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Konrad Klose, Geschichte der Stadt Lüben, Verlag Kühn Lüben, 1924, S. 434/435
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Die Organisation der Gilde war einfach; an der Spitze stan-
den zwei Älteste, 1680: Heinrich Rother und Daniel Breither; von
da ab sind die Namen nahezu lückenlos vorhanden. Wer sich zur
Bruderschaft meldete, mußte das Bürgerrecht haben und ein Ein-
trittsgeld zahlen, das für Einheimische 1 rtl. 4 sgr., seit 1762: 2 rtl.
8 sgr., bei Fremden seit 1779: 4 rtl. 12 sgr. betrug. Beim Königs-
schießen bildeten die Schützen Tischgenossenschaften. Am Königs-
tische saßen die Honoratioren der Gilde, 1680 zählt der I. Tisch 10,
II. 14, III. 12, IV. 13 Genossen, also im Ganzen 49. Die neue
Schützenordnung vom 1. Juni 1756 wurde erlassen, "da bey
hiesiger Schützenbruderschaft durch die bishero gehabten, theils
dunkeln, theils auf jetzige Umstände nicht mehr applicable Articul
allerhand Irrungen und Widerwärtigkeiten entstanden seien". Sie
blieb bis zum 15. Juni 1865 in Kraft und wurde von da ab durch
ein neues Statut ersetzt, welches die Gilde einem Vorstande von
7 Personen unterstellte. An der Spitze stand ein Oberältester und
ein Nebenältester. Am 15. März 1887 folgte eine abermalige
Abänderung, und seit dem 7. April 1913 das jetzt geltende Statut,
welches die Verfassung den modernen Anforderungen und recht-
lichen Bestimmungen anpaßte. Wurde 1745 die Zahl der Schützen-
brüder auf 36, 1756 auf 50 beschränkt, so besteht jetzt keinerlei
Einschränkung mehr, doch weiß die Gilde durch Ballotage unge-
eignete Elemente fernzuhalten.
Der Schützenkönig zahlte keine Quartalsgroschen, erhielt seit
1675 das Kleinod von 8 rtl. und von der Stadt mit dem Neben-
könig 10 Klaftern Holz. Gegenwärtig bezieht der König ein
praemium von ca. 100 Mark. Nach einer Rekognition vom
12. Juni 1606 sollte der, welcher König oder Marschall wurde,
schuldig sein, drei Jahre bei der Gilde zu bleiben.
Die Schützen pflegten im allgemeinen ihre Übungen unter
freiem Himmel zu halten, das Vogelschießen vor den Toren, das
Büchsenschießen im Stadtgraben. Später errichtete man zum
Schutze während des Schießens besondere Schieß- und Ladehäuser,
laubenartige Hütten, aus denen auch bei schlechtem Wetter ge-
schossen werden konnte. In Lüben war ein Schießhaus schon im
17. Jahrhundert vorhanden. Im Mai 1687 ward "das neue
Gebäude an dem Schützenhause erbaut, zu dem Ende, daß die
Herren vom Rathe, Herren Schützen-Commissarien und andere
privat Personen ihre Bequämigkeit und lust daran haben können."
Das Schießhaus war gemeinsamer Besitz der Stadt und der Gilde,
jede von beiden besaß einen Flügel. Gleichzeitig mit dem Schützen-
hause wurde auch "ein neu Schüßhäuslein aufgesetzt" und die
bisher fehlende Schießmauer errichtet. Die Stadt gewährte zu
letzterer einen Beitrag von 8 rtl. Weniger freigebig war sie 1680
gewesen, als ein heftiger Sturm die Vogelstange umgebrochen
hatte, so daß sie von Grund aus erneuert werden mußte. Der
Rat plante sogar, das ganze Bogenschießen abzuschaffen, weil es
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außer in Goldberg und Lüben nirgends mehr Brauch wäre,
schließlich gewährte er das erforderliche Holz zu zwei Dritteln
unentgeltlich. Zur Deckung der sonstigen Kosten wurden 30 Schil-
der von dem alten Schützenpacem versilbert. Im Jahre 1834
schlossen Stadt und Gilde einen Vertrag, nach welchem die Kosten
der Reparaturen für die Schießbahn gemeinsam getragen werden
sollten. Der Stadt fielen die Einnahmen aus dem Paschtisch und
Schanklokal, der Schützengilde die Gebühren für Freischießen zu.
Von alters her besaß die Bruderschaft wertvolle Kleinode; in
einem Verzeichnis von 1693 werden 8 silberne Schilde bezw.
Medaillen, 39 geschliffene Gläser, 7 zinnerne Becher erwähnt. Im
Jahre 1703 ließ die Gilde einen alten silbernen Pokal "weilen
solcher alt und sehr eingebogen auch nicht mehr brauchbar ge-
wesen", mit einer Anzahl alter Münzen im Gesamtgewicht von
41 Lot Silber einschmelzen und daraus einen neuen, größeren
Pokal anfertigen. Es ist wohl derselbe, welcher 1870 gestohlen
wurde. Bei dem großen Stadtbrande von 1757 gingen fast alle
Habseligkeiten der Schützen zugrunde, vielleicht auch die alte
Fahne, welche am 13. Juni 1699 in Gebrauch genommen wurde.
Sie war "von blümerant farben feinem Taffend, in der Mitten
in ein Oval gemahlet vergolter doppelter Schwarzter Adler mit
der Umbschrift: Principis Vita, Patriae Custodia, auf der
anderen seiten das gantze Stadt Wappen mit der Umbschrift:
Aemula Majorum, Patrum est in Semine Virtus. Die Fahne
kostete 26 rtl. 8 sgr., der Betrag wurde durch freiwillige Beiträge
gedeckt. Im Jahre 1841 schenkte Friedrich Wilhelm IV. eine neue
Fahne, welche die Gilde noch heute benutzt. Ein Vierteljahrhundert
später fand die Schießhausfrage ihre Lösung. Die Gilde hat 1842
mehrere Parzellen für 805 rtl. zur Abrundung des Schießhaus-
platzes erworben und 1850 gärtnerische Anlagen geschaffen. Im
Jahre 1857 mietete sie den städtischen Anteil des Schießhauses
(Spannhaus, Herrenstube, Keller, Eingang nebst Treppe nach dem
oberen Stockwerk). Ehe der Mietsvertrag 1866 ablief, eröffnete
der Magistrat Verhandlungen über den Verkauf des ganzen Ge-
bäudes. Anfänglich wollte er es selbst erwerben, sah aber davon
ab, und der Schießhauspächter Hünten kaufte das Anwesen für
6000 rtl.
Das Tun und Treiben der Schützenbrüder in alter Zeit
beleuchtet hin und wieder ein Streiflicht aus dem urkundlichen
Material. Da fehlte im Jahre 1692 der "Bogner", der bisherige
war gestorben; Anwärter für den Posten fanden sich nicht, endlich
erklärte sich der Seiler Aisch bereit, Sehnen zu machen; 1694
wollte der hohen Malzpreise wegen niemand das Schützenbier
brauen; man half sich damit, daß man den Bierpreis erhöhte. Die
Geldknappheit brachte es mit sich, daß auch die Schützen sich ein-
schränken mußten; "zur erleuchterung des Königs Unkosten",
schaffte man "die Pläzl und Ringel" ab, die bisher der König