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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 394/395
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mäßige Farbengebung und die rechte Farbenmischung zu achten;
sie wechseln alle vier Wochen ab. Die Rahmschauer, je 2
für die 6 verschiedenen Rahmstände, haben die Dicke, Breite und
Länger der Tücher zu begutachten. Die Rahmstände befanden sich:
1. hinter der Schule, 2. vor dem Glogauer Tor, 3. hinter der
Badestube, 4. hinter dem Teiche, 5. vor dem Steinauer Tor,
6. vor dem Liegnitzer Tor.
Um einen Ausgleich zwischen den ärmeren und den wohl-
habenden Meistern zu schaffen, wird festgesetzt, daß ein Meister,
der breite Tuche arbeitet, nicht mehr als 3 Tuche in 14 Tagen,
der Karasey oder geringe Tuche arbeitet, wöchentlich 2 Tuche
machen darf. Es steht jedem Meister, der seine Zahl nicht ein-
halten kann, frei, sich mit einem ärmeren Meister zusammenzu-
tun. Laut fürstlicher Verordnung vom 28. Februar 1612 war
armen Meistern, die ihr Tuch nicht färben lassen konnten, gestattet,
ungefärbte Tücher an zechverwandte Meister zu verkaufen. Streng
verboten war jedoch, fremde Tücher unter eigenem Namen färben
zu lassen. Zum Schluß folgten Bestimmungen über die Wander-
schaft der Gesellen und Strafbestimmungen über das unbotmäßige
Verhalten gegenüber den Zechbeamten.
Der Friedensschluß von 1615 war nicht von langer Dauer.
Bereits am 24. Februar 1618 lief eine Beschwerde bei der fürst-
lichen Regierung ein815): Die Wahlen würden nicht entsprechend
der landesherrlichen Konfirmation vorgenommen, nämlich nicht
von der ganzen Zeche. Diese Bestimmung wurde dahin abge-
ändert, daß die Wahl durch Bevollmächtigte vollzogen werden
sollte. Im folgenden Jahre erfolgte eine neue, schwerere Krisis,
über die Bürgermeister und Rat am 14. März 1619 berichte-
ten816). Sie beklagen, daß die Entscheidung von 1615 keine nach-
haltige Beruhigung geschaffen habe; eine Streitigkeit nach der
andern sei entstanden. Es bestehe in der Zunft "eine democratia
da Herr omnes das Regiment hat oder zu haben allzeit sich be-
mühet". Es handelte sich um folgenden Tatbestand: Den 4 Ältesten
war von alters her ein Ausschuß von 20 Meistern beigeordnet,
die das Handwerk repräsentierten, aber den Ältesten Ehre und
Gehorsam zu leisten hatten. Da das ganze Mittel ohne das Ge-
sinde 400 Personen umfaßte, waren 4 Abteilungen gebildet, von
denen jede 5 Meister in den Zwanzigerausschuß wählte. Die Wahl
geschah auf dem Rathause; dort wurden die Wähler ermahnt,
tüchtige Männer zu wählen und Eintracht zu pflegen. Am 2. Ja-
nuar fand die Neuwahl statt, die abtretenden Ältesten wurden
von den Zwanzigern, nachdem sie die Rechnung gelegt hatten,
vom Ältestentische verwiesen und andere an ihre Stelle gesetzt,

815 Staatsarchiv Rep. 28 III 19 c 81.
816 Rep. 28 O. A Lüben XIV; eodem ein Bericht der Ältesten vom
2.1.1619 in der gleichen Angelegenheit.
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obwohl es gerade im Interesse des Handwerks lag, daß Männer
an der Spitze standen, welche mit dem Einkauf von Waid817),
Indigo, Scharte, Weißstein, Alaun usw. und mit dem Verkauf der
Tücher vertraut waren. Der Rat verhandelte vergeblich mit den
Zwanzigern; "sie sind wie allezeit auf ihrer gefaßten Einbildung
verblieben und haben es dahin gebracht, daß die Besetzung der
Ämter im Mittel, für die an 40 Personen erforderlich sind, unter-
blieben ist". Die bisherigen Beamten führten zwar die Ämter
weiter, aber die Regierung möge jedenfalls dafür sorgen, "daß
der Brunnquell aller dissensionum vnd vneinigkeit möchte ver-
stopfet vnd ganz ausgetrocknet werden". Der Rat traf wohl den
Nagel auf den Kopf, wenn er bemerkte: "So ist es doch wie alle-
zeit mit dem lieben Pöbel also bewendet, daß vnordentliche Köpfe,
welche gemeiniglich etwas mundwerk haben, bei etlichen aber
sonst nicht viel dahinter, vnd unter den gemeinen leuthen ihnen
gunst machen, darunter befunden werden, durch deren Verleitung
dieselbsten mit in die Kiesung kommen oder andere, so dahin
gezogen werden, auf allerhand dissensiones vielleicht auch auf -
wiewohl ohne Ursach - wider die Eltesten geschöpften Argwon
sich anführen lassen". -
Wiederum erschienen landesherrliche Kommissare, um den
Streit zu schlichten. Auf Grund der Verhandlungen erließ der
Rat eine Deklaration vom 24./25. Mai 1619: Die Kiesung des
Zwanzigerausschusses erfolgt durch die Quartiere; der Rat be-
stätigt die Wahl, kann sie aber auch kassieren oder abändern. Die
Ältesten und die Zwanziger wählen die übrigen Zechbeamten. Die
Ältesten und der Zwanzigerausschuß sollen einträchtig miteinander
arbeiten; die eigentliche Leitung liegt jedoch in den Händen der
Ältesten. Damit war der Sturm aufs neue beschworen.
Parallel mit den großen Kämpfen innerhalb des Mittels
liefen kleinere Konflikte mit andern Zünften. Bei dem Drei-
dinge 1614 führten die Tuchmacher Klage über die Gerber, die
durch Einweichen und Waschen der Felle das Wasser bei der
Färberei verunreinigten. Hierüber erging ein fürstliches Reskript
betr. Kalkschar und Haarwaschen vom 27. Juni 1620, dessen Inhalt
nicht näher bekannt ist. Auch über die Begleichung der Differen-
zen mit den Tuchbereitern, die eine eigene Organisation hatten,
fehlt genauere Kunde818). Georg Rudolph hatte am 26. Oktober
1615 den Tuchbereitern ein besonderes Privileg verliehen819). Im
allgemeinen sollten nicht mehr als 10 Meister zugelassen werden.
Ihnen wurde das Recht zugestanden, breite und schmale ein-
heimische und fremde Tuche zu bereiten, rauhen, scheren, an-

817 Eine Farbpflanze.
818 Ratsbescheid vom 21.10. und 21.11.1623 und fürstl. Deklaration
vom 19.2.1624 ohne Inhaltsangabe.
819 Staatsarchiv Rep. 28. O. A. Lüben III.