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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 400/401
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Die starken Schwankungen der Tabelle erklären sich zum Teil
daraus, daß 1757 die Stadt abgebrannt war und erst allmählich
wieder erstand. Für die Zeit von 1766 bis 1810 läßt sich vor-
stehende Übersicht Seite 399 aufstellen.
Die Übersicht läßt erkennen, daß die Tuchmacherei sehr
schwankende Erträge abwarf; der Verdienst des Meisters betrug
im Durchschnitt 100 bis 120 rtl., falls die Jahresproduktion auch
wirklich abgesetzt ward. Das war jedoch nicht immer der Fall.
Der Zollring mit Österreich, Polen und Sachsen lähmte oft die
Ausfuhr; 1789 wurden nach Leipzig nur 396 Stück, 1790: 649
ausgeführt, 1791 nach Sachsen: 2290, 1792: 1394 Stück. Der
Tuchhandel lag seit 1761 in den Händen der Tuchhändler Andreas
Arnold, der nach Frankfurt a. O., Hamburg, Braunschweig und
Bayern handelte, und Gottlieb Schneider, der die Meister in
Frankfurt, Bremen und Leipzig besuchte. - Die Tuchmacher
waren aber auch von dem Preise der Wolle abhängig, der großen
Schwankungen unterlag. Er sank gelegentlich unter 5 rtl., stieg
aber oft auf 8 rtl.; so blieb das Risiko immer groß, und die Nei-
gung, die Produktion zu steigern, gering. Dazu kam, daß das
Tuchmachermittel durch den Neubau des 1757 abgebrannten Zech-
hauses in Schulden geraten war. Man war daher sogar geneigt,
1763 die Schönfärberei vor dem Steinauer Tor an den Färber
Benjamin Zeuschner aus Poln. Lissa zu verkaufen. Der Verkauf
wurde am 1. September 1763 perfekt. Der neue Besitzer mußte
sich aber von vornherein gegen den unlautren Wettbewerb der
Schwarzfärberwitwe Ammerbacher wehren. Er erstritt auch bei
der Kammer ein obsiegendes Urteil, da die vom Herzog Ludwig
am 3. Februar 1659 für die Schwarz- und Schönfärber des
Fürstentums erlassenen Zunftartikel den ersteren ausdrücklich das
Färben ganzwollener Stücke verboten und nur für leinene und
halbwollene Waren zugestanden.
Die Regierung suchte im Textilgewerbe nicht bloß die Pro-
duktion zu heben, sondern auch die Qualität zu bessern. Sie schuf
daher lokale und privinzielle Kontrollinstanzen und bestellte In-
spektoren und Revisoren. Trotzdem wollten die Klagen über
schlechte Arbeit besonders in den kleinen Städten nicht verstum-
men. Als im Jahre 1755 Tuchmacher aus Lüben, Bunzlau, Gold-
berg und Löwenberg zum ersten Male die Margaretenmesse in
Frankfurt a. O. besuchten, konnten sie von 240 Stück nur
180 verkaufen, weil die Appretur mangelhaft war. Im Jahre
1776 revidierte der Oberrevisor Eichholz den Lübener Betrieb
und stellte fest, daß Tuche, welche nach Petersburg bestimmt
waren, obwohl vom Schauamte approbiert, um 3 bis 5 Ellen zu
kurz und nicht frei von Kürschner- und Sterblingswolle waren.
Erneut wurde der Versuch gemacht, durch Einführung der
Kniestreicherarbeit bessere Tuchsorten zu erzielen. In Lüben be-
gann der Tuchmacher Hermann 1765 eine "feine Tuchfabrik".
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Graf Schabrendorf gewährte ihm 50 rtl. "Douceur" und 150 rtl.
Vorschuß auf vier Jahre zu einem Farbkessel. Drei Dragoner,
die aus der Umgegend von Aachen stammten, traten bei Hermann
als Gesellen ein. Der Minister bewilligte für sie drei große


Rückkehr der Dragoner von der Felddienstübung



holländische Räder und Weifen, ließ eine Stube für eine Spinn-
schule mieten und wies für 3 Lehrkinder im Spinnen und Knie-
streichen je 5 rtl. Lehrgeld an. Durch diese Vergünstigungen be-
wogen, begannen noch zwei andre Meister, Richter und Förster