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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 242/243
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vorgestellt. Weiter sind 3 Preise bestimmt für die sämtlichen
Tambours und Hornisten der Division, welche auf eine kleine
Distance in Säcken laufen; wer zuerst das Ziel erreicht, erhält
jedesmal 6 fr. Sechs andere Preise zu 3 fr, woran ein jeder
Soldat der Division teilnehmen kann, sind bestimmt für die-
jenigen, die aus der Schüssel Mehl mit dem Munde einen
kleinen Thaler herausnehmen.
Den Beschluß machen 2 Preise, jeder zu 10 fr., der eine für
die gesamte Musik, der andere für alle Sappeurs der Division.
Einmal formiert die Musik und einmal die Zimmerleute einen
Kreis; abwechselnd erhält ein Mann um den andern ein Bouquet
in die Hand, es wird um eine Stange herumgegangen, worauf ein
Licht befestigt und der Preis jedesmal angebunden ist. Wenn der
Faden abbrennt und der Preis auf die Erde fällt, so gehört solcher
demjenigen, der gerade das Bouquet in der Hand hält.
    5. Um 5 Uhr versammeln sich sämtliche Herren Offizere zu
einem Banquet in der Mitte der Divisionsintervalle. Die Herren
Offiziere rangieren sich bei der Tafel an diejenigen Plätze, wo sie
ihre Namen aufgezeichnet finden, und welche ihnen die zu dieser
Feierlichkeit aus der Division gewählten Herrn Offiziers
anweisen werden. Die Gesundheit Sr. Majestät wird allda aus-
gebracht und bei dieser Gelegenheit eine Salve von 21 Kanonen-
schüssen gegeben werden.
    6. Die Artillerie der Division marschiert derartig in ihren
Kantonnements ab, daß solche um 4 Uhr auf 400 Schritte vor der
Front des Lagers vor der Divisionsintervalle (hinter den dort
für die Springer bezeichneten Büschen) dergestalt aufgefahren
steht, daß 4 Piècen Front nach Lüben, 4 Piècen Front nach
Mallmitz und 4 Piècen die entgegengesetzte Front von Lüben
nehmen.
    7. Um 6 Uhr fangen die Spiele und Wettlaufen nach den
Preisen an. Der Chef des Generalstabs Oberst Richard, die
Capitains von Blittersdorf und Lyncker sind zu Richtern der Ver-
teilung der Preise bestimmt. Den Anfang machen die 1. Klasse
der Wettläufer, welche sich nach dem Los an die für sie ausgesteck-
ten Büsche postieren und auf die an dem entgegengesetzten Ziel
ausgesteckten Pfählchen auf das gegebene Zeichen (ein Schlag auf
die große Trommel) zueilen. Wer zuerst ankommt und die Fahne
in der Höhe hat, erhält den Preis von 10 fr. Dann folgt die
zweite, wo der erste den Preis von 5 fr, dann die dritte Klasse,
die den Preis von 3 fr erhält. Die nämlichen Preise werden
hierauf für die 3 besten Springer in der Breite erteilt. Dann
folgt das Sacklaufen und die übrigen Spiele um die schon oben
bestimmten Preise. Den Beschluß macht um 10 Uhr ein Feuer-
werk; um 11 Uhr wird Retraite geschlagen, worauf sich jedermann
ruhig zu verhalten und in seine Baracke zu begeben hat.
Ich versehe mich, daß dieser Tag so munter als festlich wie
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möglich unter Beobachtung des besten Anstandes, Ordnung und
Verträglichkeit unter einander zugebracht werde. Die Herren
Regiments-, Bataillons- und Kompagnie-Kommandeurs werden
dazu die geeigneten Befehle und Anweisungen geben. Der Stabs-
offizier des Tages wird durch die Polizeiwache und nach Belieben
durch Mannschaft des Piquets fleißig patroullieren lassen und
jeden Ruhestörer sogleich arretieren und den andern Morgen an
das Brigade-Kommando zur exemplarischen Bestrafung melden.
Es muß auch alle Vorsicht angewendet werden, damit durch
kein Licht oder sonstige Unvorsichtigkeit Feuer im Lager entstehen
kann. Bürger der Stadt können vor der Front des Lagers
herumgehen, in das Lager selbst wird außer Militärs niemand
gelassen. Frhr. von Stockhorn, Generalmajor."
Auch die Soldaten taten das Ihre. "Am Vorabende wurde
in dem Divisionsintervalle eine hohe, militärisch geschmückte
Pyramide zu Ehren des Kaisers errichtet, und eine Tafel für das
Offizierskorps so arrangiert, daß ein Orangenhain mit mehr-
fachen Alleen und Sträuchern, welche Musikchöre und verschiedene
Büffets einschlossen, dieselbe umgaben. Ebenso waren in der
Frontlinie vor jeder Brigade schlanke Stämme mit schönen
Kronen gepflanzt, die durch Blumenguirlanden verbunden waren,
auch Tafeln errichtet, an denen die badischen und hessichen Krieger
sich gegenseitig bewirteten". Rasensitze, Laubhütten, kleine Bos-
ketts wurden errichtet und das Lager noch einmal in einen Lust-
garten verwandelt.
Ein schöner, sonniger Morgen brach an; 101 Kanonenschüsse
verkündigten um 6 Uhr den festlichen Tag; in der Ferne hörte
man den Kanonendonner anderer Lager. Das vorgesehene Pro-
gramm wickelte sich ohne Hindernisse ab. Zur festgesetzten Stunde
bildete sich das große Viereck um den aus frischem Rasen errichte-
ten Altar, der von Blumen und militärischen Emblemen umgeben
war; eine dreimalige Salve beschloß den Gottesdienst, daran
schloß sich die Parade. In den Pausen des Nachmittags fanden
sich einzelne Gruppen zusammen, "hier unter dem Gekreisch einer
heiseren Violine wild durch einander kreisend, dort das beliebte
Soldatenlied von Schiller oder "Hans Michel" und vom "schwarz-
braunen Mägdelein" mit allerlei Abänderungen singend".
Gegen 5 Uhr versammelten sich Offiziere und Mannschaften
vor ihren Tafeln656). Um 5 Uhr erhob sich Graf Marchand, um
den Toast auf den Kaiser auszubringen. Als der erste der 21
Kanonenschüsse ertönte, hallte das Lager wider von den betäuben-
den Vivatrufen der Truppen. Aus den benachbarten Orten, ja

656 Die Zeichnung der Offizierstafel befindet sich in den Beiträgen
zur Geschichte des 1. Inf.-Rgts.; es nahmen 178 Offiziere daran teil.
An der äußeren Seite der Mitteltafel (Hufeisen) saß Graf Marchand
zwischen Prinz Emil und Freiherrn von Stockhorn.