. das Recht, solche, welche
beim Berühren des Lübener Weichbildes die Zollstelle umgehen
wollten, zum Betreten der Stadt zwingen zu dürfen. Der Salz-
markt wurde der Stadt belassen mit der Verpflichtung, wöchentlich
ein Viertel Salz auf das Schloß zu liefern. Bezüglich der Stadt-
heide reservierten sich die herzoglichen Brüder die freie Jagd und
je eine freie Fuhre Kiefern-Bau- und -Brennholz für das Schloß,
das Schloßvorwerk und die zum Schlosse gehörenden Mühlen.

153 d.d. Neiße 8.2.1496 Lehnsurkunden I 464 ff.
154 cf. Sturm, Geschichte der Stadt Goldberg 1888, S. 66; anno 1497
war ein Sterbyn zu Liegnitz, Hayn, Lobin, Glogau, Steyn, Parchwitz etc.
155 Urkunden der Stadt Lüben Nr. 32. Ziekursch Mscr. 22 Nr. 4.
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Die Stadt sollte nicht gezwungen sein, Bauholz an Fremde zu
verkaufen. - Die zur ehemaligen Erbvogtei gehörige Walkmühle,
die wahrscheinlich unter Ludwig I. der Stadt verpfändet worden
war, wurde gleichzeitig mit 5 Mark jährlicher Zinsen auf den
Geschössern in Mallmitz von den Landesherren zurückgekauft. Die
Stadt erhielt dafür 100 Mark böhmischer Groschen und das Frei-
haus, "die Münze" genannt, hinter den Steinhäusern zur freien
Verfügung. Das Baugeld, das einst der Stadt vorübergehend
zum Wiederaufbau nach einem Brande gewährt, und das von ihr
stillschweigend weiter erhoben worden war, wurde ihr zwar be-
lassen, doch hatte sie davon eine jährliche Erbrente von 30 Mark
an den Fiskus zu entrichten.
Auch die schon früher genannte Lübener Willkür von 1457,
welche das Erbrecht für alle diejenigen Güter regelte, die nicht
dem Lehnrechte sondern dem Land- und Stadtrechte unterlagen,
wurde von den fürstlichen Brüdern neu bestätigt156).
Eine durchgreifende Neuregelung erfuhren endlich die In-
nungsprivilegien, die unter der vorigen Regierung mannigfach
angetastet worden waren. Schon Ludmilla hatte damit begonnen
und im Jahre 1497 den Lübener Bäckern die Zunftartikel der
Liegnitzer Bäckerzeche von 1318 erteilt157). Friedrich und Georg
gewährten 1498 eine Reihe neuer Handwerksprivilegien, um die
einzelnen Gewerke rechtlich gegen einander abzugrenzen und um
Zwistigkeiten vorzubeugen. Die Privilegien der Fleischer, Rot-
und Lohgerber, Tuchmacher, Mälzer und Kürschner datieren sämt-
lich aus dieser Zeit158).
Ludmilla starb am 20. Januar 1503. Im folgenden Jahre
- 23. Mai 1504 - teilten die Söhne das Land159). Friedrich II.
erhielt das Liegnitzer, Georg I. das Brieger Fürstentum mit
Lüben. Der neue Herr, den die Stadt erhielt, war seinem Lieg-
nitzer Bruder sehr unähnlich. Er war ein dem Lebensgenuß er-
gebener Fürst, der den üblen Beinamen "Der Schlemmer" führte.
Infolge seiner Geldbedürftigkeit scheint er Lüben zeitweilig versetzt
zu haben. Am 14. Dezember 1514 bezeichnet sich Balthasar von
Münsterberg als Pfandherr von Lüben und überträgt die Pfand-
inhaberschaft auf seinen Bruder Karl von Münsterberg-Öls160).
Georg verheiratete sich am 9. Juni 1515 mit Anna, der Tochter
Boguslaws X. von Pommern. Als er sich im Frühjahr 1521 zur
Teilnahme an dem Kriegszuge gegen die Ungarn rüstete, starb er
plötzlich am 30. Mai im Alter von 39 Jahren an den Folgen seines
liederlichen Lebens. Das Fürstentum Brieg wurde, da Georgs

156 2.1.1500 Urkunden der Stadt Lüben 34.
157 2.4.1497 Akta des commiss. loci des III. Glog. Departement,
betr. Privilegien der Stadt Lüben, Staatsarchiv Rep. 28. O.A. Lüben.
158 Ueber den Inhalt der Privilegien cf. Kap. XIII.
159 Lehnsurkunden I S. 468 ff.
160 Häusler, Urkunden von Oels.