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innungen der vier Städte schon 1552 darüber805), daß fast in allen
Dörfern Störer säßen, obwohl man gelegentlich einzelne habe
bestrafen lassen, "aber es will doch khein vfhoren habenn, vnnd
werden schier je länger je mehr". Auch mit den Kürschnern gab
es Streit, der durch Eingreifen der Regierung geschlichtet
wurde806). Es handelte sich um das Füttern getragener Kleidung,
das nach längeren Verhandlungen durch fürstliche Entscheidung
vom 20. Juli 1601 den Schneidern zugestanden wurde; eine
weitere Entscheidung vom 30. Juli 1601 untersagte ihnen jedoch,
ganze Kleider mit Pelzwerk zu besetzen, und dies Verbot wurde
am 15. September 1601 ausdrücklich auf Pelze, Schauben, Juppen,
Mützen u. dergl. ausgedehnt.
Am 17. November 1605 erhielten die vier Innungen neue
Zunftprivilegien und erneute Zusicherung des Schutzes gegenüber
den Dorfschneidern. Übertretungen sollten mit einer Strafe von
10 Schock Groschen für die schuldige Herrschaft und von Gefäng-
nishaft für den betr. Schneider geahndet werden. Aber der
Mißstand blieb; noch in der preußischen Zeit kämpften die Lübener
Schneider fruchtlos gegen den Wettbewerb ihrer Kollegen auf den
Dörfern, die nur für Bauer- und Flickarbeit konzessiert waren,
aber nicht für bessere Arbeit. Endlich griff die Lübener Innung
zu einem Radikalmittel, sie setzte 1803 durch, daß die Dorfschneider
- in Oberau 7, in Großkrichen 5 usw. - zwangsweise der Zunft
einverleibt wurden. Als 1810 der Zunftzwang fiel, stieg die Zahl
der "Patenschneider" rasch; 1821 waren es bereits 9. Sie be-
durften einer Konzession, durften aber keine Gesellen halten. Die
neuere Entwicklung der Innung gestaltete sich ähnlich wie bei den
anderen Gewerken. Im Jahre 1852 wurde den Schneidern,
Kürschnern und Handschuhmachern ein gemeinsames Innungs-
statut verliehen; am 12. Januar 1880, am 31. August 1885 und
am 1. April 1899 folgten abgeänderte Statuten, 1910 wurde die
Innung zur Zwangsinnung umgestaltet. Sie unterhält eine
Fachschule.
5. Die Kürschnerinnung erhielt ihre Handwerks-
artikel 1498 mit den üblichen Bestimmungen und Abgrenzungen.
Über die Auseinandersetzungen zwischen den Kürschnern und
Schneidern ist bereits bei der Schneiderinnung das Erforderliche
bemerkt. Am 21. Mai 1649 wurden den Kürschnern der vier
Fürstentumstädte Lüben, Haynau, Goldberg und Parchwitz von
Georg Rudolph neue Privilegien verliehen, u. a. wurde bestimmt,
daß das Meisterstück darin bestehen sollte: 250 graue Kanin und
3 Schaffelle einfleschen, zurichten, ausarbeiten, zuschneiden usw.,
aus dem Kanin eine "Kirschen"*, 10 Ellen weit und 2 1/2 Ellen
lang, aus den Schaffellen einen Mannespelz machen. - Herzog
* Kürschen: mittelalterlicher Pelzumhang H. T.
805 Staatsarchiv Rep. 28 VIII 3 r.
806 Staatsarchiv, Jauersche Manuskripte XIII. |
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Ludwig bestätigte das Privileg unter Vorbehalt späterer Abände-
rungen am 10. August 1655. Die Kürschnerinnung zählte 1732
noch 10 Mitglieder, ging aber allmählich sehr zurück. In neuerer
Zeit wurden die Kürschner mit den Schneidern in einer Innung
vereinigt.
6. Die Schmiede, Schlosser und Schwertfeger
erhielten Georgi (23. April) 1555 neue Zunftartikel, die aber auf
einem älteren Privileg von 1455 ruhten. Neben den üblichen
Bestimmungen über das Lehrlings- und Gesellenwesen und
andere Handwerksgebräuche findet sich hier das Verbot, die Ver-
handlungen des Mittels andern zu verraten, sich gegenseitig aus-
zukaufen und das Gesinde abzuhalten. Über die weitere Ent-
wicklung fehlen Nachrichten. Im Jahre 1732 zählte die Zunft
5 Hufschmiede und 4 Schlosser, 1801: 4 Hufschmiede, 2 Nagel-
schmiede, 1 Zirkelschmied, 1 Nadler und die Schlosser. In neuerer
Zeit wurden durch das Statut vom 4. Februar 1852 die Schmiede,
Schlosser, Büchsenmacher und Klempner in einer Feuerarbeiter-
innung zusammengefaßt, die am 11. Mai 1885 neue Innungs-
artikel erhielt. Sie wurde 1899 aufgelöst, aber 1901 neu be-
gründet und bestätigt, um 1905 abermals der Auflösung zu ver-
fallen, da eine Zwangsinnung für Schlosser, Klempner und
Maschinenbauer geplant war. Infolgedessen trat am 11. Mai
1905 die Schmiedezwangsinnung ins Leben, welche 1909 eine
Fachschule errichtete, nachdem vom Staat und der Handwerks-
kammer die nötigen Zuschüsse geleistet worden waren. Der durch-
schnittliche Besuch der Schule beträgt 30 Schüler.
7. Die Rot- und Lohgerber erhielten mit andern
Zünften am Sonntag nach Bartholomäi 1498 ihre Zunftartikel,
durch welche zugleich, wie bereits angegeben, die Grenzlinien
zwischen ihnen und den Schuhmachern gezogen wurden. Zu ihrem
Handwerk durften die Gerber das Wasser der Bache benutzen, in
die sie auch die Abwässer leiten durften. Für etwaigen Schaden,
der dadurch der Fischerei entstand, hatten sie aufzukommen. Die
von ihnen benutzte Lohmühle in Mallmitz war Eigentum des
Landesherrn und war 1487 gegen einen jährlichen Zins von
3 Schock Groschen von der Herzogin Katharina den Gerbern über-
lassen worden. Bei dem Dreidinge 1614 rieten die Kommissare
zu einer Neuverleihung der Mühle an das Gewerk und zum
Einbau zweier Gänge einer Mehlmühle, da die Lohestampfe wenig
benutzt würde. Die Gerber fänden kaum noch einen Mann, der
ordentlich stampfen könnte und müßten zumeist die Lohe kaufen.
Des öfteren kamen die Gerber den Färbern ins Gehege, da sie
diesen mit dem Einweichen und Waschen der Felle das Wasser
verunreinigten. Georg Rudolph bestätigte am 25. Mai bezw.
25. November 1617 aufs neue die Gerberprivilegien. Die Lübener
Meister konnten im allgemeinen ihrem Handwerk unbehelligt |