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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 470/471
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verpflichtet, 5 Jahre in Leipzig bis zum Magisterium zu studieren;
jeder erhielt 20 fl. des 80 fl. betragenden Zinsertrages. Der
Lübener Anteil wurde später durch Caspar Deichsel auf 30 fl.
erhöht. Auch das Geschenk eines Weinbergs unter der Meißener
Burg, "Die Drussel" genannt, welches Sculteti der Vikarie St.
Hedwigis am 2. Juli 1495 machte, läßt seine Vorliebe für Schlesien
erkennen, denn mit dem Geschenk verband er die Fundation einer
Messe, die der Vikar wöchentlich von der hl. Hedwig, der sich
Schlesien besonders verbunden wußte, lesen sollte.

2. D. Caspar Deichsel. Caspar Deichsel de Loben
wurde am 23. April 1498 in Leipzig immatrikuliert867) und
erlangte früh die unteren akademischen Grade; am 7. März 1500
wurde er baccalaureus, am 28. Oktober 1510 magister, nachdem
er während des Sommersemesters in Wittenberg studiert hatte,
am 17. April 1518 lector und im Sommersemester 1523 Dekan
der Artistenfakultät. Inzwischen hatte er angefangen, sich für
den Eintritt in die theologische Fakultät vorzubereiten und war
am 6. August 1519 - durch Dr. Martin Meyendorn aus Hirsch-
berg präsentiert - cursor geworden, am 23. März 1527 erlangte
er den Grad des sententiarus. In den eigenhändigen Aufzeich-
nungen der sententiarii von 1520-29 hat Deichsel folgendes ein-
getragen868):

Ego magister Caspar Deychsel de löben principiavi in libros
sententiarum anno Domini 1517 in vigilia Philippi et Jacobi (30. April)
et ex ordinacione facultatis inprimis incepi legere Tercium senten-
tiarum eodem anno in vigilia Philippi ut supra, et finivi eundem
sabbato ante festum sancti laurencii martiris (3. August) anno ubi
supra. Principiavi deinde secundum librum sententiarum secunda
feria ante festum sancti laurencii (5. August) anno Domini 1527,
finivi sabbato ante Elizabeth (16. Nvbr.) anno ubi supra. Primum
autem librum sententiarum incepi secunda feria post festum sancte
Elisabeth (25. Nvbr.) anno 1527 et cetera ut supra.


Am 10. Oktober 1531 ernannte ihn die Fakultät auf Präsen-
tation des Dr. Ludwig Langensneyder zum licentiatus und am
19. Juli 1536 zum Doktor der Theologie. Hierüber findet sich
folgender Vermerk:

Anno Domini 1536 feria quarta post Divisionem Apostolorum
que erat 19. mensis Julii D. Doctor Martinus Meyendorn de hyrs-
perg, Hieronymus Dungersheym de Ochsenfurt, Georgius Dottanius
Menningensis celebrarunt aulam doctoralem in ecclesia D. Nicolai
pro dominis Casparo Deychsel et Joanne Sawr ex Wynsheym, quos
ibidem Doctores crearunt.


Deichsel wurde später - wie Sculteti - Domherr in Meißen
und im Liegnitzer Kollegiatstift. Als Mitglied der theologischen
Fakultät gehörte er zu den Theologen, welche am alten Glauben

867 cf. die Quellenangaben bei Sculteti, ferner Klose "Ein schlesischer
Gegner der Reformation", Korrespondenzblatt des Vereins für Geschichte
der evangelischen Kirche Schlesiens, 1917.
868 Zarucke, Acta rectorum universitatis studii Lipsensis 1859.
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festhielten und dem Eindringen der evangelischen Richtung
widerstrebten869). Die Professoren beugten sich dem überwiegen-
den Einflusse des Hieronymus Dungersheim von Ochsenfurt, der
die Fakultät beherrschte. Wiederholt versuchte Kurfürst Heinrich
auf friedliche Weise dem Luthertum Eingang zu verschaffen, aber
die Versammlungen der Vertreter der Fakultät und der Nationen
verliefen resultatlos, da die Professoren sich geflissentlich fern-
hielten. Als der Rektor Borner für den 3. Februar 1540 abermals
eine Sitzung der theologischen Professoren anberaumte, entschul-
digte sich Deichsel in einem Schreiben vom 31. Januar
(Dom. post convers. Pauli): Er wäre gern bereit, den Befehlen
des Rektors zu entsprechen, aber seine Gesundheit sei derartig
angegriffen, daß er täglich erwarte, von Gott aus dieser gegen-
wärtigen argen Welt abberufen zu werden. Sein Leiden bestände
"non solum ex podagra truculenta verum etiam purulenta scabie"
(fürchterliches Podagra und eitrige Krätze); er sei außerstande,
eine Reise von Meißen nach Leipzig zu machen, praesertim hisce
difficillimis publicis viis (zumal auf diesen beschwerlichen öffent-
lichen Straßen). Er erkläre sich aber bereit, die Augustana und
Apologie nochmals durchzusehen und das, was er durch Gottes
Gnade und bei der Schwäche seines Geistes ermitteln werde, in
einem schriftlichen Votum einzureichen. Die hohe Bedeutung der
Sache scheine aber seine Verstandeskräfte zu übersteigen.
Deichsel hat sich an den späteren Verhandlungen nicht weiter
beteiligt, auch Meißen nicht mehr verlassen. Er starb am 25. Mai
1549. Über seinen Nachlaß geriet die artistische Fakultät in
Streit mit den Erben. Zur Vermehrung des Lübener Anteils
an der Sculteti-Stiftung vermachte er 200 Gulden, so daß für
den Lübener Stipendiaten jährlich 30 fl. zur Verfügung standen.
Durch einen Vergleich zwischen den Vertretern des Frauenkollegs,
dem Deichsel seit 1523 angehört hatte, und den Deichselschen
Erben vor der Leipziger Schöppenbank im Jahre 1551 wurde
vorbehaltlich der Genehmigung des Lübener Rats vereinbart,
daß die Deichselsche Stiftung Weihnachten 1553 in Kraft treten
sollte870).

3. Jacobus Lutge (Lohetgehen)871) wurde am Gallus-
tage - 16. Oktober - 1524 in Leipzig immatrikuliert, erwarb
den Grad eines baccalaureus am 28. Mai 1526 und bekleidete im
Sommer 1539 das Dekanat der Artistenfakultät. Da seit 1543 der
umständliche Weg zu den akademischen Würden abgeändert war,
promovierte Lutge am 28. Mai 1544 zum Magister, augenschein-
lich in der theologischen Fakultät; denn die Akten bemerken hier-

869 Winer, 'de facultatis theolog. evangel. in hoc Universitate
originibus Lips. 1839.
870 In Abschrift vorhanden in Vol. I der Akten betr. Legate und
milde Stiftungen im Stadtarchiv.
871 Quellennachweis siehe bei Sculteti.