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der Adjutant von Stüdnitz zur Übernahme des Toastes, aber erst
nachdem der Kämmerer Gringmuth sich bereit erklärt hatte, den
selben auszuarbeiten. Der Donner der vor dem Garten aufge-
pflanzten Kanonen begleitete das ausgebrachte Hoch."
Auf den Geist, der das Offizierskorps des Regiments beseelte,
lassen folgende Bemerkungen Gringmuths Streiflichter fallen:
"Der Leutnant von Stößel stand einst mit dem Kämmerer auf
dem Markte, als ein Bauernfuhrwerk den Hund Gringmuths
überfuhr. Stößel sprang sofort an den Wagen, riß den Kutscher
herunter und fuchtelte ihn mit der flachen Klinge auf dem Markte
fürchterlich durch. - Die Offiziere der Prittwitzdragoner galten
als Haupthändelmacher; sie ritten häufig nach Glogau und be-
suchten den dortigen Ratskeller und die Weinstuben, nur um
Streit mit den Offizieren der Garnisoninfanterie oder der Voß-
Dragoner, die von Sprottau herüberkamen, anzufangen, und
dann die Duelle mit dem Pallasch auszufechten. Einer der Haupt-
kampfhähne war Stößel; er beteiligte sich später am Schillschen
Unternehmen und fiel bei dem Versuch der Überrumpelung Mag-
deburgs im Gefechte von Totenbusch."
Das Jahr 1806 kam mit seinen furchtbaren Schlägen778). Die
Lübener Dragoner gehörten zur Armee des Fürsten Hohenlohe.
Am 9. August 1806 erging der Befehl zur Mobilmachung. Die
schlesischen und südpreußischen Truppen konzentrierten sich bei
Bunzlau - Goldberg - Haynau, überschritten Mitte September die
Elbe und vereinigten sich mit den sächsischen Truppen. Am
10. Oktober stand Hohenlohe bei Orlamünde-Pöllnitz. General-
leutnant von Prittwitz, damals bereits 75 Jahre alt, erkrankte an
schwerer Halsentzündung und gab den Befehl an Generalleutnant
von Holtzendorf ab. In der Morgenfrühe des 14. Oktobers
begann die Schlacht bei Jena. Die Prittwitz-Dragoner wahrten
ihren alten Ruf, sie deckten mit den Gettkandt-Husaren den Rück-
zug des Grafen Tauentzien auf Krippendorf-Vierzehnheiligen,
warfen das 10. Chasseur-Regiment zurück und machten 73 Ge-
fangene, sie blieben mit andern Kavallerie-Regimentern von der
allgemeinen Auflösung unberührt und bildeten mit diesen die
Arrière-Garde der geschlagenen Truppen. Bald nahte dem Hohen-
loheschen Korps, das durch die unaufhörlichen Märsche erschöpft
war, die Katastrophe. Bei Prenzlau traf man wieder auf den
Feind. Die Dragoner erlitten durch Artilleriefeuer starke Verluste;
dem Leutnant von Rothkirch wurden beide Beine zerschmettert,
Hohenlohe hielt im dichtesten Kugelregen bei dem Regiment aus.
Als die französische Dragoner-Brigade Houssard die Ucker über-
schritt, attackierten die Prittwitz-Dragoner und brachten die feind-
liche Kavallerie ins Wanken; zwei andre französische Regimenter
778 Das Folgende nach E. v. Höpfner "Der Krieg von 1806/07",
Berlin 1855. |
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umzingelten indes die schwache Nachhut. Die Dragoner schlugen
sich durch, wurden auf der Straße nach Prenzlau erneut von
feindlichen Schwadronen aufgehalten und mußten sich abermals
durchschlagen. In den Straßen der Stadt kam es wieder zum
Gefechte, dabei wurde das gerade durchmarschierende Infanterie-
Regiment "König" überritten und von den nachdrängenden Fran-
zosen teils niedergehauen, teils gefangen genommen. Hinter der
Stadt sammelte sich das Regiment und einige detachierte Teile
schlossen sich an. Das Gefecht kostete ihm an Toten 2 Offiziere
und 20 Mann, an Verwundeten und Gefangenen 5 Offiziere und
97 Mann. Es war seine letzte Waffentat. Hohenlohe streckte am
28. Oktober die Waffen; das Dragoner-Regiment zählte bei der
Kapitulation 19 Offiziere, 258 Mann, 255 Pferde. Die Offiziere
behielten Degen, Pferd und Ausrüstung und wurden auf Ehren-
wort entlassen. Die Gefreiten, Korporale, Wachtmeister usw.
durften sich ihren Aufenthaltsort wählen, Unteroffiziere und
Mannschaften wurden kriegsgefangen. Noch in demselben Jahre
wurde das Regiment mit vielen andern als aufgelöst erklärt.
So war die stolze Truppe, die 117 Jahre mit Ehren bestanden
hatte, dahin.
Generalleutnant von Prittwitz starb am 27. Juli 1812 in
Lüben, Major von Müllenheim wurde 1814 verabschiedet, Major
von Kölichen zog sich nach Kittlitztreben zurück; Leutnant von
Stößel trat 1809 in das 2. brandenburgische Husaren-Regiment
und fiel, wie bereits erwähnt, bei dem Unternehmen Schills. Das
Depot des Regiments wurde zur schlesischen Armee gezogen, die
Graf Götzen im Winter 1806/07 zu organisieren begann. Ein
kleines Detachement war nach Preußen entkommen und wurde in
das Leibkürassier-Regiment eingestellt.
Mancherlei Mühe verursachten der Stadt die zurückgebliebe-
nen Soldatenkinder779), etwa 40 an der Zahl. Früher hatte das
Regiment jährlich für die Kinder an den fünf Garnisonorten an
100 rtl. Schulgeld gezahlt und aus Kapitulatengeldern und
anderen Einkünften einen Fonds von 1650 rtl. gesammelt, dessen
Zinsen für die Ausbildung der Soldatenkinder verwandt wurden.
Nach der Auflösung des Regiments wurde der Fonds eingezogen
und kein Schulgeld mehr gezahlt. Die Kinder litten auch sonst
Not und liefen zum Teil bettelnd umher, bis sich ein ehemaliger
Feldprediger Pfitzner ihrer annahm.
Während der Kriegsjahre blieb Lüben ohne Garnison. Erst
im Jahre 1810 wurde es wieder mit Truppen belegt. Es erhielt
den Stab und die dritte Schwadron des im Jahre 1808 begründe-
ten 2. Schles. Husaren-Regiments780), das bisher in Frankenstein,
779 Stadtarchiv, Akta betr. Geistliche, Kirchen- u. Schulsachen, Vol. III.
780 Geschichte des Kgl. Preuß. 6. Husaren-Regiments von Ernst Graf
zur Lippe-Weißenfels. Zu Hellwig vergl. Hans Nebe "Friedrich von |