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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 174/175
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schlesischen Postwesens. Schon vorher war durch eine Kabinetts-
order vom 25. Juli 1741 der österreichische Postmeister in Lüben
seiner Stellung enthoben und durch Elias Kober ersetzt worden.
Im Jahre 1742 erfolgte eine Regulierung des Postangangs auf
der Strecke Glogau-Lüben-Breslau durch den Postkommissar
Hänel. Leider versiegen von da ab die Quellen für die weitere
Entwicklung der Lübener Postanstalt.
Nicht bloß die Nachrichten, welche die Post brachte, erinnerten
die Lübener Bürger an die Kämpfe, die die habsburgische
Monarchie bald gegen die Türken bald gegen die Franzosen führte.
Es gab auch unangenehmere Erinnerungszeichen, die Steuern.
Gar oft mußte die Steuerschraube sehr stark angezogen werden.
Ihr Druck wirkte umso empfindlicher, als das Geld sehr knapp
war und unter 8-10 Prozent Zinsen garnicht erhalten werden
konnte. Die Steuern zerfielen in ordentliche und außerordentliche,
wurden aber nach demselben Maßstabe, nämlich auf Grund der
sogenannten Indiktion erhoben.
Seit 1527 bestand in Schlesien eine Art Einkommenssteuer
unter der Kontrolle lokaler Vertrauensmänner548). Man berechnete
das gesamte Vermögen und alles Einkommen aus dem beweg-
lichen und unbeweglichen Vermögen; dabei wurden alle Renten,
Gefälle, Nutzungen usw. für die Berechnung des Wertes, den sie
darstellten, kapitalisiert, sodaß schließlich ein fingiertes Steuer-
kapital ermittelt wurde, das man Indiktion nannte, und das
dauernd auf dem Besitzobjekt haftete. An und für sich war der
ermittelte Betrag des steuerbaren Einkommens nicht gerade hoch.
Das "Indiktionshauptquantum" für Lüben ausschließlich der
Amtsvorstädte betrug 8000 rtl., die Zahl der Zensiten kaum mehr
als 200. In einer Steuernachweisung vom 23.2.1668549) werden
in der inneren Stadt gezählt: 7 Achtziger, d. i. Zensiten, die mit
80 rtl. und mehr "in der Indiktion lagen", 7 Siebziger, d. h.
solche, die zwischen 70-80 rtl. veranlagt waren, 36 Sechziger,
56 Fünfziger, 16 Vierziger, 18 Dreißiger, zusammen 140 Zensiten,
welche insgesamt eine Indiktionssumme von 7190 rtl. repräsen-
tierten; der Rest von 810 rtl. verteilte sich auf die unter der
städtischen Jurisdiktion befindlichen Vorstädte, in denen etwa
60 Zensiten vohnten. Wenn also die wohlhabendsten Bürger mit
einem steuerbaren Jahreseinkommen von 80-90 rtl. eingeschätzt
waren, so war das auch für die damalige Zeit nicht hoch gerechnet,
denn die Vermögensnutzung war recht erheblich; sie variierte
zwischen 10 und 20 Prozent. Man rechnete auf 100 fl. Kapital
10 bis 20 fl. Einkommen. Demnach wäre es zu ertragen gewesen,
daß der Kataster von 1527 bis in das XVIII. Jahrhundert galt.

548 Rachfahl, "Die Organisation der Gesamtstaatsverwaltung Schle-
siens vor dem Dreißigjährigen Kriege", 1894.
549 Staatsarchiv O. A. Lüben XV.
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Die Härte lag darin, daß das Einkommen außerordentlich hoch
herangezogen wurde. Anfänglich hatten die Landstände 10 pro
mille und Monat als Türkensteuer bewilligt549), das waren 12 Proz.
auf das Jahr. Nach und nach stiegen aber die Anforderungen.
In der Regel schrieben die Landstände 20-25 pro mille aus,
1694 sogar 32 pro mille und Monat, das sind 38 Prozent pro
Jahr. Dazu kam, daß die Stadt bei den gewöhnlichen Steuern
noch Zuschläge für den eigenen Bedarf erhob, die allerdings meist
nur 100-200 rtl. betrugen550). Ein wenig gemildert wurde die
Steuerlast dadurch, daß die Beträge entsprechend der Höhe des
Einkommens gestaffelt waren. Immerhin blieb der Steuerdruck
für die Steuerpflichtigen sehr schwer. Sie hatten 1668 aufzu-
bringen 2099 rtl. 6 sgr., das sind ca. 26 Prozent; 1718: 2652 rtl.
34 sgr. 9 hl. = 33 Prozent; 1719: 2056 rtl. 18 gr. 1 1/2 hl. = 26
Prozent; 1720: 2584 rtl. 10 gr. 3 hl. = 32 Prozent; 1730:
2830 rtl. 6 gr. = 35 Prozent; 1731: 2099 rtl. 4 gr. 4 1/2 hl. = 26
Prozent; 1732: 2130 rtl. 36 gr. = 26 1/2 Prozent551). Die Steuer-
beträge aus den Amtsvorstädten wurden besonders berechnet und
abgeführt; sie wurden als durchlaufender Posten in der Stadt-
rechnung gebucht.
Daraus, daß die Amtsvorstädte einen eigenen Steuerbezirk
bildeten, erwuchsen der Stadt gewisse Unannehmlichkeiten. Man
empfand es zum mindesten als ungerecht, daß die Amtsunter-
tanen an allerlei Vergünstigungen und Vorteilen, welche die Stadt
bot, teilnahmen, ohne entsprechende Opfer zu bringen. Schon die

549 Grünhagen, "Der materielle Zustand Schlesiens vor der preußi-
schen Besitzergreifung" in der Zeitschrift für Preußische Geschichte und
Landeskunde, Bd. X, und Rachfahl a. a. O. übersehen, daß die Veran-
lagung durchgängig nicht pro Jahr, sondern pro Monat erfolgte.
cf. die Steuernachweisung von 1668. Dort findet sich folgende
Zusammenstellung:
 7 Wirte (Achtziger) à  1 rtl monatl. 8 rtl 18 sgr, jährlich 105 rtl - sgr
 7 " (Siebziger) à 27 sgr "  7 "  7 " "  94 " 12 "
36 " (Sechziger) à 24 " " 36 " - " " 432 " - "
56 " (Fünfziger) à 21 " " 49 " - " " 588 " - "
16 " (Vierziger) à 18 " " 12 " - " " 144 " - "
18 " (Dreißiger) à 15 " " 11 " 6 " " 135 " 18 "

140 Sa der Beurbarten 1499 rtl 6 sgr
      In den Vorstädten  ca. 50 rtl.  monatlich  pro anno    600 "  - "
       Sa der Steuern, die wie bisher jährlich gegeben    2099 rtl 6 sgr
Ebenso wird im Grund- und Fundbuch der Stadt Lüben von 1705
(Staatsarchiv Acta generalia betr. Stadtgerechtsame) bei 21 pro mille
ausgeschriebener Steuer der m o n a t l i c h e Steuerbetrag bei 8000 rtl
Indiktion auf 168 rtl berechnet; cf. auch die weiterhin angegebenen
Steuerbeträge.
550 Nach dem Grund- und Fundbuch von 1705 belief sich der der
Stadt verbleibende Ueberschuß auf 168 rtl, pro Monat: 14 rtl.
551 Die Angaben sind den Stadtrechnungen der betr. Jahre ent-
nommen (Staatsarchiv O. A. III). Schon die Höhe der Steuerbeträge
beweist, daß die Ausschreibung von 20-30 pro mille nicht für das Jahr
gelten kann.