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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 68/69
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tage Weihnachten, Neujahr, Epiphanien, Mariä Reinigung und
Mariä Verkündigung. Jedenfalls war der Ablaß anläßlich der
Einweihung der Kirche erbeten worden. Einen vierzigtägigen
Ablaß besaß die Kirche seit dem Jahre 1449286), und zwar für alle
diejenigen, welche jeden Donnerstag in der Kirche die Messe
gehört oder daselbst alle Tage das Salve Regina gesungen und
fünf Vaterunser und fünf Ave-Maria nebst dem Apostolischen
Glaubensbekenntnis andächtig gebetet haben würden, oder bei
täglichem Besuch der Kirche vor jedem Altar, auf dem sich Reli-
quien befänden, ein Vaterunser oder ein Ave andächtig gesprochen
haben würden. Auch diejenigen, welche bei dem Läuten der
Betglocke früh und abends mit gebeugten Knieen drei Paternoster
und drei Ave beteten, sollten den gleichen Ablaß erlangen.
Es war ein eigentümlicher Zug der mittelalterlichen Fröm-
migkeit, daß die korporativen Verbände, namentlich die Gewerke
und Innungen ihren genossenschaftlichen Organisationen religiöse
Mittelpunkte schufen und sie durch das Band gemeinsamer gottes-
dienstlicher Feiern und Übungen zu festigen suchten. Sie errichte-
ten Kirchen, Kapellen oder, wenn zu größeren Stiftungen die
Mittel nicht reichten, Altäre für ihre Korporationen und beriefen
Altaristen, um an Quatembern und andern bestimmten Tagen
religiöse Zeremonien, an denen die Innung geschlossen teilnahm,
abzuhalten, und um für die verstorbenen Zunftgenossen "Seelen-
geräte", Anniversarien usw. zu verrichten. Häufig bildeten sich
innerhalb der Gewerke besondere Bruderschaften, deren Mitglie-
der sich noch intensiver die Pflege der Zunftheiligtümer angelegen
sein ließen und in noch höherem Maße frommen Übungen
oblagen.
In Lüben besaßen die Schuhmacher und Tuchmacher eigene
Kirchen; ersteren gehörte die Niklaskapelle vor dem Liegnitzer
Tor, die schon vor 1476 vorhanden war287). Als Altaristen des
Gestifts der Schuhmacher werden genannt: Johann Sculteti
(Scholz) 1476-79288), Johann Krause 1491-1510289), Stephan
Scholz 1529290). Die Tuchmacher errichteten 1447 vor dem Glo-
gauer Tor das Barbara-Hospital für die Knappen291). Es erfreute

286 Erteilt von Bischof Peter II. am 1.7.1449 bei Hensel, Schles.
Kirchengeschichte Tl. II Seite 91 ff.
287 Rep. 3 L.B.W. Nr. 764 Urkunde vom 12.1.1476.
288 Ebenda Nr. 764 und Inkorporationsbuch des Bischofs Rudolph
im Diöcesan-Archiv II b 3 vom 12.4.1479. Die Ältesten und die
Jüngsten stifteten aus verschiedenen Benefizien einen jährlichen Zins
von 8 ½ Mark zur Errichtung eiens Altars der hl. Maria, Katharina,
Laurentius und Nickolaus in der Kapelle. Die Innung erhielt das
Patronat zu Gunsten des Sohnes eines Innungsmitgliedes.
289 Rep. 3 Nr. 767: 2.12.1491. Nr. 769: 16.5.1494. Nr. 892: 15.3.1510.
290 Ebenda Nr. 770: 8.1.1529.
291 Consignation der Pfarrurkunden S. 8 Nr. 29. Genauere Datie-
rung fehlt; die Ratmannen weisen den Platz für das Spital an.
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sich reger Unterstützung seitens des Gewerks; waren doch 40
Schöppenbriefe über Zinsverschreibungen, Vermächtnisse usw. an
das Spital bei der Pfarrkirche in Verwahrung292). Mit dem
Knappenspital, wie es später allgemein genannt ward, wurde die
Barbarakapelle verbunden, die am 17. Dezember 1500 einen Ablaß
von 540 Tagen erhielt, der an den Festtagen der hl. Margarete,
Katharina, Barbara, Dorothea und am Kirchweihtage erworben
werden konnte293). Die Kapelle war 1483 vorhanden294) und ver-
mutlich frühzeitig mit einem kleinen Kirchhof verbunden, über
dessen Bestimmung nähere Nachrichten fehlen295). Als Altarist
der Barbarakapelle wird in der Zeit von 1483-1497 Peter
Schmidt genannt296).
Von den Brüderschaften erscheint am frühesten, nämlich 1353,
die Confraternität Beatae Mariae Virginis, die in dem genann-
ten Jahre einen Ablaßbrief von dem Weihbischof Franz, Bischof
von Canticum, erhielt297). Sie war wohl im Laufe der Jahre
erloschen, und wurde 1510 unter den cives literati (Gebildeten)
nach dem Vorbilde anderer Städte neu begründet298). Die Leitung
der Liebfrauenbruderschaft lag in den Händen von drei Senioren,
die alljährlich gewählt wurden. Wer Mitglied werden wollte,
hatte beim Eintritt 3 Gr. und ½ Pfund Wachs zu entrichten.
Zu den Verpflichtungen der Bruderschaft gehörte die Abhaltung
von gesungenen Frühmessen zu Ostern, Himmelfahrt, Pfingsten,
Weihnachten und Beschneidung sowie an den Marientagen, die
Absingung des Salve Regina an einigen Tagen der Fastenzeit
und der Rorate-Messen an allen Tagen der Adventszeit und die
Abhaltung von Seelenmessen und Vigilien an den Quatembern.
An bestimmten Festen hatten die Bruderschaftsmitglieder bei ihrer
Messe mit brennenden Kerzen zum Opfer zu gehen. Der Bischof
gewährte der Bruderschaft einen vierzehntägigen Ablaß. Von ihr
wurde der Marien- und Katharinen-Altar in der Pfarrkirche er-
richtet und unterhalten299). Im Jahre 1519 fundierte die Bruder-
schaft, wie bereits berichtet worden ist, ein zweites Ministerium
an dem genannten Altar. Schon früher war der Bruderschaft ein
Legat der Witwe Katharina Fideler im Betrage von 4 Mark

292 Ebenda S. 14 Nr. 21 nur summarische Erwähnung. Rep. 3
L.B.W. 15 Zinsverschreibungsurkunden Nr. 903-917 von 1512-1550.
293 Ebenda Nr. 762. Die Verleiher sind die Kardinäle: Oliverius,
Bischof von Saba, Johannes, Peters, Fridericus, Julian.
294 Ebenda 760. 29.1.1483.
295 Lobücher F.G. III 15 f 79 b. Friedrich IV. verkauft am 17.8.
1587 das alte Kirchhöflein für St. Barbara für 50 rtl.
296 Rep. 3 Nr. 760 und 761: 29.1.1483-9.6.1497.
297 Consignation a.a.O. S. 1 Nr. 1 ohne genaue Datierung.
298 Rep. 3 L.B.W. 839. Am 5.1.1510 bestätigt der Lübener
Pfarrer und der Rat die Bruderschaft; am 30.12.1510 (Inkorpora-
tionsbuch des Bischofs Thurzo II b 4) der Bischof.
299 Liste der Altäre Nr. 16