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Inzwischen - 12. Juli 1811 - hatte die Regierung auch
bei den deutschen Schulen den Mangel an ausreichenden Gelassen
gerügt. Der Magistrat hatte schon 1810 den beiden Lehrern
Klembt und Gutsche je 20 rtl. Zuschuß zur Beschaffung und je
1 Klafter Holz zur Beheizung von Schullokalen gewährt. Da
beide Lehrer eigene Häuser besaßen, konnten sie notdürftig aus-
reichende Räume herrichten. Mehr vermochte die Stadt nicht zu
tun. Die Kriegsjahre ließen überdies alle andern Interessen in
den Hintergrund treten. Die Regierung forderte zwar am 21.
Juni 1812 Bauplan und Kostenanschlag ein - letzterer stellte sich
auf ca. 6700 rtl. -, aber sie riet selbst noch am 17. März 1815
zur Vertagung des Baus, da der Kurswert der aus dem Verkauf
des Rentmeisterhauses gelösten 605 rtl., welche in Tresorscheinen
angelegt waren, sehr niedrig sei. Im Oktober des folgenden
Jahres begann die Regierung erneut zu drängen. Der Magistrat
forderte Aufschub, er habe ein Stadtgerichtsgebäude nebst Depo-
sitalgewölbe zu bauen und eine Stadtverordnetenstube herzurich-
ten, und es mangele an Geld. Diesmal war die Regierung jedoch
nicht gewillt zu warten; sie drohte mit Zwangsmaßregeln, mußte
aber schließlich doch erkennen, daß gut Ding Weile haben will.
Drei Punkte bedurften eingehender Erörterung: der Bauplatz,
die Größenverhältnisse des projektierten Schulhauses und die
Deckung der Kosten.
Die Stadt beanstandete den zum Bauplatz bestimmten Amts-
garten, weil er ungesund sei und ungünstigen Baugrund biete.
Der Magistrat faßte den alten Kirchhof ins Auge und gedachte
das Tor an der Pforte mit der sogenannten Bastille abzubrechen,
um die gewonnenen Materialien für den Schulhausbau verwenden
zu können; die Regierung entschied jedoch761) am 15. Februar
1822, daß der von Sr. Majestät geschenkte Platz der geeignetste
sei. Als indes der Kreisphysikus Dr. Schüller ebenfalls feststellte,
daß der Amtsgarten sumpfigen Untergrund und schlechte Luft
besitze, gab die Regierung nach. Man einigte sich auf den Platz
des alten Primariats, auf dem die inzwischen abgebrochenen
Fleischbänke gestanden hatten. Er ließ sich durch Ankauf eines
Teils des Archidiakonatsgartens und durch Beseitigung eines
Stückes Stadtmauer in Länge von 71 1/2 Fuß erweitern.
Inzwischen war auch über die Größenverhältnisse des Hauses
eine Verständigung erzielt worden. Zeitweilig wurde die Frage
erwogen, ob statt einer zentralen Anlage mehrere Häuser gebaut
werden sollten; je eins für die evangelische und katholische
Elementarschule und für die Lateinschule, wobei für letztere der
Umbau des alten Hauses in Aussicht genommen wurde. Man kam
aber doch auf einen Zentralbau zurück, welcher die lateinische
Schule (50 Kinder), die Schädelsche Klasse (180), die Knittelsche
761 Pfarrarchiv Acta gen. betr. Stadtschule. |
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(220) und die katholische Schule (50), zusammen 500 Kinder auf-
zunehmen hatte. Statt der 4 Klassenzimmer forderte die Regie-
rung aber deren 6, um die in Lüben bestehende "höchst fehler-
hafte Schuleinrichtung" zu ändern, nach welcher: a) die drei
evangelischen Schulen unabhängig von einander bestanden, b) eine
unangemessene Anzahl von Kindern in den Schulen des Knittel
und Schädel sich sammelt, c) selbst in den oberen Klassen die
Mädchen von den Knaben nicht getrennt waren, d) der Rektor
Schuster sein Tagewerk auf 2 1/2 Stunden Vormittag und der
Kantor Kubsch auf 2 Stunden Nachmittag beschränkte. Die
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