In einem Artikel über "Kirchenerweiterungen" im Zentralblatt der Bauverwaltung aus dem Jahr 1915 wird gezeigt und beschrieben, wie die Erweiterung geplant war:
"Besonders beachtenswert als seitliche Erweiterung ist die, welche für die katholische Kirche in Lüben, Regierungsbezirk Liegnitz, entworfen war, aber nicht zur Ausführung gekommen ist. (Abb. 33-37) An Stelle der eigenartigen Anlage, die sich ergeben hätte, ist auf einem städtebaulich gleichgültigen Platze der Stadt ein schematischer Neubau entstanden.
Die kleine alte Pfarrkirche war in der Mitte des 14. Jahrhunderts als Burgkapelle gegründet worden. Sie liegt durch einen Graben von der Stadt getrennt, in deren Südosten auf einer Hochplatte und war zur Verteidigung eingerichtet. Schießscharten am Turm und der aus Abb. 33 und 34 ersichtliche Wehrgang an der Westfront lassen dies heute noch erkennen.
Im 18. Jahrhundert wurde die Kapelle nach Osten hin verlängert und geputzt. Mitte des 19. Jahrhunderts hat sie, namentlich am Turme, einige Veränderungen erfahren. Auf der Südseite fällt die Höhe, an deren Rande die Kirche steht, steil ab. Der Hang sollte für die Erweiterung in der aus den Abbildungen ersichtlichen Weise ausgenutzt werden. Durch ein 5,60 m breites südliches Seitenschiff ist nach dem Entwurfe die Grundfläche der Kirche auf nahezu die doppelte Größe gebracht, so daß sich 338 Sitzplätze und 160 Stehplätze ergeben haben.
An der Ostseite des Seitenschiffes ist Platz für einen Marienaltar gewonnen, zu dessen Seiten Standbilder der heiligen Hedwig und Barbara aufgestellt werden sollten (Abb. 37), deren Schutz die Kirche befohlen ist.
An der Westseite führt eine Treppe zur Orgelbühne; unter ihr steht ein Beichtstuhl, vor ihr der Taufstein. Zur Erzielung von Windschutz ist in der Längenachse der alten Kirche an der Westfront ein Vorbau angeordnet, und von ihm führt eine Treppe hinab nach einem gruftartigen Raume (in Abb. 35 gestrichelt angedeutet), in dem das heilige Grab aufgebaut werden sollte.
Das Seitenschiff ist mit flachem Dache versehen, dessen Brustwehr die Formen der für Schlesien im ausgehenden Mittelalter bezeichnenden Schwalbenschwanz-Zinnen zeigt. Das alte wehrhafte Gepräge des Baues klingt in diesem dankbaren Motive nach. Östlich lehnt sich an das Seitenschiff eine neue, von Osten her zugängliche Sakristei an. Während am Äußeren des Erweiterungsbaues die gotischen Formen des Altbaues aufgenommen sind, paßt sich das Innere dem nachmittelalterlichen Ausbau des Kirchengebäudes an. Die Kosten der Erweiterung waren im Jahre 1901 auf rund 30.000 Mark veranschlagt.
Zentralblatt der Bauverwaltung Nr. 95, Berlin 27. November 1915, S. 625"
Zumindest ist es interessant zu lesen, welche Überlegungen die Bauherren sich gemacht haben. Warum die Stadt sich für den Neubau einer katholischen Kirche in der Liegnitzer Straße entschied, kann man nur vermuten. Heidi T.