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6 Mann verwundet. Am Tage von Sedan bekam das Regiment
zwar viel Feuer, aber keine Gelegenheit zum Einhauen. Nun
ging's nach Paris; die 4. Dragoner waren bei der Avantgarde
und hatten am 17., 18. und 19. September Gefechte zu bestehen,
von denen das erste bei Valenton verlustreich war; besonders
tragisch war der Tod des Leutnants von Hanstein, der, als er mit
5 Dragonern auf einem Kahn über die Seine setzen wollte, von
Franktireurs erschossen wurde; auch 3 Mann fielen, die beiden
andern gerieten in Gefangenschaft. Vor Paris war dem Regiment
keine Gelegenheit beschieden, sich hervortun zu können. Während
des Waffenstillstandes wurde das V. Korps an die Loire gesandt,
um die dort sich sammelnden feindlichen Streitkräfte zu beobach-
ten, aber es kam nicht mehr zum Kampfe, am 27. Februar wurden
die Friedenspräliminaien unterzeichnet. Quer durch Frankreich
hindurch zog das V. Korps der Heimat zu. In Belfort bestieg
das Dragoner-Regiment am 1. Juni die 3 Züge, in denen es
zurückbefördert wurde. Am 4. Juni, abends 6 Uhr, langte die
4. Schwadron mit dem Stabe in Lüben an. Die Stadt trug wieder
reiches Festgewand, Ehrenpforten in den Straßen, Guirlanden
und Fahnen an den Häusern, grüne Birken an den Türen. Am
Rathause begrüßte Bürgermeister Linke, umgeben von den städti-
schen Korporationen und einer Schar von Ehrenjungfrauen, die
Schwadron; einen poetischen Willkommen-Gruß sprach Fräulein
Güttler; sie überreichte dem Kommandeur einen Lorbeerkranz.
Um 9 Uhr folgte die 5. Schwadron, der ebenfalls ein festlicher
Empfang bereitet wurde.
Das eiserne Kreuz II. Klasse erhielten 23 Offiziere und 32
Unteroffiziere und Dragoner, und am 26. Mai 1872 wurde auf
Befehl des Kaisers das Eiserne Kreuz auf der Standarte des
Regiments befestigt. Die Stadt ehrte ihre tapferen Söhne, die
in beiden Feldzügen mitgekämpft hatten, durch die Errichtung
eines Kriegerdenkmals, das am 15. Februar 1872 enthüllt wurde.
Seinen Führer hatte das Regiment bald nach dem Kriege abgeben
müssen; Oberstleutnant von Schenck wurde am 24. Juni 1871
zum Kommandeur des 3. Garde-Ulanen-Regiments ernannt; ihm
folgte Graf von Wengersky, der am 28. September 1871 beim
Rennen in der Nähe von Ober-Oberau einem Herzschlag erlag.
Sein Nachfolger wurde Oberstleutnant Lueder.
Die Erfahrungen im Kriege hatten gelehrt, daß die Aus-
bildung der Truppen intensiver gestaltet werden mußte785). Die
Bürgerquartiere mußten der Kaserne weichen. Im Jahre 1872/73
wurde die kleine Kaserne bebaut und vom Militärfiskus gemietet.
Ein Mißstand blieb, daß das Regiment in vier räumlich sehr ge-
trennten Orten garnisonierte; die Konzentration an einem
Standort war nur eine Frage der Zeit. Seit 1878 wurde darüber
785 cf. zum Folgenden den entsprechenden Abschnitt im XI. Kapitel.
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verhandelt. Endlich wurde, dank der lebhaften Fürsprache des
Regiments-Kommandeurs Hann von Weyhern, Lüben zur
Garnison des ganzen Regiments bestimmt. Aber erst am 1. Ok-
tober 1884 konnte die neue Kaserne bezogen werden; die Polkwitzer
Schwadron traf erst am 1. Oktober 1886 ein. Seinen Schießplatz
hatte das Regiment seit 1875 in der kleinen Heide, später unweit
der Liegnitzer Chaussee, den Oberauer Exerzierplatz vertauschte
es am 1. April 1889 mit dem Mallmitzer. Die Reihe der militär-
fiskalischen Gebäude wurde in jüngster Zeit durch manchen Neu-
bau vermehrt: 3 neue Magazinscheunen entstanden 1889, 1893,
1914, das Körnermagazin 1898, das Proviantamt-Dienstgebäude
1907, das Militärlazarett 1908. Ein neues Offizierkasino sollte
entstehen, ein Neubau in Verbindung mit der großen Kaserne
war projektiert, welcher die kleine Kaserne überflüssig machen
sollte.
Das Regiment - seit dem 27. Januar 1889 Dragoner-
Regiment von Bredow - beging am 7. März 1890 sein 75jähriges
Jubiläum unter großer Teilnahme der Bürgerschaft und der alten
Kameraden. Sein 100jähriges Bestehen im Jahre 1915 erlebte
das stolze Regiment in Feindesland (Gefechte bei Harasymow-
Zabokruki am Dnjster, Süd-Galizien). Niemand dachte damals
an große Feiern. Nur die reichen Liebesgaben der Bürgerschaft
an ihre Dragoner ließen vermuten, wie schön die Jahrhundert-
feier hätte sein können in Friedenszeiten. |