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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 382/383
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für die Stadt unrentabel geworden. Der Hospitalverwalter
Grimm befürwortete daher in einer Eingabe an den Magistrat
am 6. Oktober 1746 den Verkauf der Mühle. Dieser erfolgte 1747
an den bisherigen Pächter Gottlieb Bürgel, dem nachträglich der
Zuschlag erteilt wurde, obwohl er bei dem Versteigerungstermin
sein Gebot erst "nach dem Verlöschen der Kerze" abgegeben hatte.
Der Kaufpreis betrug 655 rtl. Das Bäckermittel hatte gegen den
Verkauf Einspruch erhoben, weil es dadurch jeden Einflusses auf
die Besetzung des Müllerpostens beraubt wurde, aber der Protest
wurde nicht berücksichtigt.
Nachdem die Mühle in Privatbesitz übergegangen war, ent-
standen alsbald Schwierigkeiten. Der Müller beschwerte sich, daß
die Bäcker wiederholt in andern Mühlen mahlen ließen, während
diese behaupteten, daß der Müller nicht das rechte Gewicht ab-
liefere. Die Streitigkeiten dauerten fort, bis durch das Gesetz
vom 28. Oktober 1810 der Mahlzwang aufgehoben wurde. Der
Hospitalmüller Johann Ernst Dienst erhielt für den Mahlmetzen-
Ausfall (13 Scheffel Weizen und 88 Scheffel Roggen) eine Ent-
schädigung von 3060 rtl.
Konkurrenten besaß die Bäckerinnung von Anfang an in den
Mehlhändlern. An und für sich stand der Mehlhandel den Bäckern
zu, die aber auf ziemlich hohen Preis hielten, sodaß sie 1614 von
den Dreidingkommissaren ermahnt werden mußten, die Stadtbe-
wohner mit Weizenmehl ohne Übersatz zu versorgen. Der Roggen-
mehlverkauf war damals schon freigegeben, und der Rat war ge-
neigt, den Weizenmehl-Detail-Verkauf in halben und ganzen
Mäßeln wöchentlich einmal den Müllern zu gestatten. Dies
geschah wohl auch; aber nach dem Kriege wurde eine Neuregelung
der Verhältnisse nötig. Die Bäcker schlossen mit dem Besitzer der
Breithormühle am 28. April 1683 ein Abkommen, in welchem
dieser auf den Weizenmehlhandel verzichtete. Dafür wurde ihm
der Kleinhandel mit Roggenmehl an den sog. Mehltagen (Mon-
tag, Mittwoch, Freitag) gestattet. Dieses Abkommen wurde am
18. Juni 1709 neu bestätigt und auf alle Müller ausgedehnt. Es
galt als Norm für den gesamten Mehlhandel, bis die preußische
Regierung 1743 erklärte, daß es sich in jenem Vertrage lediglich
um den Mehlverkauf in der Mühle, nicht auf dem freien Markte
handele; es läge nicht im Interesse des Publikums, wenn die
Bäcker das Monopol für den Mehlverkauf hätten. Infolgedessen
gab die Glogauer Kammer den Mehlhandel an den Markttagen
frei, ließ aber polnische Händler, die sich die Freiheit zunutze
machen wollten, nicht zu. Die Entscheidung der Kammer führte
zu Unzuträglichkeiten, so daß am 18. Oktober 1747 ein Reglement
erlassen werden mußte, welches neue Ordnungen für den Mehl-
handel schuf. Es wurde bestimmt: Alles Roggenmehl ist auf der
Ratswage zu wiegen und an den ordentlichen Mehltagen feilzu-
halten; an diesen Tagen darf kein Mehl zu Hause verkauft wer-
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den. Nur im Falle der Not dürfen Müller und Bäcker außerhalb
der Mehltage in den Häusern verkaufen. Monatlich wird eine
Mehltaxe öffentlich angeschlagen. Fremde Mehlhändler dürfen
das nicht abgesetzte aber bereits gewogene Mehl auf der Wage
lassen, aber nicht in Privathäusern zur Vereinzelung absetzen.
Trotzdem fand ein schwungvoller Kleinverkauf von Privatleuten
statt.
Vermochten die Bäcker im Mehlhandel die Konkurrenz nur
teilweise abzuwehren, so suchten sie dieselbe im Backwarenverkauf
desto eifriger zu hindern. Von alters her bestand innerhalb der
Innung ein bestimmter Turnus für Weißbrot- und Semmel-
Verkauf auch für die Jahrmarktbäckerei, während der Brothandel
innerhalb der Zunft keiner Beschränkung unterlag. Am 7. Sep-
tember 1673 bestimmte die fürstliche Regierung, daß die Bäcker
(damals 14) wöchentlich ihrer 7 "umzechig das große Brot, soviel
sie sich zu verkaufen getrauten, backen sollten". Schon damals
zeigte es sich, daß die Ausschaltung der Konkurrenz innerhalb der
Innung die Beschaffenheit der Ware ungünstig beeinflußte. Der
Rat wurde angewiesen, auf gute Qualität und richtiges Gewicht
der Ware zu achten. Minderwertiges Brot sollte dem Hospital
verfallen.
In der preußischen Zeit wurde vielfach über schlechte Back-
ware geklagt, namentlich auch seitens der Garnisonverwaltung.
Der Magistrat ging wiederholt streng gegen die Schuldigen vor,
ließ gelegentlich den ganzen Brot- oder Semmelvorrat konfis-
zieren und an die Armen verteilen, setzte auch ein oder den andern
Meister in 12- oder 24stündigen Arrest, aber die Wurzel des
Übelstandes blieb unangetastet, die "Semmelwoche". Sie war
eine ergiebige Einnahmequelle und wurde gelegentlich von dem
betr. Meister, der an der Reihe war, verpachtet. Erst die Gewerbe-
freiheit schuf hier Wandel. - Der auswärtigen Konkurrenz er-
wehrten sich die Lübener Bäcker leicht. Ihr Streit mit den benach-
barten Herrschaften wurde am 6. Juli 1716 zu ihren Gunsten
entschieden; das Monopol innerhalb der Meile wurde ihnen ge-
wahrt. Als 1759 die Bewohner der neu angelegten Ziegelei vor
Brauchitschdorf ihren Bedarf an Mehl und Brot in Brauchitsch-
dorf und der Erlichtmühle zu decken begannen, setzten die Lübener
Bäcker durch, daß jene angehalten wurden, in der Stadt zu
kaufen.
Nach dem Erlaß der Gewerbefreiheit funktionierten zuerst
die alten Zunfteinrichtungen weiter, da unzünftige Bäcker nicht
vorhanden waren. Erst um 1845 hatte sich ein "Patentbäcker"
namens Kolbe eingefunden, der sich aber später in die Innung
aufnehmen ließ. Am 5. August 1852 erhielt die Innung ein
neues Statut, welches am 18. April 1880 durch ein anderes ersetzt
wurde. Seitdem haben die Innungstatuten infolge der veränder-
ten gesetzlichen Bestimmungen mehrfach gewechselt; am 7. Sep-