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sehen und auf annehmbaren Preis sowohl beim Einkauf des
Viehs wie beim Verkauf des Fleisches zu halten. Ein Streit des
Fleischermittels mit den beiden städtischen Lichtziehern wurde
durch Vergleich am 3. Juni 1688 erledigt, kraft dessen die Seifen-
sieder sich verpflichteten, den Unschlitt des geschlachteten Viehs
zu dem Preise abzunehmen, der in Liegnitz gezahlt werde, während
die Fleischer auf das Recht des freien Lichtzugs verzichteten.
Das frühere städtische Schlachthaus "der Kuttelhof" war in
den Besitz der Zunft übergegangen, die dafür einen jährlichen
Erbzins von 2 fl. entrichtete. Nach dem Dreißigjährigen Kriege
war er in Verfall geraten, und die Fleischer schlachteten im Hause.
Da es aber hierbei zu Übervorteilungen der ärmeren Meister kam,
wollte die Stadt ein neues Schlachthaus bauen. Es kam aber
nicht dazu. Das "heimliche Überschlachten" wurde später durch
Einführung des Reihenschlachtens nach bestimmtem Turnus ver-
hindert797). Dem Fleischermittel gehörte ein Viehstall auf den
Kuttelwiesen, der nach einem Brande 1732 neu errichtet wurde
und sich bis in die Mitte des XIX. Jahrhunderts erhielt. Um
1733 kaufte das Mittel die Fleischerwiesen auf dem Gelände der
jetzigen Bahnhofstraße. Um die für diese Neuerwerbungen ge-
machten Schulden zu decken, erlangte die Zunft das Recht (17.7.
1733), von jedem, der neu eintrat, entsprechende Nachzahlungen
zu erheben.
Mit dem Beginne der preußischen Ära erhoben sich wieder
die Klagen über die Pfuscher und Hausierer, namentlich in den
jenseits der Meile gelegenen Dörfern, aber auch über die Fleischer
ward Klage geführt. Die Acciseverwaltung erhob Einspruch gegen
das Reihenschlachten: "Der Meister, der an der Reihe ist, hökert
sein Fleisch, solange er kann, nach der gesetzten Taxe auf den
teuersten Pfennig". Da er keinen Konkurrenten habe, werde der
Konsum künstlich zurückgehalten und die Accise geschädigt. Vor-
nehmlich würde aber auch die Qualität des Fleisches bemängelt,
und die Bürgerschaft suchte daher die Berechtigung zum Haus-
schlachten nach Möglichkeit auszudehnen, sie erreichte auch die
Freigabe des Hausschlachtens von Rindern, Schweinen und
Schöpsen von Gallus bis Weihnachten und von Kälbern von
Lichtmeß bis Johanni. Als aber der Gastwirt Steinborn vom
Grünen Baum im August mit andern gemeinsam einen Ochsen
schlachten ließ, erhielt er einen Tag Arrest, und der Ochse wurde
gegen Erlegung des Einkaufspreises (18 rtl.!) der Fleischerzunft
überlassen. Schließlich begann auch die Garnisonverwaltung über
minderwertiges Fleisch Klage zu führen; infolgedessen wurde 1768
das Reihenschlachten aufgehoben, um durch Freigabe der Konkur-
renz innerhalb der Innung bessere Lieferungen zu erzielen.
Mancherlei Verdrießlichkeiten verursachte die Wiederherstel-
797 Das Reihenschlachten galt nur für Rinder. |
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lung der bei dem Brande 1757 vernichteten Fleischbänke. Die
Fleischer hatten sich an den Verkauf in den Häusern gewöhnt und
waren nicht zu bewegen, die Bänke, welche 1784 auf dem Platze
des alten Primariats neu errichtet worden waren, zu beziehen,
da sie sehr ungünstig lagen, namentlich diejenigen, welche hinten
an der Mauer standen. Der Rat ordnete an, daß die Fleischer
täglich von 7-10, am Sonnabend von 7-11 in den Bänken feil-
zuhalten hätten. Durch Arreststrafen, Konfiskationen usw. suchte
er seinen Willen durchzusetzen. Endlich wurde 1787 militärische
Hilfe requiriert; die Haupträdelsführer wurden verhaftet. Der
Widerstand war aber auch damit nicht gebrochen. Schließlich kam
ein Kompromiß zustande, durch welchen für einige Tage der Ver-
kauf in den Häusern freigegeben wurde. Indes kehrten die
Fleischer stillschweigend zu ihrer alten Gepflogenheit zurück, die
Bänke zu meiden.
Die Sitzungsprotokolle des Fleischermittels von 1776 bis
1886 (mit Anhang über die Zeit seit 1914), welche im Folgenden
benutzt sind, berichten keine größeren Begebenheiten. Man hielt
"vor offener Lade" strenge Zucht, ob es sich um das Schlachten des
"Meisterkalbes" und die Aufnahme eines "Fleischhauer-Gesellen"
handelte, oder ob irgendwo "sehr viele Unordnungen Eingerißen"
waren, z. B. beim Ochsenschlachten (3.10.1780) oder durch Weg-
kauf von Kälbern (28.5.1791). War darüber Klage zu führen,,
daß "etwa sich ein Meister unterstehen sollte und wider die Ord-
nung mit den Ochßschlägen handelte, solte vor das Mittel ein
Achtel Biehr und in die Armenkasse 3 rtl. erlegen und sein
komender Schlag vorbeygehen" (April 1776). Unter dem 26.5.
1798 findet sich eine Regelung der Meisterrechtsgebühren: Ein
Fremder hatte 13 rtl. 2 sgr. und ein Achtel Bier in natura, ein
Meisterssohn oder ein Fremder, der eine Meisterswitwe heiratet,
6 rtl. 20 sgr. und ein halbes Achtel Bier zu zahlen. Davon erhielt
der Herr Kommissarius 20, die Ältesten 8, der Schreiber 4 sgr.
Der Rest von 12 rtl. im einen, 5 rtl. 18 sgr. im anderen Fall ver-
blieb der Lade; "und jeder angehender Meister zahlet zu denen
Grund-Stücken dermahlen 12 rtl. 28 sgr." - Laut Beschluß vom
3.10.1803 hatte derjenige Meister, der außer seiner Meisterbank
sich noch eine zweite dazu kaufte, 4 rtl. vom Kaufgelde zur Lade
zu bezahlen, weil er "bei seinem Meisterwerden nur so viel als für
eine Banke von denen Grundstücken zu fordern habe, folglich von
der zweiten Banke kein Recht habe". - Schwierig wurde die
Lösung der Frage "über das Eigenthum der im Hypotheckenbuche
von Lüben Band XIV Nr. 1 und 8 auf den Namen des hiesigen
Fleischergewerks resp. die Fleischer-Innung eingetragenen dagegen
aber im Besitz der Fleischbankgrundstücksbesitzer nr. 2-5 8-23
von Lüben befindlichen Grundstücke" (4.8.1869). Diese Frage
war brennend geworden, als das Mittel sich mit der Stadtkom-
mune über den Verkauf der Fleischerwiesen (cf. S. 284 f.) zum |