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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 48/49


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lag 1429/30 "in eynem stocke gefangen in eysen keten vnd banden
mit halße hendin vnd füssen verschlossen" Petrasch von Rabenau
"vmb beschedunge vnd raubes willen, den her dem hochgebornen
fürsten herczog Rupricht in seynem lande gethan"181).
In der Stadt wohnte eine betriebsame Bevölkerung, deren
Gewerbetätigkeit, wie die Zunahme der Zünfte beweist, empor-
blühte, deren Wohlstand und Lebenshaltung sich gehoben hatte,
deren Bildungsbedürfnis gestiegen war; finden wir doch auf den
deutschen Hochschulen Lübener Bürgersöhne in beträchtlicher An-
zahl. Mit zäher, zielbewußter Arbeit war es der Bürgerschaft
gelungen, die Stadt in die Höhe zu bringen und ihren Besitz zu
mehren. War die Stadt in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens
vielfach auf das Wohlwollen ihrer Regenten angewiesen, so be-
durften im XIV. und XV. Jahrhundert die Landesherren des
öfteren der Stadt und ihrer Geldmittel; und die städtischen Be-
hörden wußten diese Situation auszunützen, um dem Stadtsäckel
neue Einnahmequellen zu erschließen.

181 Staatsarchiv Rep. 9. Urkundliche Personalien 211. Eine Anzahl
Ritter aus dem Lübener Weichbilde und die Ratmänner und Schöffen
von Lüben verbürgten sich bei dem Herzog für den Gefangenen und
erbaten dessen Freiheit. Urkunden vom 18.10.1429 bezw. 9.3.1430.
III. Kapitel

Die Kirche und die kirchlichen Stiftungen
in vorreformatorischer Zeit


Gehört die Kirche in Lubin zu denen, welche Peter Wlast
um 1170 erbaut hat, so kann es nur die in Altstadt, dem alten
Lubin, gewesen sein. Auf einer künstlichen Anhöhe, anscheinend
einem alten Opferplatze gelegen, mag sie die gottesdienstliche
Stätte für eine Anzahl slawischer Dörfer gebildet haben, die von
hier aus kirchlich versorgt wurden182). Die Altstädter Pfarre hatte
Landbesitz; der Pfarrhof dürfte am südlichen Abhange des Kirch-
berges gelegen haben183).
Bei der Aussetzung der deutschen Stadt Lüben wurde selbst-
verständlich von vornherein auf die Anlage der kirchlichen Ge-
bäude Rücksicht genommen. Die ad beatam Virginem (der Jung-
frau Maria) geweihte Kirche mit dem sie umgebenden Kirchhofe
erhielt, wie anderwärts, ihre Stelle unweit des Ringes184). Das
Pfarrhaus lag zwischen Kirchhof und Stadtmauer, dort, wo jetzt
das alte Schulhaus steht185). Über die Beschaffenheit des ältesten
Kirchengebäudes fehlt jede Nachricht186).

182 Nach einer handschriftlichen Lübener Chronik von B. Heinrich in
Lüben sollen auf dem Altstädter Kirchberge am Anfange des 19. Jahr-
hunderts Götzensteine gefunden worden sein. Nach einem undatierten
Bericht des Lübener Rats um 1700 betr. die Altstädter Kirche (Staats-
archiv O.A. Lüben XV) soll nach Aussage alter Leute die Kirche früher
Emmaus (?) geheißen, und an dem Wege dorthin sollen Kapellen gestan-
den haben.
183 Die Altstädter Wiedemutlöser sind heute noch nachweisbar.
184 Die Kirchweih wurde am Sonntag vor Mariä Geburt gefeiert.
185 Erst nach dem Brande von 1757 wurde es nach Niederglogauer
Straße 9 verlegt.
186 Die ältesten schlesischen Kirchen waren fast allgemein Schrotholz-
kirchen. - Jeder Versuch, in dem gegenwärtigen Gebäude die ältesten
Bestandteile oder gar die verschiedenen Bauperioden bestimmen zu wollen,
führt zu haltlosen Kombinationen. Auch die Ausführugnen des unge-
nannten Verfassers des Artikels "Die Kirchen in Lüben" in der Silesia 1841