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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 70/71
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Jahreszins zugefallen, das zur Fundierung eines zweiten Dien-
stes bestimmt war300). Der Altarist des zweiten Dienstes, Petrus
Fideler, hatte Residenz zu halten und neben den vierwöchentlichen
Messen an allen Quatembern die Vigilien, Umgänge, Requiems
und Predigten für die Toten der Bruderschaft zu verrichten. Den
Ältesten lag es ob, für Wachs, Wein, Kelche und dergleichen zu
sorgen301). Eine wertvolle Zuwendung wurde der Bruderschaft
dadurch zuteil, daß ihr Frau Hedwig Lucas am Jahre 1513 eine
Brotbank überließ, deren Einkünfte in die Lade unserer lieben
Frauen flossen302). Die überlebensgroße Schnitzfigur der Jung-
frau Maria mit dem Kinde aus spätmittelalterlicher Zeit dürfte
von der Liebfrauenbruderschaft stammen.
Innerhalb der Schuhmacherinnung wurde 1418 eine Bruder-
schaft begründet303), die jedenfalls in der Nicklaskapelle ihre
Feiern abhielt. Sie bestanden in Vigilien und Messen für die
verstorbenen Mitglieder an den Quatembern, an denen alle Ge-
nossen der Bruderschaft bei Strafe teilzunehmen hatten. Die An-
wesenden konnten, wenn sie 10 Paternoster, 10 Ave und 1 Credo
beteten, je 40 Tage Ablaß gewinnen. - Etwa gleichzeitig entstand
die Bruderschaft des hl. Leichnams innerhalb des Braugewerks
der Mälzer304). Sie hielt ihre Feiern am Fronleichnamsaltar in
der Pfarrkirche. Dort ist bereits das, was über die religiösen
Feiern des Gewerks bekannt ist, mitgeteilt305).
Die beiden Pfarrkirchen und die drei Kapellen mit ihren
zahlreichen Altären, von denen mehrere mit zwei Ministerien aus-
gestattet waren, erforderten ein bedeutendes Personal von
Klerikern. An der Pfarrkirche amtierte ein Pfarrer mit drei
Kaplänen, von denen der eine mit der Predigttätigkeit, der
andere mit der Seelsorge, der dritte mit dem Lesen der Früh-
messe beauftragt war. An der Schloßkirche war ein Pfarrer und
ein Kaplan angestellt. Außerdem dürfte etwa ein Dutzend Alta-
risten vorhanden gewesen sein, deren Besoldung sicherlich sehr
kärglich war. Vielfach mögen sie im Unterricht an der Schule
einen Nebenerwerb gefunden haben.
Äußerlich angesehen befand sich am Ausgange des XV. Jahr-
hunderts das Lübener Kirchensystem in glänzender Verfassung.
Eine Stiftung reihte sich an die andere, die Mittel für kirchliche
Zwecke flossen reichlich, waren doch noch am Anfange des XVIII.

300 Inkorporationsbuch des Bischofs Thurzo (II b 4) 22.3.1517.
301 cf. Rep. 3 L.B.W. 852 und Inkorporationsbuch Thurzo 7.7.1519.
302 Consignation Seite 12 Nr. 7.
303 Inkorporationsbuch des Bischofs Rudolph II b 3, ohne genaue-
res Datum.
304 Zuerst erwähnt 9.1.1484 Rep. 3 L.B.W. 809; ferner: ebenda
814 23.3.1489,815 13.4.1489, 817 12.3.1490 und so fort. Zuletzt
Nr. 875 8.11.1549.
305 Liste der Altäre Nr. 12.
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Jahrhunderts in der Liegnitzer Regierungskanzlei 365 Urkunden
der Lübener Pfarre vorhanden306), von denen etwa 177 in den
Besitz des Breslauer Staatsarchivs übergegangen sind. Es fehlte
jedenfalls nicht an einer tiefen religiösen Unterströmung im
Volke, die sich eben in der Freigebigkeit für fromme Stiftungen
und in der Neigung zu religiösen Übungen äußerte. Es herrschte
allerdings das Interesse für Sicherstellung des Seelenheils durch
Messe- und Altarstiftungen, Seelgeräte, Jahrgezeiten vor,
während für allgemein-kirchliche und humane Zwecke verhältnis-
mäßig wenig Sinn vorhanden war. Nur zwei Vermächtnisse für
Arme sind unter den zahlreichen Stiftungsurkunden nachweis-
bar307). Die Zinsen der zahlreichen Stiftungskapitalien flossen
fast ausnahmslos in die Taschen der zahlreichen Kleriker. Diese
mögen oft genug einen mehr oder minder spürbaren Druck darauf
ausgeübt haben, daß die ihnen gebührenden Bezüge wuchsen.
Jedenfalls waren sie nicht unschuldig daran, wenn in weiten
Kreisen die Anschauung obwaltete, daß der ganze kirchliche Betrieb
auf die Ausbeutung des Volkes berechnet wäre. Ein jedenfalls
unverdächtiger Zeuge, Kaspar von Schwenckfeld, dessen Zuver-
lässigkeit und Wahrheitsliebe auch von seinen Gegnern nie be-
stritten worden ist, schreibt darüber bittere Worte, die für uns
darum von Interesse sind, weil er dabei jedenfalls die Dörfer in
der Umgebung Lübens im Auge gehabt hat. Er klagt308): "Auf
den Dörfern geht es ärger zu als bei den Heiden. Niemand will
sich des Bäuerleins annehmen; sie werden ohne Unterlaß ganz
tyrannisch mit unerträglichen Gesetzen von ihren ungelehrten
Pfarrern umgetrieben, daß es wohl zu erbarmen ist, wie der
größte Hauf ihm große Gewissen nimmt, und dies aus unseligen
Wirren der Pfarrer. - Die Mönche drücken das Land mit ihrem
unseligen Bettel, diese elenden unnützen Leute, die ihre guten
Werke, der sie selber keins haben, anderen um Geld pflegen zu
verkaufen. Sie halten Messe und gehen zu Chor um Geldes

306 O. A. Lüben I Consignation der Briefschaften der Pfarrei
Lüben, vermutlich bei der Rekatholisierung der Kirche 1707 aufgestellt.
Nur 67 Urkunden sind inhaltlich skizziert, von denen etwa 25 nicht im
Staatsarchiv vorhanden sind. Summarisch werden 172 Pergamentbriefe,
darunter etliche von alten Herzögen, Herzogin Margarete usw. aus dem
XIV. und XV. Jahrhundert über Stiftungen für Kirchen und Kapellen
zusammengefaßt.
307 Rep. 3 L.B.W. 932 24.5.51409. Konrad Cromer vermacht.
7 1/2 Mark Jahreszins, die zur Bekleidung von Armen dienen sollen.
Nr. 933 13.9.1471. Stephan Rewsindorf vermacht jährlich 18 gr. für
Schuhe und andere Notdurft an arme Leute. Ein Testamentsregister,
von 1599-1606 reichend (O. A. Lüben I Rechnungsakten) weist ein
Kapital von 900 Mark auf, dessen Zinsen zur Bekleidung armer Leute
verwendet wurden.
308 Die folgenden Zitate aus Schwenckfelds Schriften sind der
Schrift Th. Hoffmans "Caspar Schwenckfelds Leben und Lehren" Tl. I
1897 entnommen.