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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 34/35
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halten hatte und seitdem stigmatias genannt wurde106). Der junge
Prinz hatte sich lange am kaiserlichen Hofe aufgehalten und war
öfter der Vertrauensmann des Kaisers gewesen. Seinem Vater
lag wohl mehr daran, ihn mehr an die Heimat zu fesseln; deshalb über-
ließ er ihm das Lübener Gebiet. Heinrich umgab sich mit einer
kleinen Hofhaltung, zu der der Marschall Nuchterwitz, der Hof-
kaplan Petrus, der Notar Jakob und eine Reihe adliger Vasallen
gehörten. Seine Regierung war für Lüben ohne große Be-
deutung, zumal er sich in fortwährender Geldverlegenheit befand
und durch die väterliche Oberhoheit in seiner Aktionsfähigkeit
beschränkt war. Was wir von ihm wissen, sind zumeist Geld-
geschäfte. So verkaufte er am 27.2.1388107) dem Liegnitzer Bür-
ger Nicze Ungeraten einen jährlichen Zins und Geschoß an Geld
und Getreide von 24 Mark in 13 lübenischen Dörfern für 240
Mark. Ein trauriges Ereignis fiel in die Regierungszeit Hein-
rich VIII., der Ausbruch der Pest. Sie raffte im Jahre 1396 eine
große Anzahl der Einwohner hinweg108). Ob dies das erste Mal
war, daß die Stadt von der Seuche heimgesucht wurde, ist nicht
bekannt. Jedenfalls hat sie seitdem manche Pestjahre mit all
ihren Schrecknissen erlebt.
Ludwig I. starb im Dezember 1398 im 87. Lebensjahre. Sein
Sohn und Nachfolger Heinrich VIII. überlebte ihn nur ein halbes
Jahr. Er starb am 11. Juli 1399 und hinterließ sein Land den
beiden Söhnen aus erster und zweiter Ehe, Heinrich und Ludwig.
Unter Vermittlung ihrer Vettern Ruprechts von Liegnitz und des
Bischofs Wenzel von Breslau teilten die Brüder am 12. Oktober
1400 das väterliche Erbe109). Heinrich erhielt Ohlau, Nimptsch,
Lüben und die Hälfte von Haynau; Ludwig wurde Brieg, Gold-
berg und der Rest von Haynau zugesprochen. Anfänglich war das
Verhältnis der beiden Stiefbrüder zueinander freundlich; Lüben
trug 1404 mit zu der Geldsumme bei, durch welche Ludwig aus
der Gefangenschaft der Sarazenen befreit wurde110). Später trüb-
ten sich die Beziehungen, als Bischof Wenzel, der nach dem Tode
Ruprechts 1409 Herzog von Liegnitz geworden war, seinem Vetter
Ludwig von Brieg die Regierung und Nutznießung des Liegnitzer
Fürstentums überließ111). Heinrich fühlte sich dadurch benach-
teiligt und eröffnete gegen seinen Liegnitzer Nachbar die Feind-
seligkeiten. Bischof Wenzel führte jedoch eine Einigung herbei;
Heinrich und Ludwig sicherten sich und ihren Nachkommen wechsel-
seitige Erbfolge in ihren Landen zu. Heinrich starb schon am

106 cf. R. Rößler Das Leben Herzog Heinrichs VIII. von Brieg 1869.
107 Schirrmacher, Urkundenbuch der Stadt Liegnitz Nr. 340.
108 Henel, Silesiographie.
109 Lehnsurkunden I S. 352.
110 Scholz, Chronik von Haynau S. 35. Am 13.11.1404 urkundet
Heinrich IX. betr. Lösegeldes für die Befreiung Ludwigs.
111 Lehnsurkunden I S. 358. Urkunde vom 11.3.1413.
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10. Juli 1420. Von seiner Regierungstätigkeit in Lüben sind nur
einige belanglose Einzelheiten bekannt112).
Heinrichs Tod machte eine neue Ländereinteilung notwendig;
sie erfolgte am 13. November 1420 in Ohlau113). Von den drei
Söhnen des Verstorbenen erhielt Ruprecht, der Ordensmeister des
Johanniterordens, Lüben und Haynau; Wenzel und Ludwig wur-
den mit Ohlau und Nimptsch abgefunden. Da Wenzel bereits
1423 starb, trafen die überlebenden Brüder neue Abmachungen
über ihren Landbesitz. Der Inhalt derselben ist nicht genau
bekannt; sie sind wohl auch später noch einmal geändert worden.
Lüben war anscheinend bis 1424 gemeinsamer Besitz der
Brüder114). Am 26. März 1424 bestätigte Ruprecht - vermutlich
am Beginn seiner alleinigen Regierung - die Privilegien der
Stadt. Er war Landesherr der Stadt bis zu seinem Tode im
Jahre 1431115). Dann erhielt Ludwig das ganze Gebiet der
Lüben-Haynauer Linie.
Noch unter der gemeinsamen Regierung Ruprechts und Lud-
wigs empfing Lüben als Entschädigung für eine alte Schuld das
Recht der Hellermünze (29.3.1423)116). Die Herzöge bedangen
sich den Wiederkauf für 250 Mark böhmischer Groschen aus und
gelobten, die städtische Münze mit keiner andern zu hindern. Die
hinfort unter städtischer Verwaltung stehende Münze war berech-
tigt, entsprechend dem in ganz Schlesien üblichen Münzfuß Heller
zu schlagen (12 auf einen böhmischen Groschen). Auf Grund dieses
Privilegs prägte die Stadt drei verschiedene Sorten Heller117),

112 Heinrich urkundet am 20.10.1406 über den Verkauf von 12 Mark
weniger 16 gr von den Lübener Zollgefällen, und am 30.6.1407 über
den Verkauf von 2 Mark Zins auf die Lübener Erbvogtei. Urkunden
der Stadt Lüben Nr. 12 und 13.
113 Lehnsurkunde I S. 366.
114 Die Erteilung des Münzprivilegs (s.u.) erfolgte durch beide
Herzöge gemeinsam. Am 17.3.1424 bevollmächtigte Ludwig, Herzog zu
Ohlau und Lüben, seinen Bruder Ruprecht, die Eventualhuldigung von
Liegnitz-Goldberg-Brieg entgegenzunehmen. (Lehnsurkunde I S. 370).
Am 24.3.1424 bezw. 9.4.1424 erfolgten gleichlautende wechselseitige
Huldigungen der Lande Lüben-Haynau-Ohlau-Nimptsch und Liegnitz-
Goldberg-Brieg an Ludwig II. von Brieg bezw. an Ruprecht und Ludwig III.
von Lüben-Haynau usw. Der Liegnitzer Erbfolgestreit warf seine Schatten
voraus. cf. Lehnsurkunden I S. 369 und 372.
115 Ruprecht bestätigt die Privilegien am 26.3.1424 (Urkunden der
Stadt Lüben Nr. 16); er beurkundet den Verzicht des Nickel Kabyn auf
alle Ansprüche an den Lübener Erbvogt am 25.11.1426. (Ebenda Nr. 17);
er bittet Bürgermeister und Ratmanne von Liegnitz am 18.4.1430, dem
Hentschil Spilner, seinem Manne guten Willen zu erzeigen. Staatsarchiv
Rep. 135 E. 95a.
116 Urkunden der Stadt Lüben Nr. 15. Die Stadt sollte für 20 Mark
Zins von den 40 Mark entschädigt werden, die sie von Heinrich IX. her
auf sich versetzt hatte.
117 Cod. dipl. Siles. XIII Friedensburg Seite 192 ff. I. Sorte
(Nr. 585): Madonna mit dem Kinde aus dem schlesischen Adler empor-
wachsend; Adler nach links sehend, beiderseits Perlenrand. II. Sorte (586):