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Leider fehlen über den Dienst in der Garnison und das
Zusammenleben mit der Bürgerschaft so gut wie alle Nachrichten.
Daß es an gelegentlichen Reibungen nicht fehlte, verrät eine
Notiz des Garnisonpredigers Joh. Timoth. Hermes771) im Mili-
tärkirchen-Register von 1766: "Ich habe sowie meine Vorgänger
in hiesiger Stadtkirche nach geendigter Predigt des Herrn
Senioris meinen Gottesdienst halten wollen, aber bei geäußerten
Schwierigkeiten, um niemand zu beleidigen, in der Begräbnis-
kirche gepredigt; - auch dieses habe ich hernach unterlassen
müssen". Aus seinen seelsorgerischen Erfahrungen in Lüben be-
richtet Hermes später, er habe in der Armee über Erwarten viel
rechtschaffene Männer gefunden, die sich christlich zum Heldentode
bereithalten. Aber wunderbarerweise gestanden ihm 6 Offiziere,
daß sie dem Abendmahlgenusse entsagt hätten, weil das Bewußt-
sein eigener Unwürdigkeit, verbunden mit einer Vorstellung von
dem heiligen Mahle als einem mysterium tremendum (schreck-
haften Geheimnis) sie fernhielt. Sie fanden sich jedoch wieder
am Altare ein, nachdem Hermes ihnen in freundschaftlicher Weise
zurechtgeholfen hatte772).
Die Höhepunkte im Geleise des Garnisondienstes bildeten die
jährlichen Revuen unter den Augen des obersten Kriegsherrn.
Mitte August sammelten sich die Kavallerie-Regimenter der
niederschlesischen Inspektion in der Umgegend von Lüben, um
von dem Könige besichtigt zu werden. Das Königsmanöver fand
in der Regel in der frühen Morgenstunde bei Brauchitschdorf statt.
Meist fuhr Friedrich der Große von da sofort nach Liegnitz, um
das dortige Infanterie-Bataillon zu besichtigen773).
Eine große Volksmenge pflegte der Lübener Revue beizu-
wohnen; in lautloser Stille empfing sie den großen König.
Freundlich grüßend ritt er durch die geöffneten Reihen und rief
wohl, den Hut lüftend, gelegentlich den Leuten zu: "Guten Mor-
gen, Kinder, guten Morgen! Sehet Euch vor, daß ihr nicht
Schaden nehmt!" Über den Verlauf der Revue berichtet uns ein
Teilnehmer in fesselnder Weise. Den festen Kern der Aufstellung
bildeten die abgesessenen Mannschaften; im ersten Gliede die
Dragoner mit geschultertem Bajonett, im zweiten die Husaren,
den Säbel an der Schulter. Hinter ihnen standen die reihen-
771 An Feldpredigern bezw. Garnisongeistlichen sind bekannt: 1745
bis 1756 Michael Ernst Schoenau, berufen nach Jerichow; nach langer
Vakanz wurde am 15.3.1766 Hermes als Feldprediger ordiniert; er ging
am 23.9.1769 als Pastor prim. nach Pleß; am 6.2.1770 tritt Joh.
Christoph Starke an, am 1.8.1775 Christian Friedrich Schröder, am
17.10.1782 Gottlob Hoffmann, der 1806 Pastor prim. in Lüben wurde.
772 Joh. Timoth. Hermes 1738-1821, ein Lebens-, Zeit- und Kultur-
bild von D. Georg Hoffmann 1911, Seite 21.
773 Zum Folgenden vergl. "Beiträge zur Geschichte der Stadt Lüben
unter der Regierung Friedrichs des Großen" in den Mitteilungen des
Liegnitzer Geschichtsvereins, Heft III S. 185 ff. |
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weise aneinandergekoppelten Pferde, die von Landleuten aus den
Kantonnierungen der Schwadronen gehalten wurden. Auf dem
linken Flügel der beiden Glieder standen die 12 Überkompletten,
die jedes Regiment zählte, und im letzten Jahre invalide gewor-
denen Soldaten; auf dem rechten Flügel der Rekruten und die
Fahnenjunker, welche dem Könige noch nicht vorgestellt waren.
Zehn Schritt vor dem rechten Flügel jeder Schwadron waren die
Unteroffiziere und Subalternoffiziere aufgestellt, vor diesen standen
die Schwadronschefs. Der Kommandeur empfing den König am
rechten Flügel, überreichte den schriftlichen Rapport und begleitete
zu Fuß den Landesherrn, während dieser die Fronten abritt.
Waren Fahnenjunker, Rekruten, Unteroffiziere und Offiziere be-
sichtigt, ritt der König langsam an den Schwadronen entlang,
wobei er die geringsten Kleinigkeiten bemerkte. Dann komman-
dierte er: "Aufsitzen!" Die Soldaten mußten nun so schnell als
möglich die hinter ihnen haltenden Pferde besteigen und die
Linie richten. Nun begann das Manöver. Jedes Regiment hatte
einzeln eine Attacke zu reiten; dann folgten gemeinsame Angriffe
der Regimenter gegen einen markierten Feind. Verwegenes
Reiten und schnelles Sammeln beim Appellsignal war dem König
die Hauptsache. Am Wagen hielt der König Kritik, bei der
niemand geschont wurde. Selbst Krockow, der sehr hoch in der
Gunst Friedrichs stand, wurde bei einer Generalrevue hart ge-
tadelt774). Kein Wunder, daß die Tage der Königsmanöver ge-
fürchtet waren. Die Offiziere gingen mit leichterem Herzen zur
Schlacht als zur Revue unter den Augen des großen Königs.
Schon seinen durchbohrenden Blick vermochten manche nicht zu
ertragen. Um so höher schlugen die Herzen, wenn man Lob aus
seinem Munde geerntet hatte.
"Es war bei Brauchitschdorf", so erzählte ein alter Dragoner-
Offizier aus der friderizianischen Epoche775), "unser Regiment
war mit dem Rücken gegen das Dorf aufgestellt; vor sich hatte es
in einiger Entfernung den Wald. Das Terrain in dieser Gegend
ist so eben wie die Tischplatte und hebt sich nur gegen den Wald
ein wenig bis zu einer niedrigen Anhöhe auf der linken Seite des
Feldes, und fällt dann jäh gegen den Wald hin ab. Die Attacke
hatte begonnen; ich ritt als jüngster Offizier bei der Eskadron
vor dem Fahnenzuge, neben mir der Kapitän, welcher den dritten
Zug kommandierte, vor mir der Eskadronchef Oberst v. Francken-
berg. Die Attacke ging vortrefflich; Richtung, Geschlossensein ohne
Tadel; wir konnten vom linken Flügel die ganze Linie des
Regiments übersehen. Der dritte und vierte Zug unserer Eska-
dron traf auf jene Anhöhe. Als wir auf derselben ankamen,
wurde "Marsch, Marsch!" kommandiert, welches in der vehemente-
sten Karriere geritten wurde. Eben wollten wir uns von der
774 1765 Generalrevue bei Lissa.
775 Schlesische Provinzialblätter 1833. |