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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 40/41
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ständetage in Lüben am 20. September 1458 raffte man sich zu der
Erklärung auf, daß man keinen König anerkennen werde, der
nicht vom Papste zuvor bestätigt wäre, und daß die Ansprüche der
gesetzmäßigen Agnaten ihre Erledigung finden müßten137). Da
aber die Böhmen einen bestimmten Bescheid forderten und hierfür
ein Ultimatum bis zum 13. Dezember stellten, fand am 6. Dezem-
ber ein neuer Bundestag in Lüben statt, zu dem Heinrich von
Glogau, Balthasar von Sagan, Johann von Priebus, Konrad von
Wohlau, die Herzogin Hedwig von Goldberg mit dem jungen
Prinzen Friedrich und die bevollmächtigten Vertreter des Bres-
lauer Bischofs sich zusammenfanden, um über die den Böhmen zu
erteilende Antwort schlüssig zu werden. Dieselbe fiel verhältnis-
mäßig bestimmt aus und wahrte den eingenommenen Standpunkt,
ließ aber auch durchblicken, daß man sich bei etwaigen kriegerischen
Verwicklungen nach Hilfe umsehen werde. Am 20. Januar 1459
war man wieder in Lüben zusammen und beschloß, eine Gesandt-
schaft an den Papst zu schicken, um von ihm Verhaltungsmaß-
regeln zu erbitten138). Inzwischen hatte aber Georg Podiebrad
die Ansprüche Wilhelms von Sachsen, des nächstberechtigten Agna-
ten, durch Abtretung einiger böhmischer Schlösser abgefunden und
vom Papste die Anerkennung seiner Rechtgläubigkeit erlangt.
Daher lautete der Bescheid der Kurie an die schlesischen Gesandten
für den König günstig. Es fehlte somit den Schlesiern jeder
stichhaltige Grund für die Verweigerung der Huldigung.
Ein neuer Bundestag in Lüben am 12. März 1459 blieb ohne
Ergebnis, und am 20. Mai wurde der Bund auf seiner letzten
Lübener Tagung durch den Austritt der Schweidnitzer und durch
den Verzicht Heinrichs von Glogau auf die Bundeshauptmann-
schaft gesprengt. Die sarkastische Bemerkung Eschenloers, es sei
eine Eigentümlichkeit der Schlesier, sich miteinander zu verbinden,
Tagungen zu veranstalten und nichts zu unternehmen, war den
Lübener Bundestagungen gegenüber sehr berechtigt.
Die Breslauer beharrten in ihrem Widerstande gegen Podie-
brad und erbaten, nachdem auch die Kurie den Bruch mit ihm voll-
zogen hatte, vom Papst die Entsendung eines Legaten, um sich
von ihm in politischen Dingen beraten zu lassen. Der Papst
schickte den Erzbischof von Kreta, der am 13. November 1462 in
Lüben eintraf139) und dort von einer ganzen Kriegsschar, 2000
Fußtruppen und 390 Reitern, die ihm die Breslauer als Ehren-

137 Politische Korrespondenz Breslaus 1454-1463, Schreiben Herzog
Heinrichs von Glogau an den Görlitzer Rat d.d. Lüben 15.11.1458.
138 Ebenda, Kredenzbrief für die Abgesandten des schlesischen Bundes
an den Papst d.d. Lüben, 20.1.1459.
139 Polit. Korrespondenz Breslaus 1454-1463. Am 11. November
schreibt der Erzbischof HIeronymus aus Freystadt, daß er dort eben
angekommen sei, am 12. bei Herzog Heinrich in Glogau, am 13. in Lüben
sein werde.
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und Schutzgeleit entgegen gesandt hatten, empfangen wurde. Als
der Erzbischof nach Beendigung seiner Tätigkeit am 23. Januar
1464 seine Rückreise antrat, gaben ihm die Breslauer wiederum
mit 200 Reitern das Geleit bis Lüben. - Die späteren Kämpfe,
in denen Matthias Korvinus als Gegner Podiebrads auftrat,
haben Lüben nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Am 11. November 1467 starb Heinrich IX. von Glogau und
hinterließ das Fürstentum seinem einzigen Sohne Heinrich XI.140), der nach neunjähriger Regierung starb, ohne männliche Erben zu
hinterlassen. Lüben wurde das Leibgedinge seiner unverheirate-
ten Schwestern Hedwig, die früh starb, und Katharina, welche den
Titel "Fräulein von Lüben" annahm141). Mit dem Tode Hein-
rich XI. wurde die Glogauer Erbfolgefrage akut, nachdem der
Liegnitzer Streit durch die Belehnung Friedrichs I. mit dem ge-
samten Liegnitz-Brieger Besitz im Jahre 1469 sein Ende gefunden
hatte. Auf Glogau erhob Johann von Sagan, ein wegen seiner
Gewalttätigkeit gefürchteter Fürst, Ansprüche und wußte ihre
Anerkennung durchzusetzen. Als er aber in Ermangelung männ-
licher Nachkommen das Herzogtum an seine Schwiegersöhne brin-
gen wollte, geriet er mit König Matthias in Konflikt, der Glogau
als erledigtes Lehen für sich beanspruchte. Der König sandte seine
Feldherren Wilhelm von Tettau und Hans von Haugwitz gegen
Glogau. Am 7. Juni 1488 lagerten in Mallmitz bei Lüben 4000
Mann ungarischer Hilfsvölker, die für Glogau bestimmt waren142).
Wenige Wochen später erschien Haugwitz mit 1500 Mann in Lüben
und lagerte dort einige Zeit143). Als er aufbrechen wollte, ver-
weigerten ihm seine Leute den Gehorsam. Die stürmischen Auf-
tritte, zu denen es infolgedessen kam, bereiteten dem Bürger-
meister und Rat "große Bekümmernis". "Also gab Gott seine
Hülffe, daß sie uffbrachen und räumeten die Stadt." Bei einem
späteren Truppendurchmarsche (26. September) ging eine Vorstadt
in Flammen auf144). Noch mehrfach passierten im Laufe der
nächsten Monate königliche Truppen die Stadt und verursachten

140 H. urkundet über Lüben am 20.3.1467 über die Belehnung
der Schwester des verstorbenen Erbvogts in Lüben mit dem Vogteihause.
Die Urkunde ist von ihm und seinem Vater ausgestellt. (Urkunden der
Stadt Lüben Nr. 27.)
141 Hedwig ist nachweisbar bis 5.1.1480; Katharina urkundet am
3.6.1491 über den Salzmarkt in Lüben, am 20.1.1492, 13.5.1495,
3.5.1495 über Verkäufe in Mallmitz (Urkunden der Stadt Lüben 28-31).
142 Scriptor. rer. Siles. IV, Geschichte des Marcus Kyntsch S. 8 ff.
Darunter waren 400 Büchsenschützen und 200 "die da Ebentheuer taten
und keinen dienst hatten". Capitaneus, der Groth.
143 Ebenda. H. soll vom 3.7. bis 1.8.1488 bei Lüben gelegen
haben. Der Aufenthalt dauerte jedoch kürzere Zeit.
144 Ebenda. Am 14.12.1488 zog Urban Hollenberger durch Lüben;
am 8.5.1489 passierten 1600 Fußknechte die Stadt; am 1.7.1489 mußte
die Stadt an durchziehende Ungarn 25 ungarische Gulden geben.