Zum Gesamtüberblick Zur vorigen Seite Zur nächsten Seite Zur letzten Seite (Inhalts- und Abbildungsverzeichnis)
Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 134/135
- 134 -

Allgemach heilten die Wunden, aber die vormalige Blüte
kehrte nicht wieder. Der Brand von Lissa trieb 1656 die dortigen
Bürger in die schlesischen Städte; manche scheinen sich dauernd in
Lüben niedergelassen zu haben501). In demselben Jahre brach die
Pest aus, die bis April 1658 anhielt502). Der geringeren Sterb-
lichkeit und der kürzeren Dauer wegen, nannte man sie die kleine
Pest. Seitdem blieb die Stadt von dieser Gottesgeißel verschont.
Ein schweres Unglück traf sie am Ausgange der Piasten-
zeit503). Am 18. November 1674, einem Sonntage, entstand früh-
morgens infolge Unvorsichtigkeit der Frau Margarete Pinske,
die allerdings gegen diesen Verdacht energisch protestierte, ein
großes Schadenfeuer vor dem Steinauer Tor. 88 Häuser, 6 Scheu-
nen, 1 Kretscham und die fürstliche Kleinmühle brannten nieder,
und 467 Personen verloren Habe und Obdach. Die fürstliche
Regierung genehmigte für die Geschädigten eine Kollekte, welche
im ganzen Fürstentume 130 rtl. 18 gr. 3 pf., in der Stadt Lüben
49 rtl. 20 gr. 10 1/2 pf. eintrug. Die Stadt bewilligte den Abge-
brannten 100 Stämme Holz aus der Stadtheide und erbot sich,
das übrige Bauholz zu billigen Preisen abzulassen.
Zwei Kuriosa seien noch an dieser Stelle beigefügt. Am
2. Juni 1655 wurde der 13jährige Sohn des Ziebendorfer Ge-
meindehirten Georg Müller begraben, der 5 Wochen zuvor "neben
andern Personen von einem tollen Wolf auf Talbendorf zu ge-
bissen worden war"504). - Auf der Festtafel am Geburtstag des
jugendlichen Herzogs Georg Wilhelm - 29. September 1675 -
prangte ein seltenes Wildbret, ein Elentier aus der Kotzenauer
Heide505). "Ein böses Omen!" meinte der Volksmund; er behielt
recht. Am 21. November desselben Jahres war der 15jährige
Fürst, der Letzte seines Stammes, eine Leiche.

501 Bemerkungen in den kirchlichen Registern.
502 29.6.1656 'Initium graviter saevientis pestis'. - cf. meinen
Aufsatz "Beiträge zur Geschichte der Besiedelung des Kreises Lüben"
a. a. O. Seite 153.
503 Staatsarchiv Rep. 28 O. A. Lüben II Bericht des Hauptmanns
Hans von Schweinichen vom 6.1.1675 an die Herzoginregentin Luise.
Das Lübener Kollektenbuch ist noch vorhanden. - Schuster in seinen
"Gesprächen zum Friedensfest" gibt auf Grund einer alten Handschrift
an, daß 1651 die halbe Stadt abgebrannt sei. Anderweitig wird davon
nichts berichtet.
504 Notiz im Totenregister.
505 Grünhagen, Geschichte Schlesiens.
- 135 -




VII. Kapitel

Die kirchlichen Verhältnisse bis zur
preußischen Besitzergreifung


Für die Zeit vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zum
Ausgange des Piastenhauses gewähren uns die Protokolle der
beiden Kirchenvisitationen im Liegnitzer Fürstentum einen ge-
nauen Einblick in den äußeren kirchlichen Betrieb wie in das
religiös-sittliche Leben der visitierten Gemeinden.
Am 20. November 1654 erschien die Visitationskommission in
Lüben, nachdem sie zuvor die Altstädter Kirche besichtigt hatte,
von der sie folgende Beschreibung entwirft: "Das Kirchlein in der
Altstadt wurde gar sehr baufällig befunden, ist gantz höltzern mit
einem schlechten Glöcklein, die Sakristei gantz eingefallen und hin-
weggetragen, der Kirchhof unbeschlossen, die Mauer daran sehr
zerfallen und das Beinhaus gantz offen. Kirchenväter präten-
dieren Armuth und Mangel der Mittel, erbitten sich doch zu
ehrstmöglicher Reparation. Von den Kirchenkapitalien, die 1636
noch 570 rtl. betragen hatten, konnten nur noch 380 rtl. nachge-
wiesen werden, das Übrige war im Kriege verloren gegangen.
Rechnung war seitdem von den Kirchvätern nicht gelegt worden.
Der Lübener Rat, als Patronatsbehörde, wurde angewiesen, künf-
tig die Rechnung alljährlich abzunehmen. Den beiden Kirch-
vätern Adam Kätzler und Christoph Kuche wurde der Lübener
Kirchvater Michael Purmann als Inspektor beigeordnet zu desto
schleuniger Erlangung gehöriger Richtigkeit der Rechnung".
In Lüben war die Pfarrkirche im Laufe des Jahres auf der
einen Seite umgedeckt worden, die andere Seite sollte im nächsten
Jahre an die Reihe kommen. Im Innern fanden die Visitatoren
alles in gutem Zustande, "eine sehr wohl verwahrte Sakristei mit
köstlichen Kaseln, Altartücher u. dgl.". Das noch vorhandene506)
"Inventarienverzeichniß der Dreßkammer" zählt u. a. auf: 3 sil-

506 Lübener Pfarrarchiv Acta betr. diverse alte Sachen.