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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 38/39
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Beziehung bedeutungsvoll. Am 3. Januar 1443 erwarb die Stadt
die Erbvogtei mit ihren Gerechtsamen und Einkünften, und am
29. September 1445 empfing sie eine neue Bestätigung ihrer
Privilegien. Im nächsten Jahre erfolgte ein Wechsel im landes-
herrlichen Regiment. Die beiden Herzöge verpfändeten am
9. April 1446 die Stadt für 4500 Mark böhmischer Groschen an
Herzog Heinrich IX. von Glogau und Krossen ). Vermutlich
bedurften sie erheblicher Mittel, um den Liegnitzer Erbfolgestreit
erfolgreich durchführen zu können. So trat Lüben unter die
Oberhoheit der Glogauer Herzöge und blieb an dem im Jahre
1449 ausbrechenden Kampf um die Liegnitzer Erbfolge unbeteiligt,
wenn sich auch Johann, der nach dem Tode seines Bruders Hein-
rich allein die Rechte der Brieger Linie vertrat, Johann von
Lüben nannte. Merkwürdiger Weise wurde aber die Stadt Lüben
unter der Regierung Heinrichs von Glogau mehr als einmal der
Punkt, wo die Fäden der hohen Politik zusammenliefen.
Der neue Landesherr gewährte der Stadt von Polkwitz aus
am Palmabende (9. April) 1446 die übliche Privilegienbestätigung
und konfirmierte am 5. März 1457 die sogen. Lübnische Will-
kür ), d.i. eine Regelung des Familienerbrechts auf Grund des
Magdeburger Rechts. Aber auch Unerfreuliches widerfuhr der
Stadt in dieser Zeit. Im Jahre 1453 zündete der Blitz und 140
Häuser der Stadt gingen in Flammen auf ). Lästig wurden
die anarchischen Zustände, welche nach dem frühen Tode König
Albrechts II. und unter der vormundschaftlichen Regierung Georg
Podiebrads in Schlesien Platz griffen. Das allenthalben überhand-
nehmende Raubritter-Unwesen machte sich auch in der Umgegend
von Lüben bemerkbar. Am 12. Juni 1449 erkundigten ) sich die
Lübener Ratmannen bei den Liegnitzern nach einem Ritter, der
schwarze Rincke genannt, der dem Herzog Fehde angesagt und es
besonders auf Lüben und Polkwitz abgesehen habe, und bitten,
falls die Liegnitzer Nachricht über die Pläne des Raubritters
hätten, um vorherige Warnung. Wie dreist solche Raubritter
wurden, beweist die Tatsache, daß der Ritter Hans Kochenitz, der
sich von Johann von Lüben übervorteilt glaubte, an den Straßen
den Lübener Fürsten auflauerte, um diese oder ihre Gemahlin

Nr. 19, 20, 21, 22.) Beide empfehlen am 28.11.1443 an unbekannte
Adressaten den Stephan Schwenkenfeld, der in ihrem Auftrag kommt.
Staatsarchiv Rep. 35 E. 95 a Mscr. Boruss. Nr. 61.
130 Ueber den Umfang der Erbvogteiprivilegien cf. Kap. I S. 22.
131 Lehnsurkunden I S. 398.
132 Urkunden der Stadt Lüben Nr. 25.
133 Henel Silesiogr. VIII S. 299.
134 Schirrmacher Urkundenbuch der Stadt Liegnitz 744.
Heinrich von Glogau urkundet von Lüben aus am 29.8.1446
in einem Vergleich zwischen dem Juden Salomon aus Crossen und der
Stadt Liegnitz (Schirrmacher a.a.O. Nr. 703) und am 26.5.1457 über
einen Verkauf in Mallmitz (Urkunden der Stadt Lüben Nr. 26).
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gefangen zu nehmen. Johann zog es vor, mit dem Raubritter
lieber einen Vergleich zu schließen als einen Kampf zu wagen,
und ließ 1441 diesen Vergleich auf dem Goldberger Markte "aus-
schreien", d.h. öffentlich bekannt machen ).
Schon im ersten Jahre der Regierung Heinrichs von Glogau
sah Lüben eine glänzende Versammlung in seinen Mauern ).
Der Bischof Konrad von Breslau hatte die schlesischen Fürsten
auf den Gallustag (16. Oktober) 1446 nach Lüben geladen, um
dort eine Vorbesprechung über die Wahl eines Königs oder eines
Reichsverwesers zu halten, die am Martinitage in Prag stattfin-
den sollte. Von den Geladenen kamen, begleitet von ihren Räten,
außer dem Bischof und Herzog Heinrich von Glogau die Herzogin
Elisabeth von Liegnitz-Brieg, die sich mit Wenzel von Teschen ver-
mählt hatte, Balthasar von Sagan, Johann von Lüben, Konrad
der Weiße von Öls, Wlodko von Teschen-Glogau, vielleicht auch
noch andere. Man beschloß, nach Prag zu ziehen, vorher aber die
Räte nach Breslau zu schicken, damit dort eine vorläufige Einigung
erzielt würde. Allerheiligen sollten sich die Räte, mit Instruk-
tionen versehen, in Breslau einfinden. "Auch ist is beslossen, das
der fursten rete vff dem wege (nicht) mit vns essen vnd tringken
sollen, sunder in den herbergin en vnd eren pferden notdurft
besurgen."
Später hatte Lüben noch öfter den Vorzug, Treffpunkt der
schlesischen Fürsten zu sein. Im März 1458 hatten die Böhmen
Georg Podiebrad zum König gewählt, der als Czeche und Hussit
den Schlesiern verhaßt war. Er fand daher in Schlesien erbitter-
ten Widerstand. Bischof Jodocus von Breslau brachte einen
Bund der mittel- und niederschlesischen Fürsten zustande zu ge-
meinsamer Abwehr eines jeden, der sie zur Anerkennung der
Prager Königswahl würde zwingen wollen, und zum unverbrüch-
lichen Festhalten an der römischen Kirche. Zum Bundeshaupt-
mann wurde Heinrich von Glogau gewählt, und in Lüben fanden
sich die Verbündeten zu ihren Tagungen zusammen. So fanden
am 17. Juli und am 20. August 1458 Bundestage in Lüben statt,
die aber resultatlos verliefen, da bei keinem der verbündeten
Fürsten sonderliche Neigung vorhanden war, mit einem so mäch-
tigen Gegner wie Georg Podiebrad anzubinden. Auf dem Land-

135 Sturm, Geschichte der Stadt Goldberg 1888, S. 59.
136 Staatsarchiv Rep. 135 E. 95. a. Mssc. Boruss. Nr. 67. Mon-
tag nach Galli 1446. - Ebenda Nr. 66 ein Kostenanschlag für die Reise
der Räte: Herzog Heinrich 70 Gulden "eyme seynis rotis mit IIII Pferden".
- "Die Herrn von Zagan 30 gulden; der alde Weiße (Konrad v. Öls)
70 gulden; der Herr von der Olsen 30 gulden für 2 Räte mit 5 Pferden;
die Herren von Liegnitz-Goldberg 50 gulden für 1 Rat mit 3 Pferden;
Herzog Wlodko 60 gulden für 1 Rat mit 2 oder 3 Pferden; die Herren
vom Briege 30 gulden; die Herzogin von der Ohlau 30 gulden."
Das folgende im wesentlichen nach der Mistonia Wratislaviensis
von Peter Eschenloer in Scr. rer. Silesiac. VII.