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nachgehen, nur einmal - 1675 - mußten sie sich gegen das
unberechtigte Gerben der Schuhmacher wehren807), die auch das
Verbot des Lederhandels vom 11. Juli 1669 nicht beachteten. Die
Innung hatte 1732 7 Mitglieder. Die Zahl stieg in der preußi-
schen Zeit nur unwesentlich, 1803 waren 8 Meister vorhanden,
die 4 Gesellen beschäftigten. Immerhin war die Gerberei nicht
belanglos, wie die Statistik der Jahre 1788-1803 ergibt808):
Jahr |
Verarbeit. Felle |
Wert rtl |
Produktions-kosten rtl |
|
Jahr |
Verarbeit. Felle |
Wert rtl |
Produktions-kosten rtl |
[Zahlen siehe Originaltext oben!]
Die Lübener Gerber exportierten zum Teil nach Polen. Trotz-
dem vermochte sich die Gerberei in Lüben nicht zu behaupten, sie
ging nach Erlaß der Gewerbefreiheit rasch zu Grunde.
8. Am Pfingstabende 1590 (9. Juni) wurde die Einzelne
Handwerkszunft privilegiert. Sie gehörte zu denjenigen
Zechen, welche verschiedene Handwerke umschlossen. Ihr Privileg
ging im Dreißigjährigen Kriege verloren, infolgedessen erhielt sie
vom Rate am 1. August 1659 neue Artikel. Sie umfaßte Tischler,
Glaser, Büttner, Rademacher, Töpfer und Schwarzfärber. Für
die einzelnen Kategorien wurden besondere Bestimmungen über
das Lehrlings- und Gesellenwesen getroffen, wie überhaupt die
Verschiedenartigkeit der Gewerke allerlei Spezialanweisungen er-
forderlich machte. Dem Glaser wurde eine Ratsbaude ver-
mietet. In der preußischen Zeit finden wir die Glaser in der
Herrenzeche inkorporiert; im Jahre 1757 wurden sie aufgefordert,
sich an den Arbeiten in Breslau zu beteiligen, wo bei dem Auf-
fliegen des Pulverturms großer Schaden an den Fenstern ange-
richtet worden war. - Die Tischler erhielten am 22. Septem-
ber 1683 eigene Innungsartikel809), sie bildeten hinfort eine Zunft
für sich; 1732 finden wir sie wieder in der Einzelnen Zunft, 1787
abermals gesondert. Auch die Maurer machten sich selbständig;
seit dem 1. März 1620 waren sie mit den Meistern in Raudten,
Auras, später auch mit denen in Parchwitz in einer Zunft ver-
807 Staatsarchiv Rep. 28 F. L. VIII 3 i.
808 Stadtarchiv Acta specialia vom Zustande der Fabriken bei der
Stadt Lüben Vol. I 1773-1810.
809 Nach andrer Angabe 28.3.1684. |
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einigt. Die Töpfer separierten sich 1744, ohne indes durch
die eigene Innung zu größerer Blüte zu gelangen. Ihr Meister-
stück bestand in der Anfertigung eines Topfes, der eine Elle hoch
sein mußte. Hauptsächlich beschäftigten sie sich aber mit dem Setzen
von Öfen. Ihre Tongruben lagen in der Nähe der Mallmitzer
Jänkerei. Für die Benutzung der dortigen Lehmlager zahlten
sie einen Zins von 3 fl. 36 kr. an die Stadt. Als 1845 diese
Gruben geschlossen wurden, erhielten die Töpfer das Recht, den
Lehm aus der Stadtheide zu entnehmen. - Im Jahre 1732 zählte
man in der Stadt 8 Maurer, 8 Tischler, 5 Büttner, 3 Töpfer,
1 Rademacher, 1 Stellmacher. - Die alte "Einzelne Handwerks-
zunft" fand in neuerer Zeit ihre Fortsetzung in der Zunft der
Stellmacher, Böttcher, Korbmacher, Drechsler, Töpfer, Glaser,
welche am 3. September 1853 ihr Statut erhielt. Neue Statuten
wurden 1885 und 1899 erlassen, und 1906 entstand eine Zwangs-
innung für Drechsler, Holzbildhauer und Graveure für die Kreise
Liegnitz, Bunzlau, Goldberg-Haynau, Lüben, Jauer, Bolkenhayn.
Im Jahre 1907 wurden die Töpfer und Ofensetzer für
den gleichen Bezirk zunftmäßig organisiert. Die Maurer,
Zimmerleute, Schiefer- und Ziegeldecker, Schornsteinfeger,
Mühlen- und Brunnenbauer erhielten am 16. Mai 1853 ein be-
sonderes Innungsstatut. Die Innung löste sich 1885 auf. Auch
die Tischlerinnung blieb für sich und machte seit dem
Erlaß des Innungsstatuts vom August 1852 die mancherlei Wand-
lungen durch, welche die wechselnde Stellung der Staatsregie-
rung mit sich brachte: Revidiertes Statut vom 9. September 1885,
freie Innung seit 1. April 1899, Zwangsinnung seit 1912. Gleich-
artig war die Entwicklung der Müllerinnung: Die alten
Innungsartikel vom Januar 1852, Revidiertes Statut vom
7. September 1885, Freie Innung seit 1. April 1899, Zwangs-
innung seit 1908.
9. Die alte Marienbruderschaft von 1353, im Jahre 1510 für
die cives literati neu begründet, erlebte in der evangelischen
Zeit eine Auferstehung in der "Gemeinen- oder Kretsch-
mer-Zeche", welche Friedrich III. im Jahre 1549 privilegierte.
Zu ihr sollten die Honoratioren gehören, aber sie nahm auch eine
Reihe von Handwerksmeistern auf, die anderweitig nicht unter-
zubringen waren. Vielleicht lag es an der Verschiedenheit der
in ihr gesammelten Elemente, daß die Zeche nicht recht florierte.
Sie wurde am 12. März 1711 als Kretschmer- oder Herrenzeche810)
neu begründet, um in ihrem Schoße vorwiegend die gebildeteren
Gewerbetreibenden aufzunehmen, deren Handwerk eine gewisse
Kunst erforderte: Kaufleute, Apotheker, Maler, Bildhauer, Bar-
810 Die jetzige Herrenzeche wurde 1594 begründet und ist im nächsten
Abschnitt behandelt. Vermutlich hat später eine Verschmelzung beider
Zechen stattgefunden unter dem Namen "Herrenzeche". |