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das V. Korps der Reserve. An der Verfolgung des besiegten
Feindes nahm auch das Dragoner-Regiment teil, doch wurden
ihm größere Aufgaben nicht mehr gestellt.
In Lüben verfolgte man mit gespannter Erwartung die
Ereignisse auf dem Kriegsschauplatz. Am 4. Juli wurde, als die
Nachricht von Königsgrätz eintraf, geflaggt und illuminiert;
später rüstete man sich auf den Empfang der heimkehrenden
Sieger. Am 20. August begrüßte eine Deputation des Magistrats
bei Brauchitschdorf das 6. Füsilier-Bataillon und das 6. Landwehr-
Infanterie-Regiment, zu dem auch die Lübener Landwehr gehörte.
Für Offiziere und Mannschaften waren Erfrischungen bereit,
Ehrenpforten und Flaggenschmuck begrüßten in der Stadt die
Truppen. Aber am 9. September, als die Lübener Schwadronen
erwartet wurden, prangte die ganze Stadt im Schmucke der
Guirlanden, Kränze und Fahnen. Die 5. Schwadron war schon
am Tage zuvor festlich empfangen worden; mit der 4. kamen der
Kommandeur Major von Mayer und der Divisions- und Brigade-
kommandeur Generalleutnant von Löwenfeld und Generalmajor
von Witzleben. An der äußersten Ehrenpforte standen Magistrat,
Stadtverordnete, Spitzen der Behörden, weißgekleidete Jung-
frauen mit schwarzweißen Schärpen. Die eine bewillkommnete
die Krieger mit einem Gedicht, die andern mit Blumen und
Kränzen. Unter dem Jubel der Bevölkerung zogen die Schwa-
dronen in die Stadt, ein Regen von Blumen und Kränzen
rauschte auf sie herab; am Ringe begrüßte sie Pastor Zürn, am
Hause des Kommandeurs weißgekleidete Mädchen, dann folgten
Festessen für die Offiziere, Bewirtung und Tanz für die Mann-
schaften. - Die eigentliche Friedensfeier fand am 11. November
mit Festgottesdienst und Illumination statt.
Nach dem Frieden gab es mancherlei Neuformierungen. Das
Regiment gab die 2. und 6. (Ersatz-) Schwadron zur Bildung des
14. Dragoner-Regiments ab. Die neugebildete Schwadron blieb
als fünfte in Lüben, während die bisherige fünfte als Nr. 2 nach
Haynau verlegt wurde. Im folgenden Jahre erhielt die Standarte
des Regiments von Sr. Majestät Fahnenbänder mit Schwertern
und einen silbernen Ring, der die bei Nachod zerschossenen Teile
miteinander verband. Das schon längst unzulängliche Militär-
lazarett wurde 1869 mit dem städtischen Krankenhause am Schieß-
haus vertauscht.
Das Jahr 1870 brach an. Am 11. Juli begingen die Lübener
Bürger das Mannschießen. Schon grollte von Frankreich her
ferner Kriegsdonner. Ehe noch die Festwoche vorüber war, erging
die Mobilmachungsorder. Das Regiment übte am 16. Juli
gerade am Bahnhofe das Ein- und Ausladen der Mannschaften
und Pferde, als etwa um 1/2 8 Uhr früh der Befehl des General-
kommandos einlief: "Auf Allerhöchsten Befehl ist die norddeutsche
Bundesarmee planmäßig mobil zu machen, und ist der 16. Juli |
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der erste Mobilmachungstag". Die Aufregung in der Stadt war
ungeheuer; "alles stürzte auf die Straßen - hier wurde gefragt
- dort erzählt - hier gratuliert - dort bedauert; alles ist ge-
schäftig, rennt zu Freunden und Bekannten - es surrt und summt
in den Straßen". Wer fragte jetzt noch nach dem Niederschlesischen
Sängerbundesfest, das am 24. Juli in den Mauern der Stadt
gefeiert werden sollte! Man hatte an anderes zu denken. Ein
Frauenkomitee rief zur Sammlung von Geld, Leinwand, Charpie
u. dergl. auf und zur Unterstützung der Frauen und Kinder der
eingezogenen Reservisten. Am Sonntag, den 24. Juli, versam-
melten sich Offiziere und Mannschaften in den Kirchen zu gemein-
schaftlicher Abendmahlsfeier. Am folgenden Tag stand das Regi-
ment mobil auf dem Oberauer Exerzierplatz, und am 26. Juli
verließ es unter Trompetengeschmetter die Garnison, um tags
darauf die Fahrt nach dem Westen von Liegnitz aus anzutreten.
Über Görlitz, Dresden, Leipzig, Hof, Würzburg, Bamberg, Aschaf-
fenburg, Mainz, Worms ging es in 53stündiger Fahrt bis Lan-
dau, wo man am 29. Juli abends 11 Uhr anlangte. Dort erwartete
den Kommandeur Frhr. von Schenck bereits der Befehl, Offizier-
Patrouillen vorzuschicken. Den ersten Zusammenstoß mit dem
Feinde hatten die Dragoner bei Weißenburg; sie begleiteten die
Liegnitzer Königsgrenadiere bei ihrem Angriff auf den Gaisberg.
Dabei wurde der etatsmäßige Stabsoffizier Major Frhr. Senfft
von Pilsach von einer vollen Granate in die Brust getroffen und
sank lautlos vom Pferde. Auch bei Wörth durften die Dragoner
mitwirken, freilich erlitten sie auch herbe Verluste. Bei Weißen-
burg 1 Offizier und 1 Mann tot, 1 Offizier und 5 Mann ver-
wundet; bei Wörth 1 Offizier (Leutnant von Waldow II tot), |