Allerlei Zeitdokumente 1940
Assessor Willy Sauer beklagt sich bei seinen Eltern über das "Kaff Lüben"!!
1940 Herbert Tiersch














Absender:
Willy Sauer, Assessor, Lüben (Schles.), Dragonerstr. 9 bei Klose*

An: Familie Oberlehrer Theodor Sauer, Bamberg, Theuerstadt 3a


Meine Lieben! Lüben (Schles.), 25.10.1940
Eher bin ich nicht mehr zum Schreiben gekommen, ich war durch Vorstellung, Wohnungssuche und Umzug, Verdunklung, Zahn- und Kopfweh richtig verhindert. Zunächst also ein erster Stichwortbericht: Neben mir 2 Amtsgerichtsräte und 1 Assessor, 1 Amtsgerichtsrat nur für Entschuldungssachen, ich also nicht allein. Nach mündlicher Mitteilung bin ich nur zunächst hier, über meine andere Hälfte wird noch entschieden (vermutlich Entschuldungen, Amt Liegnitz). Die Arbeiten sind unverschämt weit zurück, da der tätige tüchtige Amtsgerichtsrat (abgeordnet aus dem Rheinbund!) auch erst seit 7 Monaten hier ist. Die Büroverhältnisse gehen an (im neuen viel besser, weil viel größer). Mit Zimmer ist es sehr schlecht (viel Militär, Industrie usw.), ich habe gleich das nächste passende Zimmer (klein, großer Kachelofen, anscheinend freundliche Leute [Schneidermeisterswitwe mit Mutter, Mann erst vor 8 Wochen gestorben]) genommen. Kosten das Zimmer ... RM, + Heizung und Beleuchtung. Zweifellos teuer für das jämmerliche Kaff sind die Verpflegungsverhältnisse auch hier schlechter als bei uns.
Weiterer eingehender Bericht mit Beschreibung der ins Kaff zu schickenden Sachen folgt vielleicht heute abend! Die Lage erscheint trostlos, ich glaube, doch von der Justiz wegzugehen. Aber ich warte natürlich noch einige Zeit! Länger als bis Weihnachten möchte ich nicht bleiben. Herzlichste Grüße Euer Willy

* Lübener Heimatblatt 20/1962:

Nachruf für Schneidermeisterswitwe Erna Klose im Lübener Heimatblatt 20/1962

* Assessor Willy Sauer kannte also auch die Tochter der Kloses,
Gundel Klose, die Schulkameradin und Freundin meiner Mutter war!


Familie Oberlehrer Theo Sauer
Bamberg/Oberfranken
Theuerstadt 3a I




27.11.1940
Liebe Mama! Liebe Emmi!
Heute habe ich mittags das liebe Päckchen daheim vorgefunden mit Nachthemd, Lampe, Brot, Äpfeln. Recht herzlichen Dank für die sehr schnelle Übersendung dieser Sachen, die ich sehr gut brauchen kann. Es hat zwar fast eine Woche bei der Post gedauert von Bamberg bis hierher, aber das dürfte die normale Zeit sein!
Von Papa habe ich aus Erlangen 1 Karte und einen langen herzlichen Brief bekommen. Ich hoffe, daß nach den operativen Eingriffen die Heilung und endgültige Gesundung recht schnell vor sich geht, damit um Weihnachten alles vorbei ist. Hat Papa schon eine Zeit mitgeteilt bekommen fürs Nachhausefahren?
Gestern war ich zum Karpfenessen abends beim Stabsleiter der Kreisbauernschaft (mit 2 Kollegen). Es war wieder sehr gut und unerhört viel, die 3 Karpfen waren herrlich: Karpfen bleu mit zerlassener Butter.
Am Montag war ich im Kino (Traummusik mit Gigli, unbedeutend).
Eine gewisse Eingewöhnung liegt also bei mir vor!
Am nächsten Dienstag muß ich schon früh 7 h wieder einmal hier zur Musterung, hoffentlich packen mich die Preußen nicht gleich!
Herzlichste Grüße und auf baldiges Wiedersehen
Euer Willi


Dank für die beiden Karten an Tomasz Mastalski!