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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 164/165
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Es gelang ihm, Eggers wegen eines mit dem Ratmann Liebig
bezüglich der Kirchvaterstelle aufgerichteten Kontrakts zu belangen.
Ersterer wurde daraufhin zu einer Geldstrafe von 100 rtl. ver-
urteilt, die aber vom Oberamte auf 50 rtl. herabgesetzt wurde.
Anscheinend wegen einer neuen Kompetenzüberschreitung verfielen
Eggers und Liebig noch in demselben Jahre einer neuen Strafe.
Diesmal sollten sie 200 rtl. zahlen, doch wurde auch hier der Be-
trag auf die Hälfte ermäßigt. Die Strafgelder wurden zum Aus-
bau der katholischen Schloßkapelle verwendet. Eggers verlor wegen
dieser Vorfälle den Kirchvaterposten. Derselbe wurde dem Rat-
mann Liebig übertragen, obwohl dieser seines hohen Alters wegen
ablehnte. Vergeblich petitionierten die eingepfarrten Herrschaften
und die Bürgerschaft, daß die Verwaltung des Kirchenvermögens
erneut dem Eggers übertragen würde. Das einzige, was erreicht
wurde, war, daß Zacchäus Kretschmer dem Liebig als Gehilfe bei-
gegeben wurde.
Noch nach Jahren war Eggers für die kaiserliche Regierung
die bestgehaßte Persönlichkeit in Lüben. Am Matthiastage des
Jahres 1727 hatte er, ohne sich etwas Arges dabei zu denken, durch
seinen Knecht Bauholz aus der Stadtheide holen lassen. Wegen
dieser Feiertagsentheiligung wurde ihm eine Strafe von 50 fl.
zudiktiert. Er appellierte an das Oberamt, mußte es aber erleben,
daß er von dort nicht bloß scharf verwarnt wurde, künftig der-
artige Ärgernisse zu unterlassen, sondern obendrein wegen seines
frivolen Rekurses an das Amt mit einer vierzehntägigen Haftstrafe
belegt wurde. Man zitierte ihn nach Liegnitz und setzte ihn dort
in dem sogenannten schwarzen Saal in Arrest. Auf Grund eines
ärztlichen Attestes wurde er zwar nach vier Tagen entlassen, mußte
aber den Rest der Strafe zuhause absitzen und hatte den Wacht-
posten, der vor sein Haus gestellt wurde, selbst zu beköstigen und
zu bezahlen.
Die evangelischen Geistlichen, welche im Winter 1707 ihr Amt
in Lüben antraten, waren von vornherein in wenig beneidens-
werter Lage. Sie fanden kein Obdach und konnten nur mit Mühe
und Not zu ihrer Besoldung gelangen. Noch im Sommer 1708
warteten sie auf die Zahlung der vom Rentamt zu leistenden
Dezembezüge und Silberzinsen. Der Rentschreiber erklärte, ohne
spezielle Anweisung des Kammeradministrators Grafen Sedlnitzky
die betreffenden Bezüge nicht verabfolgen zu können. Diese scheint
bald darauf ergangen zu sein. Im Pfarrhofe machte Avian erst
Anfang März 1708 Platz. Die Diakonatsgebäude waren verfallen
und konnten nicht bezogen werden. Infolgedessen mußten die
neuberufenen Geistlichen sich in der Stadt Stuben mieten. Die
Stadt billigte ihnen dafür eine Entschädigung zu. Es zeigte sich
bald, daß die Diakonatshäuser nicht mehr zu reparieren waren,
sondern abgebrochen werden mußten, daß aber auch das Primariat
einer umfassenden Reparatur bedurfte. Als man dem Rentamte
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die Sache vortrug, erhielt man den Bescheid, ohne speziellen kaiser-
lichen Befehl könnten keine Reparaturkosten gezahlt werden. Nun
begannen die Verhandlungen, die sich darum außerordentlich in
die Länge zogen, weil die Regierung sich ihrer Patronatsbaupflicht
zu entziehen suchte, um desto mehr für die katholische Gemeinde
tun zu können, welche Kirche und Pfarrhaus benötigte. Für das
Primariat wußte Eggers Rat zu schaffen, er ließ es 1711 aus den
Mitteln der Kirchkasse in Stand setzen. Der Neubau der Diakonats-
häuser war nur durch einen von der Regierung erzwungenen
Kompromiß zu erreichen. Am 9. Januar 1714 wurde zwischen der
Stadt und der Regierung ein Vertrag geschlossen, durch welchen
sich jene verpflichtete, die Errichtung und Instandhaltung des
katholischen Pfarrhauses zu übernehmen, während diese ihre Bau-
pflicht bezüglich der evangelischen kirchlichen Gebäude anerkannte
und die Errichtung der Diakonatshäuser zusicherte. Am 30. Mai
1714 erging der Befehl des Grafen Sedlnitzky, die "Kapellan-
häuser" einzureißen und an ihrer Stelle neue zu erbauen. Jedes
sollte 30 Ellen lang und 11 Ellen breit werden und zwei Stuben,
"eine Kuchel" und vier Kammern erhalten.
Die Erregung der Gemüter, die durch die Auseinandersetzungs-
Verhandlungen mit ihren Ärgernissen und Verdrießlichkeiten neue
Nahrung empfing, mochte allmählich nachlassen. Man richtete sich
notgedrungen miteinander ein. Aber die kaiserliche Verwaltung
brachte es durch kleine Chikanen der Evangelischen immer wieder
zum Bewußtsein, daß sie in religiöser Hinsicht Untertanen zweiter
Klasse waren. Wie schon erwähnt, war es für die Lübener Pastoren
von Anfang an mit Schwierigkeiten verknüpft, die ihnen zustehen-
den fiskalischen Bezüge zu erhalten. Der Rentschreiber behauptete,
für die jedesmalige Zahlungsleistung einer speziellen Anweisung
zu bedürfen. Infolgedessen stockten die Zahlungen unaufhörlich,
und die Reklamationen nahmen kein Ende. Am 23. März 1723
erging das Edikt der schlesischen Kammer, daß "jeder neu antre-
tende Prädikant sich zur Erlangung seines Gehalts zuvor bei der
Kammer zu legitimieren habe". Trotzdem erhielt der am 23. März
1729 vozierte Pastor Deutschmann seine Gehaltsbezüge erst 1731
angewiesen. Mitunter mußten die Geistlichen für Vergehen
büßen, an denen sie kaum beteiligt waren. Als der Pastor Schu-
bart am 26. Juni 1723 starb und seine Hinterlassenschaft vom
Amte versiegelt wurde, brach der Magistrat aus unbekannten
Gründen das Siegel. Für diese "unzulässige Violenz" mußte
"gebührende Satisfaktion" geschehen. Bis zur endgültigen Ent-
scheidung sperrte die Regierung nicht bloß bereits angewiesene
Reparaturkosten, sondern auch die Gehälter der "protestantischen
Wortsdiener". Nachdem die Diakonen Gebauer und Kirstein
"demüttig inständigen Fleißes angeflehet und gebetten", wurde
der Arrest nach einiger Zeit aufgehoben.
Der Diakonus Kirstein gehörte übrigens auch zu den Per-