- 312 -
aufbaute, und die Einrichtung von drei Seelsorgebezirken, eines
südwestlichen für den ersten, eines nördlichen für den zweiten
eines östlichen für den dritten Geistlichen. Einem Antrage des
Gemeindekirchenrats entsprechend kamen die alten Amtsbezeich-
nungen: Pastor primarius, Archidiakonus, Diakonus 1914 in
Wegfall.
Das Jahr 1914 bescherte der Kirchengemeinde eine General-
Kirchen-Visitation unter Leitung des Generalsuperintendenten
D. Haupt; die vorangehende im Jahre 1873 unter D. Erdmann
hatte im Gemeindeleben keinerlei Spuren zurückgelassen. Im
Jahre 1898 bereitete die Kirchengemeinde dem schlesischen Gustav-
Adolf-Verein bei seiner Generalversammlung einen festlichen
Empfang.
Zum Schluß sei noch ein Überblick über die Gestaltung der
kirchlichen Außendinge im letzten Jahrhundert beigefügt.
Die K i r c h e wurde, wie Burkmann in seinen "Geschicht-
lichen Nachrichten zur 150jährigen Jubelfeier" bemerkt, 1819
"höchst geschmacklos neu staffiert". Leider machte er es bei der
Renovation zum Jubelfeste nicht besser. Die Regierung ließ 1856
das Dach umdecken und den Fußboden neu pflastern, während
die Brüstungen und Chöre, welche früher "zum Teil mit schlechten
Bildern bemalt, zum Teil ganz roh waren", "der Gleichförmigkeit
wegen weiß gemalt, lakiert und mit Goldleisten versehen wurden".
Das alte Offizier- und Gerichtschor, welches neben dem jetzigen
Offizierchor weit in die Kirche vorsprang, wurde entfernt, und den
Offizieren und Richtern das Domänenamtschor zugewiesen.
Kanzel, Altar und Taufstein wurden ebenfalls renoviert. Die
Kosten ließen sich durch freiwillige Beiträge aus der Gemeinde
(338 rtl.), durch Verwendung von Legatüberschüssen (400 rtl.)
und Zuschüssen der Kirchkasse decken. Die Frauen der Gemeinde
stifteten eine blausammetne Altar- und Kanzelkleidung. Die
schon damals notwendige Erneuerung des Gestühls im Mittel-
schiff erfolgte erst 1877 in wenig zweckmäßiger Weise. Die vom
Fiskus getragenen Kosten beliefen sich auf ca. 3800 Mark. Die
Seitenschiffe erhielten am Ausgange des Jahrhunderts neues
Gestühl. Die beiden Altäre wurden in der Zeit von Anfang Juli
1899 bis Ende Februar 1902 auf Veranlassung des Provinzial-
konservators durchgreifend erneuert; zu den Kosten trug der
Fiskus 3000 Mark, die Gemeinde 500 Mark bei. Die Orgel erfuhr
1829, 1855/56, 1890 große Reparaturen; im Jahre 1905 wurden
die alten Bälge durch neue ersetzt und die Bälgekammer erneuert.
Auch das Äußere der Kirche erlebte im Laufe der Jahre manche,
wenn auch unbedeutende Umgestaltung. Im Jahre 1877 wurde
die kleine Halle umgebaut, die alte Treppe zum Offizierchor abge-
brochen und der neue Aufgang in der früheren Baukammer der
großen Halle geschaffen. In den folgenden Jahren (1878/79)
wurden die Fenster erneuert, 1880 die Nordfront in Rohputz her- |
- 313 -
gestellt, 1886 die neue Treppe neben der Sakristei und der Aus-
gang durch die Nonnenkirche geschaffen, 1894 das Kirchdach unter
gleichzeitiger Erneuerung des Gebälks und Sparrenwerks umge-
deckt. Der Turm erhielt 1878 neue Glocken im Gesamtgewicht
von 3200 Kilogramm; sie kosteten 8000 Mark, doch wurden die
alten Glocken im Wert von 5760 Mark in Zahlung genommen.
Die Stadt Lüben schenkte 1500 Mark. Am 17. Februar 1878 er-
klangen die Glocken zum ersten Male. Im Jahre 1882 erfuhr der
Turm eine gründliche Reparatur; eine neue Turmuhr ward an-
geschafft und am 1. Oktober 1882 in Gang gesetzt. Sie wurde
aus Legatüberschüssen bezahlt. Der Kirchplatz erhielt 1888 neues
Pflaster. Die Neuvermessung der Stadt 1910 machte eine Grenz-
regulierung zwischen Stadt und Kirchgemeinde notwendig.
Zwei Wünsche tauchten in neuerer Zeit auf und gewannen
bald festere Gestalt; der einer Kirchenbeleuchtung und der einer
Kirchenheizung. Sie wurden im Mai 1901 im Schoße der kirch-
lichen Körperschaften erwogen. Am 20. Dezember 1903 beschlossen
die Gemeindeorgane die Einrichtung einer Gasbeleuchtungs-
Anlage, und an der Christnachtfeier 1906 ward sie in Gebrauch
genommen. Wieder konnten die Kosten (1968 Mark) aus Legat-
überschüssen gedeckt werden. Die Hoffnung, daß nun die Nach-
mittagsgottesdienste in den Wintermonaten durch Abendgottes-
dienste ersetzt werden könnten, scheiterte. Die Gemeinde hielt an
ihrer gewohnten Zeit fest. - Lange wurde um die Kirchenheizung
gekämpft. Das Projekt einer Gasheizung lehnte der Minister
ab, das einer Dampf-Niederdruckheizung der Provinzialkonser-
vator, bis schließlich das Wellensche System bei allen Instanzen
Gnade fand. Daneben stritt man sich um die Deckungsfrage. Die
Patronatsbehörde ließ sich nicht dazu bewegen, einen Beitrag in
Aussicht zu stellen. Da beschlossen die kirchlichen Körperschaften
am 21. Januar 1912, die Heizungsanlage unter allen Umständen
herzustellen, und am 10. August 1913 bewilligten sie die Kosten in
Höhe von 10 000 Mark. Nun konnte nach Eingang der mini-
steriellen Genehmigung am 15. Februar 1914 der erste Spaten-
stich geschehen. Im Winter 1914/15 freute sich die Gemeinde der
durchwärmten Kirche. Die Freude an dem Werk wurde freilich
dadurch getrübt, daß der gegen den Fiskus angestrengte Prozeß
1917 zu ungunsten der Gemeinde entschieden wurde.
Noch andere Wünsche harren - wenn auch in weiterer Ferne
- der Erledigung. Das in bescheidenen Grenzen 1907 gefeierte
Jubliäum der Rückgabe der Kirche lenkte den Blick auf das stark
verunstaltete Kircheninnere. Für künstlerisch auszuführende Kir-
chenfenster im Chorraum wurden ca. 4000 Mark gesammelt. Der
Altarraum bedarf der Umgestaltung, das ganze Innere gründ-
licher Säuberung und Erneuerung. Das alles verheißt neuen
Kampf, hoffentlich auch Sieg.
Die Pfarrhäuser bereiteten den Bewohnern zu keiner Zeit |