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einbarten Etat zu halten. Nach demselben hatten die Garnison-
orte Obdach, Holz und Licht zu liefern, während die Rationen
(Hafer, Häcksel, Heu, Stroh) und Portionen (2 Pfd. Brot und
1/2 Pfd. Fleisch pro Mann und Tag) von den Landständen beschafft
werden mußten. Im Sommer 1742 erhielt der Magistrat von
der Glogauer Kammer den Bescheid, daß Abteilungen des Drago-
ner-Regiments Graf Nassau in Lüben Standquartier erhalten
würden, und daß für geeignete Wohnungen und bequeme Stal-
lungen gesorgt werden müßte. Der Magistrat bat flehentlich,
"die fast völlig enervierte Bürgerschaft soviel nur möglich mit
einer überhaufften Einquartierung zu verschonen", und setzte es
auch durch, daß der Stadt vorerst diese Last erspart blieb. Die
Freude war verfrüht; denn im November rückte Oberst von
Stechau mit 2 Kompagnien und dem Unterstab in Lüben ein.
Abermals erhoben die Stadtväter ein großes Lamento und
petitionierten unermüdlich bald um Beihilfen zu den Servis-
geldern, bald um Verringerung des Truppenkontingents, bald
um Zurückziehung aller Truppen. Diesmal blieben die Be-
mühungen vergeblich; im folgenden Winter wurde sogar noch eine
dritte Kompagnie des Regiments nach Lüben verlegt.
Der zweite schlesische Krieg bereitete jedoch der Einquar-
tierung ein schnelles Ende. Nach dem Friedensschlusse trat Lüben
endgültig in die Reihen der "bequartierten" Städte. Am 14.1.
1746 erhielt der Magistrat den Bescheid, daß 2 Schwadronen des
2. Dragoner-Regiments Prinz Louis von Württemberg nebst
dem Stabe der Stadt als ständige Garnison zugewiesen wären.
Am 22. Februar rückten die Truppen in der Stadt ein: 11 Offi-
ziere, der Unterstab, 305 Gemeine, 49 Weiber, 318 Pferde. Darauf
war die Bürgerschaft allerdings nicht vorbereitet. Um die unwill-
kommenen Gäste einigermaßen unterbringen zu können, quartierte
der Landrat von Schweinitz eine Schwadron in Altstadt, Mallmitz
und Samitz ein. Trotzdem mußten manche Bürger vier Soldaten
oder eine Soldatenfamilie mit Weib und Kindern aufnehmen,
sodaß die Quartiergeber selbst mit ungeheizten Kammern vorlieb
nehmen mußten. Die Unzuträglichkeiten häuften sich. Die
Soldatenfrauen beanspruchten für ihre persönlichen Bedürfnisse
Licht und Holz gleich den Männern und gerieten darüber mit
den Bürgerfrauen in erbitterten Streit, der gelegentlich in Tät-
lichkeiten ausartete. Die Offiziere suchten sich nach eigenem Gut-
dünken Quartier. Generalmajor von Schwerin, der General des
Regiments, wollte das ihm angebotene Stadthaus nicht nehmen,
sondern verlangte das dem früheren Bürgermeister von Lepin
gehörige Haus768). Kapitän von Manstein gedachte den Stadt-
sekretär Steinbeck kurzerhand auf die Straße zu setzen, um sich
dadurch ein Unterkommen zu schaffen. Die Einwände der Magi-
768 Das Stadthaus befand sich am Ring; das Lepinsche Haus
Polkwitzer Straße 16. |
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stratsmitglieder wurden nicht beachtet oder mit Grobheiten be-
antwortet; dem Stadtdirektor wurden sogar Prügel angeboten.
"Die Herren Officiers wollen sich an kein reglement binden",
klagten die verzweifelten Ratsherren. Kein Wunder, daß man
über die neuen Gäste wenig erbaut war, und ängstliche Gemüter
den sicheren Ruin der Stadt vor Augen sahen. Der Magistrat
bat die Kammer, sie möchte Untergang und Bankrott der Bürger-
schaft verhindern; die Bewohner der drei Quartierdürfer wandten
sich an den König mit der Bitte um Abnahme der drückenden
Last. Daraufhin erging am 9.1.1747 die Kabinettsorder, durch
welche die Verlegung der zweiten Schwadron nach Bunzlau und
Löwenberg verfügt wurde. Nachdem so die größte Schwierigkeit
beseitigt und die Übergangszeit mit ihren unvermeidlichen Miß-
ständen überwunden war, richtete man sich allgemach miteinander
ein. Die Hauptwache wurde in das Rathaus verlegt, ein Ordon-
nanzhaus für die Rekruten und ein Lazarett ward hergerichtet.
Nach und nach merkte man, daß der Bürgerschaft mancher Ver-
dienst durch die Garnison zugewandt wurde. Die Hausbesitzer,
die Professionisten u. a. kamen auf ihre Rechnung. Nach dem
Servisreglement vom 27.7.1742 wurden die unter der Accise
befindlichen Einwohner des Garnisonorts in bestimmte Servis-
klassen geteilt, welche verschieden abgestufte Beiträge zur Servis-
kasse zu zahlen hatten. Aus dieser erhielten die "bequartierten"
Bürger monatlich für den "beweibten" Mann 12 gr., für den
"unbeweibten" 8 gr. Dafür war Obdach und Schlafstätte, Holz
und Licht zu liefern. Für das Pferd erhielt der Quartiergeber
6 gr. Offiziere erhielten Quartiergeld nach feststehenden Sätzen
und hatten alles Nötige selbst zu beschaffen.
Aus der Geschichte der alten 2. Dragoner sei folgendes nach-
getragen: Kurfürst Friedrich III. übernahm am 14./24. April 1689
eine von Anspach zum Kriege gegen Frankreich errichtete Kom-
pagnie Dragoner und im gleichen Jahre zwei von Nürnberg
gestellte Kompagnien, eine vierte warb Oberst von Heyden. Aus
diesen vier Kompagnien wurde ein Dragoner-Regiment gebildet,
dessen Führung Markgraf Georg Friedrich von Anspach erhielt,
und das die Stammnummer 3 führte, da das Brandenburgische
Heer bereits zwei Dragoner-Regimenter zählte. Letztere wurden
unter Friedrich Wilhelm I. in Kürassier-Regimenter umgewandelt.
Infolgedessen erhielt das Dragoner-Regiment Anspach die Stamm-
nummer 1. Kommandeur war 1713 Oberst du Voyne. Im Jahre
1718 wurde es auf 5 Schwadronen zu 2 Kompagnien verstärkt769).
Im folgenden Jahre wurde Oberst du Voyne zum Generalleut-
nant befördert und gab daher die Führung des Regiments an
769 Die Dragoner galten als berittene Infanterie; ein Dragoner-
Regiment bildete abgesessen ein Bataillon zu 10 Kompagnien, beritten
war es in 5 Schwadronen formiert. Friedrich der Große verwendete
die Dragoner fast ausschließlich als Kavallierie. |