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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 190/191
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schen Bedienten, die mit einigen Holzschlägern herbeikamen, wur-
den nicht beachtet, sodaß die Eisemoster Leute schließlich die Pferde
ausspannten und damit die Lübener nötigte, das bereits aufge-
ladene Holz wieder herunterzuwerfen und mit leeren Wagen fort-
zufahren. Klobutzin wurde benachrichtigt, sandte sofort Gespanne
und ließ seinerseits das Holz aufladen, um es in das Dorf zu
schaffen. Die Eisemoster waren aber kaum ein paar hundert
Schritt gefahren, als 60-70 zum Teil bewaffnete Lübener Bürger
angestürmt kamen und jene regelrecht überfielen. Dem Klobutzin-
schen Bedienten wurde die Flinte entrissen, er selbst und andere
"hart verwundet", und die mit 7 Pferden bespannten Wagen
wurden "als eine herrliche Kriegsaußbeuthe nach Lüben fortge-
schleppt". Nach 2 Stunden wurden die leeren Wagen und 6
Pferde mit dem Bescheid zurückgeschickt, daß man das siebente
Pferd solange zurückbehalten werde, bis das von den Klobutzin-
schen Leuten gepfändete städtische Pferd zurückgegeben sei. Am
folgenden Tage erschienen unter Anführung des Lübener Ober-
Heideverwalters über 100 Bürger und allerhand Gesindel nebst
"einer mercklichen Anzahl Wagen" und fällten das auf dem Wald-
wege noch stehende Holz, auch Eisemoster Wiedemutholz, obwohl
die Eisemoster Beamten Protest einlegten und auf den Rechtsweg
verwiesen. Das gefällte Holz wurde mit fortgeführt. In seiner
Beschwerde behauptete Klobutzin, daß sein Vater und die Vor-
besitzer das fragliche Holz unbestritten genutzt hätten. Indes
ergab ein Protokoll vom 4. Mai 1722, welches er selbst vorlegte,
daß bei einer Grenzregulierung zwischen Eisemost und Pilgrams-
dorf festgesetzt worden war, das Holz zwischen den Kopitzen solle
von beiden Teilen genutzt werden. Vermutlich verhielt es sich mit
dem strittigen Holze ebenso, sonst würden wohl die Lübener einen
solchen Gewaltakt schwerlich unternommen haben. Leider fehlt
der Gegenbericht des Lübener Rats und jedwede Nachricht über
die Abwicklung der Angelegenheit. Da die Grenze zwischen dem
Eisemoster und Lübener Gebiet zugleich die Fürstentumsgrenze
bildete, gehörte der Streitfall unter die Kompetenz des Oberamts.
So fehlte es nicht an aufregenden Momenten in dem für ge-
wöhnlich beschaulichen Dasein, das die Stadt und ihre Bürger vor
der preußischen Besitzergreifung pflegten. Aber solche Vorkomm-
nisse sind nicht gerade ein Zeugnis für die Gediegenheit der
Habsburgischen Verwaltung. Der Regierungsapparat war ein-
gerostet und funktionierte nur mangelhaft. Kein Wunder, daß
jedermann den Schlendrian im öffentlichen Leben gewöhnt war,
und daß es auch in Lüben anfänglich vielen nicht gefallen wollte,
als der scharfe preußische Wind durch alle Zweige der Kommunal-
verwaltung zu fegen begann.
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IX. Kapitel

Unter dem Zepter Friedrichs des Großen578)


Die Lübener Bürgerschaft hatte frühzeitig Gelegenheit, den
jungen Preußenkönig, dessen wagemutiges Handeln im Winter
1740 alle Welt in Aufregung versetzte, in ihren Mauern zu sehen.
Am 16. Dezember hatte Friedrich II. bei Deutsch-Kessel im Grün-
berger Kreise die Grenze überschritten und war am 22. bis Herrn-
dorf bei Glogau gelangt, wo er bis zum 27. verweilte, um die Ein-
schließung der Festung zu leiten und um Schwerin Zeit zu lassen,
mit dem rechten Flügel die Linie Lüben-Haynau-Bunzlau zu
erreichen. Am 28. Dezember traf der König mit 10 Grenadier-
kompagnien, 5 Schwadronen Beyreuth-Dragoner und einer
Schwadron Gens d' armes in Gläsersdorf ein und nahm bei dem
Grafen Nostitz Quartier. Schwerin hatte sein Hauptquartier in
Nieder-Braunau. Am 29. setzte Friedrich den Marsch nach Bres-
lauf fort und passierte dabei die Stadt Lüben. Die Lübener
Jungen wurden nicht müde, den König mit ihrem Freudengeschrei
zu begrüßen. "Es lebe der König Friedrich von Preußen!" er-
scholl es unaufhörlich aus den jugendlichen Kehlen, bis der König
rief: "Kinder, geht nach Hause!" und gleichzeitig einige Dukaten
und ein paar Handvoll Zweigroschenstücke unter sie werfen ließ.
"Ja, das wird den Jungens ein gefundener Handel gewesen sein",
bemerkt dazu der Berichterstatter, der schlesische Arzt Samuel
Feige.
Bereits im Februar des folgenden Jahres weilte Friedrich
wieder in Lüben. Er begab sich zur Armee, um die Eröffnung
des Feldzugs vorzubereiten. Am 21. Februar erteilte er in Lüben
einigen Geistlichen Audienz, die auf Wunsch mehrerer Kirchen-

578 Der Inhalt des Kapitels deckt sich im wesentlichen mit meinem
Aufsatz im Heft III der Mitteilungen des Geschichts- und Altertums-
Vereins zu Liegnitz "Beiträge zur Geschichte der Stadt Lüben unter der
Regierung Friedrichs des Großen". Dort finden sich die Quellenangaben.
Die in dem genannten Aufsatze gemachten Ausführungen über die Gar-
nison und die wirtschaftlichen Verhältnisse finden sich im XII. bezw.
XIV. Kapitel.