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sich über Sigmund Gerstmann, der ihnen verboten habe, die
Aposteltage zu feiern, besonders Michael Minuß, der am ver-
gangenen Michaelstage zum Kleiben gezwungen worden war.
Sonst wurden weder über Herrschaften noch Geistliche Klagen
laut. Letztere wünschten eine Erneuerung der alten Bestimmung,
daß Witwen nicht vor Jahresfrist neue Ehegelöbnisse eingehen
dürften, "es wollte fast gemein werden, daß sie weit vorm Jahre
damit eilen wolten".
Endlich wurden auch die Hospitäler einer Revision unter-
zogen. Das große Hospital zum hl. Geist zog seine Einnahmen
aus der Arme-Leute-Mühle und den Kreuzlöser-Zinsen. Die
Kuratoren hatten "seit etlichen Jahren keine ordentliche Raitung
gethan, und gleichwohl fast wöchentlich aus dem Gotteskasten und
der Hospital-Büchse etwas solchen Hospital-Ämmtern zu Behuf
einlauffet, haben wir mit allem Fleiß und Ernst inquiriret und
endlich aus produzierten Dokumenten soviel erkundet, wie auch
Beilagen Lit. K. und L. etlicher Maßen ausweisen, daß das große
Hospital, zum hl. Geiste genannt, haben solle ohne die Mühlen-
intraden, Kasten- und Büchsen-Adjuto jährlichen Erb-Zinß: 152
Mark Glogisch. Sei aber bereits Anno 1638, den 30. November
damahligem Verwalter wegen seiner Auslagen de proprio im Rest
und schuldig blieben 197 Mark". Nach lit. L.518) hatte jedes der
142 Kreuzlöser zu Martini 1/8 Korn und 1/8 Hafer zum fürstlichen
Amte zu geben, d. i. 1 Malter 4 Scheffel 2/4 Korn. Die Geldreste
beliefen sich auf 1067 Mark 19 gr., von denen nur 11 Mark 15 gr.
eingegangen waren. Das Getreide war im großen und ganzen
richtig geliefert worden. Darunter steht die Bemerkung: "Ist
übel bestellet vnd genauer zu inquirieren". Nach Lit. K.519) belief
sich die Einnahme des Barbara-Hospitals auf 106 Mark 6 gr.
6 hl., nicht beizutreiben waren 64 Mark 5 sgr. 6 hl. "von einge-
fallenen Häusern". Das Visitationsprotokoll berichtet, daß das
Spitalgebäude 1643 ganz eingefallen sei, das dazu gehörige Kirch-
lein sei vor langer Zeit an einen Bürger verkauft worden. Den
Hospital-Kuratoren wurde "ernstlich mitgegeben, dem Rat binnen
mindersächsischer Frist ordentlich Raitung einzubringen".
Das ganze Visitationswerk wurde mit der Übergabe der
Visitationsartikel520) an die Geistlichen geschlossen, die sie von der
Kanzel verlesen sollten. Sie lauten folgendermaßen:
1. Sollen die hohen Feiertage alle drei Tage mit predigen
feyerlich begangen und fleißig von jedermänniglich besuchet
werden.
2. Die Katechismuspredigten sollen von Georgi bis Micha-
elis, und dabei das Exercitium catecheticum (Katechetische Übung)
518 Pfarrarchiv a. a. O.
519 Ebenda.
520 Ebenda. |
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nach gehaltener Vesperpredigt gehalten werden. Im Winter
aber sollen statt der Mittagpredigten die Katechismus-Übungen
gehalten werden und darzu auch die ganze Kirchfahrt kommen.
Nb. wo ein Filial ist, wird das Exercitium catecheticum allein
gehalten.
3. Die Beth-Glocke soll Morgends und Abends geläutet und
dabei des Früh- und Abendgebeth fleißig zu halten treue Ermah-
nung gethan werden.
4. Die Paßion-Predigten sollen in den Fasten Freytags ge-
halten werden.
5. Sonn- und Feyertage sollen gefeyert werden, daß daran
kein Feld- und Hausarbeit verrichtet werden bey Strafe 2 Mark
Liegn., so der Kirchen sollen heimfallen.
6. Kirmeßen und Hochzeiten sollen nicht mehr am Sonntage
gehalten werden, insonderheit soll die Kirmeß nur 2 Tage als
Montag und Dienstag währen.
7. Unter der Predigt sollen keine Gäste in den Wirtshäusern
gesetzt werden, bey Kirchenstrafe des Wirths 2 Mark Lieg., des
Gastes 1 Mark.
8. Alle Nachttänze, Rockengänge, wie auch das undienliche
Tabacksauffen (sic!) etc. sollen nachbleiben, bey Erkenntniß obrig-
keitlicher Strafe.
9. Würffel, Karten und andere Geld-Spiele sollen nach-
bleiben.
10. Die Flucher, Gotteslästerer, Übertreter des Sabbaths
sollen ans Halseisen andern zum Abscheu gestellet werden. Öffent-
liche Träuung soll um 3 Uhr bey Kirchenstrafe 2 Mark Liegn.
gehalten werden.
11. Die Mendicanten521) sollen ohne Vorweisung I. f. E.,
dero Regierung oder Herren Superintendenten Genehmigung
nicht zugelassen werden.
12. Die Einleitung der Sechswöchnerinnen soll vor der
Predigt geschehen, und kein Brandtwein vor dem Kirchgange auf-
gesetzet werden bey Strafe der Sechswöchnerinnen 1 Mark. In
solchem Fall soll keiner, wer sie seye, nachgesehen werden.
13. Die bisherige Zusammenkunft und Freßerei beym Kin-
delbier soll gantz abgeschaffet seyn, weil es zu vieler Üppigkeit
Anlaß giebet, bey gewißer obrigkeitlicher Strafe.
14. Die Inspectio domestica (die Aufsicht über den Lebens-
wandel in den Familien) soll mit allem Fleiß vom Herrn Pfarrer
geschehen.
15. Keiner soll aufgeboten und getrauet werden, der nicht
bey ausgesetzter Strafe zusaget, die Kirche zu besuchen und sich
christgebührlich zu halten.
521 = Bettler
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