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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 218/219
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X. Kapitel


Die Schicksale der Stadt in den Napoleoni-
schen Kämpfen (1806-13)

Friedrich Wilhelm III. hatte 1797 den Thron bestiegen. Im
Juni des folgenden Jahres erschien er mit seiner liebreizenden
Gemahlin, der Königin Luise, in Schlesien. Auf der Rückreise
wurde Lüben berührt. Am 26. Juni, abends 8 Uhr, traf die
Königin in Lüben ein627). Während des Pferdewechsels verweilte
sie im Hause des Generals von Prittwitz am Ringe. Als sie nach
viertelstündigem Aufenthalt, vom Landrat von Seidlitz und von
Frau von Prittwitz geleitet, den Wagen bestieg, nahm sie von
einigen weißgekleideten Mädchen ein paar Kirschen entgegen.
Dann reiste sie nach Polkwitz weiter, wo Nachtquartier genommen
wurde. Am folgenden Tage kam der König in Begleitung des
Obersten von Köckritz. Der Landrat und die Mitglieder des
Magistrats waren zum Empfange erschienen. Der wortkarte Fürst
war - wie zumeist - recht schweigsam, machte nur eine kurze
Bemerkung über das kühle Wetter, erkundigte sich nach dem Be-
sitzer des Württembergischen Schlosses, nahm eine Tasse Schokolade
mit Gebäck, die ihm präsentiert wurde, entgegen, dann gab er
den Befehl zur Abfahrt: "Kutscher fahre! Leben Sie wohl!" -
Die Postillione, welche dem königlichen Wagen voraufgeritten
waren, meldeten bei ihrer Rückkehr, der König habe in der Nähe
der Stadtförsterei auf einem Rasenplatze zwei Mäntel ausbreiten
lassen und, auf ihnen gelagert, das Frühstück eingenommen; die
Dienerschaft habe er ebenfalls speisen lassen.
Nur flüchtig hatten die Lübener Bürger diesmal die Königin
sehen dürfen. Im Jahre 1804 bot sich der Stadt reichere Gelegen-
heit, der hohen Frau Liebe und Anhänglichkeit zu bezeugen. Am

627 Das Folgende im wesentlichen übereinstimmend mit meinem
Aufsatze "Königin Luise in Lüben" (Lübener Stadtblatt Nr. 156 vom
7.7.1919). Zu Grunde liegen die Berichte des Bürgermeisters bezw.
des Steuerrats; Staatsarchiv Rep. 199 M. R. Nr. 24 a Vol. 2.
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21. August sollte sie, entsprechend dem Reiseprogramm, in Lüben
eintreffen und dort Nachtquartier nehmen. Die Vorbereitungen
für den Empfang und den Aufenthalt der Königin lagen in den
Händen des Steuerrats Bovet. Mancherlei war zu bedenken.
General von Prittwitz, dessen Haus zum Quartier der Fürstin in
Aussicht genommen war, erklärte, die Treppe in seinem Hause
wäre so schlecht, daß man Ihrer Majestät nicht zumuten dürfte,
dieselbe zu benützen. Da Frau von Bomsdorff, der das ehemalige
Württembergische Palais gehörte, dieses zur Verfügung stellte,
erledigte sich die Wohnungsfrage rasch und zur Zufriedenheit.
Für die Königin ward der große Speisesaal und rechts an den-
selben anstoßend zwei Zimmer reserviert, neben dem Schlafgemach
ein Raum für die Kammerfrauen und ein Zimmer für die
Kammerjungfer, daneben des wachthabenden Lakais. Links
vom Speisesaal lag der Salon für die Hofdame, zwei Zimmer für
die Gräfin Voß, daneben ein Gemach für die Kammerjungfer der
Oberhofmeisterin, dahinter die Stube für den Lakai. Im Neben-
gebäude befanden sich die Räumlichkeiten für den Kammerherrn
und einen weiteren Lakai. - Für die königliche Tafel war Fleisch,
Fisch, Wildbret u. dergl. zu beschaffen; die Häuser sollten illumi-
niert werden, nicht bloß um die Stadt festlicher erscheinen zu
lassen, sondern mehr noch, um den Mangel an Straßenbeleuchtung
zu ersetzen. Vorkehrungen gegen Feuersgefahr waren mit Rück-
sicht auf die leichte Bauart der Häuser zu treffen. Da die Garnison,
die Leibschwadron der 2. Dragoner, zum Manöver ausgerückt
war, wurde Bürgerwehr und Schützengilde zur Übernahme des
Sicherheitsdienstes befohlen, aber alles - wie der Kabinettsbefehl
vorschrieb - "mit Anstand, still und ohne unnötiges Geräusch.
Die tobenden Freudenäußerungen der gemeiniglich anwesenden
Volksmenge müssen auf gute Art gehindert, und überhaupt nichts
außer Augen gelassen werden, was gute Polizey-Anstalten nur
irgend leisten können". Die Stadtväter bedachten, daß der Schein
des Vollmonds die Illumination unnötig machte, und beschlossen,
lediglich den Platz vor dem Bomsdorffschen Hause und den
dahinter gelegenen Garten zu erleuchten. An 2500 Lampen wur-
den dazu verwandt. Die Bürgerschaft erhielt die Erlaubnis zur
Spalierbildung; rauschende Musik, Hundegebell, schreiende Kinder
und alles, was sonst die Feierlichkeit stören konnte, ward durch
gemessene Befehle des Magistrats inhibiert; die Wege wurden auf
ihre Beschaffenheit untersucht, kurz es wurde alles getan, um den
großen Tag so festlich wie möglich zu gestalten.
So nahte die festliche Stunde. Abends um 1/2 9 Uhr langte
die Königin an, leider von Zahnschmerzen geplagt, die auch ge-
krönte Häupter nicht verschonen. Der Platz vor dem Bomsdorff-
schen Hause prangte im hellen Lichterglanz. Der Kameralassessor
Bode hatte, wie der städtische Chronist hervorhebt, "eine geschmack-
volle und in die Augen fallende Erleuchtung angebracht, welche