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halten hatte und seitdem stigmatias genannt wurde106). Der junge 
 Prinz hatte sich lange am kaiserlichen Hofe aufgehalten und war 
  öfter der Vertrauensmann des Kaisers gewesen. Seinem Vater 
   lag wohl mehr daran, ihn mehr an die Heimat zu fesseln; deshalb über- 
   ließ er ihm das Lübener Gebiet. Heinrich umgab sich mit einer 
    kleinen Hofhaltung, zu der der Marschall Nuchterwitz, der Hof- 
    kaplan Petrus, der Notar Jakob und eine Reihe adliger Vasallen 
     gehörten. Seine Regierung war für Lüben ohne große Be- 
     deutung, zumal er sich in fortwährender Geldverlegenheit befand 
      und durch die väterliche Oberhoheit in seiner Aktionsfähigkeit 
       beschränkt war. Was wir von ihm wissen, sind zumeist Geld- 
       geschäfte. So verkaufte er am 27.2.1388107) dem Liegnitzer Bür- 
       ger Nicze Ungeraten einen jährlichen Zins und Geschoß an Geld 
        und Getreide von 24 Mark in 13 lübenischen Dörfern für 240 
         Mark. Ein trauriges Ereignis fiel in die Regierungszeit Hein- 
         rich VIII., der Ausbruch der Pest. Sie raffte im Jahre 1396 eine 
          große Anzahl der Einwohner hinweg108). Ob dies das erste Mal 
           war, daß die Stadt von der Seuche heimgesucht wurde, ist nicht 
            bekannt. Jedenfalls hat sie seitdem manche Pestjahre mit all 
             ihren Schrecknissen erlebt. 
Ludwig I. starb im Dezember 1398 im 87. Lebensjahre. Sein 
 Sohn und Nachfolger Heinrich VIII. überlebte ihn nur ein halbes 
  Jahr. Er starb am 11. Juli 1399 und hinterließ sein Land den 
   beiden Söhnen aus erster und zweiter Ehe, Heinrich und Ludwig. 
    Unter Vermittlung ihrer Vettern Ruprechts von Liegnitz und des 
     Bischofs Wenzel von Breslau teilten die Brüder am 12. Oktober 
      1400 das väterliche Erbe109). Heinrich erhielt Ohlau, Nimptsch, 
       Lüben und die Hälfte von Haynau; Ludwig wurde Brieg, Gold- 
       berg und der Rest von Haynau zugesprochen. Anfänglich war das 
        Verhältnis der beiden Stiefbrüder zueinander freundlich; Lüben 
         trug 1404 mit zu der Geldsumme bei, durch welche Ludwig aus 
          der Gefangenschaft der Sarazenen befreit wurde110). Später trüb- 
          ten sich die Beziehungen, als Bischof Wenzel, der nach dem Tode 
           Ruprechts 1409 Herzog von Liegnitz geworden war, seinem Vetter 
            Ludwig von Brieg die Regierung und Nutznießung des Liegnitzer 
             Fürstentums überließ111). Heinrich fühlte sich dadurch benach- 
             teiligt und eröffnete gegen seinen Liegnitzer Nachbar die Feind- 
             seligkeiten. Bischof Wenzel führte jedoch eine Einigung herbei; 
              Heinrich und Ludwig sicherten sich und ihren Nachkommen wechsel- 
              seitige Erbfolge in ihren Landen zu. Heinrich starb schon am
  
106 cf. R. Rößler Das Leben Herzog Heinrichs VIII. von Brieg 1869. 
107  Schirrmacher, Urkundenbuch der Stadt Liegnitz Nr. 340. 
108  Henel, Silesiographie. 
109  Lehnsurkunden I S. 352. 
110  Scholz, Chronik von Haynau S. 35. Am 13.11.1404 urkundet 
Heinrich IX. betr. Lösegeldes für die Befreiung Ludwigs. 
111  Lehnsurkunden I S. 358. Urkunde vom 11.3.1413. | 
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10. Juli 1420. Von seiner Regierungstätigkeit in Lüben sind nur 
 einige belanglose Einzelheiten bekannt112). 
 Heinrichs Tod machte eine neue Ländereinteilung notwendig; 
  sie erfolgte am 13. November 1420 in Ohlau113). Von den drei 
   Söhnen des Verstorbenen erhielt Ruprecht, der Ordensmeister des 
    Johanniterordens, Lüben und Haynau; Wenzel und Ludwig wur- 
    den mit Ohlau und Nimptsch abgefunden. Da Wenzel bereits 
     1423 starb, trafen die überlebenden Brüder neue Abmachungen 
      über ihren Landbesitz. Der Inhalt derselben ist nicht genau 
       bekannt; sie sind wohl auch später noch einmal geändert worden. 
        Lüben war anscheinend bis 1424 gemeinsamer Besitz der 
         Brüder114). Am 26. März 1424 bestätigte Ruprecht - vermutlich 
          am Beginn seiner alleinigen Regierung - die Privilegien der 
           Stadt. Er war Landesherr der Stadt bis zu seinem Tode im 
            Jahre 1431115). Dann erhielt Ludwig das ganze Gebiet der 
             Lüben-Haynauer Linie. 
Noch unter der gemeinsamen Regierung Ruprechts und Lud- 
wigs empfing Lüben als Entschädigung für eine alte Schuld das 
 Recht der Hellermünze (29.3.1423)116). Die Herzöge bedangen 
  sich den Wiederkauf für 250 Mark böhmischer Groschen aus und 
   gelobten, die städtische Münze mit keiner andern zu hindern. Die 
    hinfort unter städtischer Verwaltung stehende Münze war berech- 
    tigt, entsprechend dem in ganz Schlesien üblichen Münzfuß Heller 
     zu schlagen (12 auf einen böhmischen Groschen). Auf Grund dieses 
      Privilegs prägte die Stadt drei verschiedene Sorten Heller117),
  
112 Heinrich urkundet am 20.10.1406 über den Verkauf von 12 Mark 
 weniger 16 gr von den Lübener Zollgefällen, und am 30.6.1407 über 
  den Verkauf von 2 Mark Zins auf die Lübener Erbvogtei. Urkunden 
   der Stadt Lüben Nr. 12 und 13. 
   113  Lehnsurkunde I S. 366. 
   114  Die Erteilung des Münzprivilegs (s.u.) erfolgte durch beide 
    Herzöge gemeinsam. Am 17.3.1424 bevollmächtigte Ludwig, Herzog zu 
     Ohlau und Lüben, seinen Bruder Ruprecht, die Eventualhuldigung von 
      Liegnitz-Goldberg-Brieg entgegenzunehmen. (Lehnsurkunde I S. 370). 
       Am 24.3.1424 bezw. 9.4.1424 erfolgten gleichlautende wechselseitige 
        Huldigungen der Lande Lüben-Haynau-Ohlau-Nimptsch und Liegnitz- 
        Goldberg-Brieg an Ludwig II. von Brieg bezw. an Ruprecht und Ludwig III. 
         von Lüben-Haynau usw. Der Liegnitzer Erbfolgestreit warf seine Schatten 
          voraus. cf. Lehnsurkunden I S. 369 und 372. 
          115  Ruprecht bestätigt die Privilegien am 26.3.1424 (Urkunden der 
           Stadt Lüben Nr. 16); er beurkundet den Verzicht des Nickel Kabyn auf 
            alle Ansprüche an den Lübener Erbvogt am 25.11.1426. (Ebenda Nr. 17); 
             er bittet Bürgermeister und Ratmanne von Liegnitz am 18.4.1430, dem 
              Hentschil Spilner, seinem Manne guten Willen zu erzeigen. Staatsarchiv 
               Rep. 135 E. 95a. 
               116  Urkunden der Stadt Lüben Nr. 15. Die Stadt sollte für 20 Mark 
                Zins von den 40 Mark entschädigt werden, die sie von Heinrich IX. her 
                 auf sich versetzt hatte. 
                 117  Cod. dipl. Siles. XIII Friedensburg Seite 192 ff. I. Sorte 
                  (Nr. 585): Madonna mit dem Kinde aus dem schlesischen Adler empor- 
                  wachsend; Adler nach links sehend, beiderseits Perlenrand. II. Sorte (586): |