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raffte 1400 Menschen hinweg406). Heinrich selbst kümmerte sich
um die Stadt nur, wenn er Geld brauchte407). Um sich einiger-
maßen über Wasser zu halten, verpfändete er408) am 23. April 1569
mit Einwilligung Georgs von Brieg an Christoph von Zedlitz auf
Samitz seine Renten und Einkünfte des Lübener Kreises mit den
Vorwerken zu Mallmitz und Muckendorf samt den Schäfereien,
dem Teich zu Schwarzau und zwei kleinen Teichen, den Genüssen
der Walkemühle, Malzmühle und Kornmühle, den Gerichten auf
den Dörfern, dem Schlosse zu Lüben, dem Garten an dem Stein-
wege vor dem Steinauer Tor, der Jagd im Gehege, der Fischerei
in der Bache vor der Stadt und allen sonstigen zum Schlosse und
den beiden Vorwerken gehörigen Pertinenzien um 45 000 rtl.
unter Festsetzung des Modus der künftigen Ablösung. Heinrich
verpflichtete sich am 25. Juni 1569409), Georg von Brieg bezüglich
seiner Ansprüche schadlos zu halten. Letzterer übernahm die
Bürgschaft für die Rückerstattung und blieb miteingetragener
Pfandherr. Die eigentlichen landesherrlichen Hoheitsrechte behielt
sich Heinrich für den verpfändeten Besitz vor. Übrigens ver-
pfändete er bereits am 29. September 1570 noch einige geistliche
Zinsen aus dem Lübener Weichbilde an Herrn von Zedlitz410).
Dieser begann sehr bald seinerseits den Lübener Pfandbesitz nach
und nach an die Gebrüder Sigmund, Friedrich, Johannes,
Christoph und Wolfgang von Kanitz zu veräußern. Nachdem er
allmählich 15 700 rtl. von den Herren von Kanitz erhalten hatte,
ließ er ihnen am 11. Juni 1575 Schloß und Amt Lüben auf411).
Weitere Anteile an dem Pfandschilling wurden in den folgenden
Jahren von den Gebrüdern von Kanitz erworben, bis die Rest-
summe am 10. Mai 1594 an die Witwe Christoph von Zedlitz's
gezahlt wurde412).
406 Notiz bei Kluge, Schles. Jubelpriester, 1763; Lebenslauf des
M. Stephan Bockshammer. Im Taufregister vereinzelte Hinweise auf
die Epidemie: 15.9.1572, eine im Spital an der Pest darniederliegende
Wöchnerin erhielt keine Paten; 10.10.1572 wird von Taufeltern und
Paten bemerkt: omnes peste perierunt.
407 Rep. 3 L.B.W. Nr. 292.
408 H. v. Schweinichen a. a. O.: 29.2.1575 war der Herzog in
Lüben, um bei Christoph von Zedlitz oder sonst bei der Stadt Geld auf-
zutreiben; er kehrte aber unverrichteter Dinge am 30.7.1575 nach
Liegnitz zurück.
409 Rep. 3 L.B.W. Nr. 293 a.
410 Staatsarchiv B. 69 S. 37 ff. Verzeichnis der von Christoph
von Zedlitz hinterlassenen Briefe Nr. 20.
411 Ebenda Nr. 24. 9.5.1575 Revers der Kanitzer in Dieban an
Zedlitz wegen des Hauses u. Amtes Lüben, so er ihnen verpfändet und
davor sie ihm 2101 rtl. herausgegeben. Nr. 25. 9.5.1575 Zedlitz
quittiert über 15 700 rtl. 18. Abschluß des Vertrages vom 11.6.1575.
412 Ebenda Nr. 26. 6.10.1577 quittiert Zedlitz über 400 rtl.
Nr. 27. 3.5.1577 neuer Kontrakt zwischen Zedlitz und den Kanitzern,
dessen Inhalt unbekannt ist. Nr. 35. 21.6.1584 läßt Zedlitz den ge-
samten Pfandschilling an die 5 Brüder Kanitz auf. Nr. 33 u. Nr. 41. |
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Inzwischen hatte Heinrich XI. in Liegnitz endgiltig abge-
wirtschaftet. Der Kaiser verfügte 1581 gegen ihn die Exekutive
und beauftragte den Oberlandeshauptmann Bischof Martin
Gerstmann mit der Führung der Exekutionstruppen. Heinrich
war anfänglich entschlossen, Widerstand zu leisten und zog aus
Goldberg und Lüben je 50 Hakenschützen heran413). Indes zog er
es schließlich doch vor, sich in das Unvermeidliche zu fügen. Er
wurde des Thrones entsetzt, während sein Bruder Friedrich IV.
die Regentschaft des Fürstentums übernahm, das sich in der denk-
bar traurigsten Verfassung befand. Friedrich ließ es sich redlich
angelegen sein, die zerrütteten Finanzen des Hofes zu ordnen.
Erschwert wurden seine Bemühungen durch den Konflikt, der
zwischen den Städten des Fürstentums und den Landständen
mehrere Jahre hindurch bestand, und um deswillen sich die Städte
von den Fürstentumslandtagen fernhielten. Durch Vermittlung
des Oberlandeshauptmanns Bischof Gerstmann, des Herzogs
von Brieg und einiger kaiserlicher Kommissare wurden am
13. März 1585 alle Differenzen beigelegt414). Damit war eine
Grundlage für weitere Verhandlungen geschaffen. Parallel mit
ihnen liefen Unterhandlungen Friedrichs mit seinen beiden
Vettern, Joachim Friedrich von Brieg und Johann Georg von
Wohlau, den Söhnen des im Mai 1586 verstorbenen Herzogs
Georg von Brieg415). Die Gebrüder Kanitz hatten den größeren
23.4.1587 zahlen Sigmund und Wolf von Kanitz 3167 rtl. Nr. 38.
18.5.1589 Vertrag der Kanitzer mit der Witwe v. Zedlitz. Nr. 40. Am
10.5.1594 quittierte die Witwe über 2000 rtl. Außerdem sind noch drei
Pakete von Schriftstücken in der gleichen Sache vorhanden gewesen,
Nr. 43, 44, 45. Nach Sinapius war Sigmund von Kanitz Herr auf
Großburg, Friedrich auf Dieban und Porschwitz, Johannes † 1594 auf
Stephansdorf, Wolfgang † 1598 auf Sirchen.
413 H. v. Schweinichen a.a.O. Am 6.6.1581 ließ Heinrich die
100 Hakenschützen kommen; die Angreifer brauchten so wenig Vorsicht,
daß die Lübener Schützen durch ihre Wachen bei der schwarzen Brücke
durchgingen, ohne daß man sie gefragt hätte.
414 Urkunden der Stadt Lüben Nr. 42.
415 cf. zum Folgenden Staatsarchiv Rep. 28 I 22 b Akta der Kanz-
leien der Herzöge Johann Georg und Joachim Friedrich, und Rep. 3
L.B.W. 160 c betr. Lübener Pfandschaft. - Die Schriftstücke sind un-
geordnet. Die chronologische Reihenfolge ist folgende, wobei die in Rep. 28
vorhandenen Briefe mit A, die in Rep. 3 mit B bezeichnet sind. -
1) B 17.8.1586 Brief Joachim Friedrichs, der sich in Magdeburg befindet,
um seine Bewerbung um die Domprobstei zu befördern, an Joh. Georg.
Er bittet um Auskunft über den Stand der Ablösungssache. - 2) B
30.8.1586 Antwort Johann Georgs, der über die Saumseligkeit Frie-
drichs IV. klagt. - 3) B 10.9.1586 Joachim Friedrich an Georg s.o. -
4) B 16.9.1586 Johann Georg an Joachim mit einem einliegenden
Brief Friedrichs IV. vom 9.9.1586 (A) und der Abschrift des Briefes,
den Georg am 16.9.1586 an Friedrich geschickt hat (A). - 5) B. 15.10.1586
Johann Georg an Joachim Friedrich. - 6) A 30.10.1586 Joh. Georg
an Joachim Friedrich. Dazu ein Postskriptum in B. - 7) A 16.11.1586
Johann Georg an Joachim. - 8) B 15.6.1589 Hans von Nostiz schreibt
an Joachim Friedrich. |