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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 380/381
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Preise von 400 rtl pro Morgen geeinigt hatte (19.4.1869). Die
beiden Parteien, die "Gesamtstimmung" und "die Besitzer der auf
Lübener Feldmark belegenen Fleischerwiesen" schlossen am 9.6.
1869 einen Vergleich (genehmigt 4.8.69) dahin, "daß die Ge-
samtinnung darein willigt, daß die genannten Folien Nr. 1 und 8
vol. XIV als gegenstandslos geschlossen werden, daß das volle
Eigenthum der Besitzer der Fleischerwiesen resp. ihren Rechts-
nachfolgern, der Stadtkommune Lüben an den Fleischbänken 2-5
8-23 und den dazu gehörigen Fleischerwiesen, anerkannt und in
die Besitztitelberichtigung auf dieselben gewilligt wird, wogegen
sich die Besitzer der Fleischbänke resp. Fleischerwiesen verpflichten,
an die Innungskasse für jede Fleischbank 12 rtl. in Summe
240 rtl. zu zahlen".
Die neuen Statuten vom 28.4.1852, die u. a. für jeden
Gesellen eine Prüfung im Lesen, Schreiben und Rechnen vor-
schrieben, wurden am 10.5.1886 durch andere ersetzt. - Dem
Zuge der Zeit nach berufsgenossenschaftlichem Zusammenschluß
folgten auch die Lübener Meister und traten am 13.5.1878 sämt-
lich dem allgemeinen Fleischerverbande bei. - Nach langen Jahren
gewinnbringenden Friedens kamen die mageren Kriegsjahre, als
1915 "die Fleischversorgung des Publikums durch Viehhandels-
verbände (seit 1.1.1916 in Tätigkeit) eingeleitet" wurde.

2. Die Bäckerinnung798) verfügte über 26 Brotbänke
und war demnach ebenfalls eine geschlossene Zunft. Von den
Brotbänken bezog der Erbvogt je 1 gr. Jahreszins, von einer
jedoch nur 16 Skot, da sie die spezielle Brotlieferung an die Vogtei
hatte. Nach dem Erwerb der Erbvogtei durch die Stadt fiel diese
Sonderstellung fort. Noch im XV. Jahrhundert gingen zwei
Bänke in kirchlichen Besitz über; die eine diente nachweislich 1477
der Unterhaltung der Bäckerkapelle in der Pfarrkirche, die andere
war der Schloßkapelle verschrieben. Beide wurden später fis-
kalisches Eigentum und brachten 1614 1 fl. 15 gr., bezw. 24 gr.
Zins. Ursprünglich waren wohl die Bäcker verpflichtet, das dem
Erbvogt gehörige und an der Stadtmauer gelegene Backhaus zu
benützen. Nachdem 1443 die Stadt die Gerechtsame der Erbvogtei
erworben hatte, scheint es eingegangen zu sein, wenigstens wird
es in der Privilegienerneuerung von 1498 nicht mehr erwähnt.
Von der Bäckereikapelle, in der die Innung einen Altar unter-
hielt, ist bereits die Rede gewesen. Unter der Glogauer Pfand-
herrschaft hatten auch die Bäcker zu leiden. Die Herzogin Katharina
führte freien Markt für Backwaren ein. Alsbald erhoben sich

798 Die gegenwärtige Innung besitzt in ihrer Lade ein gut geord-
netes archivalisches Material mit Rechnungsbüchern seit 1564, Privilegien-
abschriften, Beschlüssen der Aeltesten u. dergl. - Außer diesem wurden
benutzt die Akten von der Bäckerzunft im Stadtarchiv und die Akten
des commissarius loci von 1795.
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lebhafte Klagen über Notstand und Verarmung unter den Bäckern.
Sie verstummten erst, als die Herzogin Ludmilla am 2.4.1497
den freien Markt aufhob und der Lübener Bäckerinnung die
Liegnitzer Bäckerzunftartikel vom 13.8.1494 und das Privileg
vom 22.3.1518 konfirmierte. Letzteres verbot die Aussetzung
neuer Brotbänke und die Einrichtung freier Brotmärkte außer bei
schweren Landeskalamitäten und Leistungsunfähigkeit der Bäcker;
die Zunftartikel, welche am 7. April 1522 von Herzog Friedrich
und am 17. März 1577 von Herzog Heinrich neu bestätigt wurden,
regelten die Handwerksgewohnheiten in der üblichen Weise.
Schließlich wurden der Innung von den Pfandherren des Lüb-
nischen Weichbildes Friedrich und Johann Georg am 12. Mai 1589
auch die Wohlauer Innungsartikel verliehen.
Über den inneren Betrieb der Innung enthalten die in der
Lade vorhandenen Archivalien manches Bemerkenswerte. So be-
stand z. B. schon um 1600 innerhalb des Mittels eine Gesellen-
bruderschaft zu gegenseitiger Unterstützung in Krankheitsfällen.
Zu dem Inventar der Zunft gehörten 1608 unter anderem 3 ganze
Harnische, ein Schwert, 3 breite Spieße, eine Muskete, ein eiserner
Flegel, 23 zinnerne Kannen. Infolge der Plünderung der Lade
im Jahre 1635 war später das Meiste verschwunden, 1642 waren
nur noch 4 zinnerne Kannen vorhanden. Nach dem Kriege wurde
wieder manch wertvolles Stück von der Innung erworben;
namentlich war sie an geschliffenen Gläsern reich; sie besaß 1721
eine gläserne Kugel als "Willkomm", ein Glas "Pankratius"
genannt u. a. mehr. - In der "Ordnung und Willkühr des
Bäckergewerks" von 1619 finden sich die Beschlüsse und Weisungen
über den technischen Betrieb des Handwerks, z. B. darüber, wie-
viel jeder Meister für Fastenbrezeln, Weihnachtsstriezel usw. ein-
legen durfte.
Die Bäcker benutzten uranfänglich die dem Mittel gehörige
Vogt- oder Teichmühle, die spätere Stadtmühle, bis diese um
1570 an den Landesherrn verkauft wurde. Seitdem wurde der
Bäckerinnung die Hospitalmühle zugewiesen799), die in vorrefor-
matorischer Zeit dem Heiligen Geist-Spital gehört hatte und nach
der Reformation in den Besitz der Stadt übergegangen war. Von
ihr war sie veräußert worden, bis sie 1593 von dem Besitzer
Johann Weishaupt testamentarisch erneut dem Hospital vermacht
wurde. Die Mühle besaß die ausschließliche Mahlgerechtigkeit für
die Innung, während dieser das Recht zustand, dem Rate einen
tauglichen Müller vorzuschlagen. Observanzmäßig erhielt der
Spitalmüller von jedem Scheffel die Mahlmetze. Im XVIII. Jahr-
hundert regte sich bei dem Magistrat der Wunsch, die Mühle los-
zuwerden, da sich in den Jahren 1731-36 die jährlichen Repa-
raturkosten auf durchschnittlich 86 rtl. stellten. Der Betrieb war

799 Stadtarchiv Acta spec. betr. Mühlensachen.