Zoe Droysen in "Meine liebe Heimat Du"
Zoe Droysens Italien-Tagebuch von 1904/05














Auszüge aus Zoe Droysens Veröffentlichungen in "Meine liebe Heimat Du"
den Jahrbüchern für die Stadt- und Landkreise des Riesen- und Isergebirges


Jahrbuch 1957, S. 43-46, Unsere Riesengebirgsblumen

"...Dann schaute ich in die Felsen hinunter und es verschlug mir den Atem: Im Spätnachmittagslicht, das schräg ins Gestein fiel und es rötete, blühte und glühte die Primula minima, das Habmichlieb als ein dichter Teppich. Er deckte lieblich die Starre der Felsen. Die kleinen Blumen verschwendeten sich in einer ungeheuren Fülle. Hinter ihr, jenseits der Gruben wellten die grünen Waldhänge der Berge, und nochmals hinter ihnen breitete sich das schlesische Land: Blau, bunt, fruchtbar, bis es im Sommerdunst fern mit dem Horizont zusammenschmolz.

Es gibt Augenblicke im Leben, in denen man meint, das Glück müsse einen fast zersprengen. So war mir zumute, als ich an jenem Johannistag 1941 über dem Blütenwunder in den Schneegruben stand. Und ich wußte, diese Wanderung war Erfüllung jahrelanger Blumensehnsucht geworden. Vielleicht hätte ich das noch tiefer empfunden, wenn ich geahnt hätte, daß mir hier das gütige Geschick ein Abschiedsgeschenk gegeben hatte, an das ich noch heute nach mehr als 10 Jahren dankbar zurückdenke."


Jahrbuch 1959, S. 32-35, Die Herrin von Buchwald

"Wir alle haben wohl zumindest einmal vor dem schönen Brunnendenkmal auf dem Kirchplatz von Wang gestanden, das König Friedrich Wilhelm IV. der Gräfin Reden "in unverwelklicher Liebe, Anerkennung und Dankbarkeit" 1856 errichtet hat. Und wir haben uns von der Inschrift das Wesentliche aus dem Leben dieser Frau erzählen lassen.

Doch neben der Ansiedlung der Zillertaler, dem Aufbau der Kirche Wang, neben dem Rettungshaus in Schreiberhau, der Bibelgesellschaft und der Neuherausgabe der "Hirschberger Bibel", von dem allem uns die Inschrift berichtet, hat Johanne Juliane Friederike, Gräfin von Reden, geb. Freiin von Riedesel, sich noch auf vielerlei Art für ihre Mitmenschen eingesetzt. Den schlesischen Bergleuten, deren Oberberghauptmann ihr Gatte gewesen war, den schwer notleidenden Spinnern und Webern, den Evangelischen jenseits des Riesengebirgskammes, genannt die "Böhmischen Brüder", war sie "eine Zuflucht für Rat und Hilfe" und im tiefsten Sinne des Wortes stets eine "Mutter der Armen", wo immer sie ihnen begegnete..."


Jahrbuch 1959, S. 36-38, Ein Blatt aus der Geschichte Goldbergs

"...Als die Goldberger sahen, was für einen tüchtigen Mann sie da im Lande hatten, baten sie ihn, das Rektoramt an ihrer Lateinschule zu übernehmen. Er willigte ein. Mit einer vierjährigen Unterbrechung hat er dieses Amt von 1523 bis zu seinem Tode verwaltet, man darf wohl sagen, an der Anstalt regiert. Denn eine feste Hand, eine genaue Schulordnung waren nötig, um das Ziel zu erreichen, das er sich gesteckt hatte...

An den Schulen der Reformationszeit war es üblich, Schüler als Helfer heranzubilden. Valtentin Trotzdendorf griff diese Sitte auf und baute sie vorbildlich aus. Vor allem gründete er eine regelrechte Schulrepublik nach klassischem Muster, in der es streng zuging. Keinem Zögling sicherte eine hohe Geburt, der adelige Stand irgendein Vorrecht zu, die Ausländer konnten sich nicht etwa auf die Gesetze ihres Landes berufen. Wer in die Anstalt eintrat, mußte sich zu unbedingtem Gehorsam verpflichten. Um nun die Disziplin zu sichern, ernannte Trotzdendorf etliche Schüler zu "Ökonomen", die für Ordnung sowohl in den Stuben wie im ganzen Haus zu sorgen hatten. Den "Tischordnern" lag es ob, die Aufsicht beim Tischdecken zu führen und während der Mahlzeiten auf Anstand und Mäßigkeit zu achten. Die "Studienaufseher" wachten über das Studium der Kameraden. Und endlich gab's ein Schulgericht. Von ihm wurde abgeurteilt und bestraft (auch hier betätigten sich teils Schüler), wer sich in der Stadt vor den Bürgern in schlechter Haltung gezeigt, unmanierlich aufgeführt oder randaliert hatte. Die adeligen und bürgerlichen Zöglinge mußten sich vor dem Gericht verantworten wegen ihrer Händel und Raufereien. Ebenso auch jene, die deutsch anstatt lateinisch gesprochen hatten. Denn das Latein war nicht nur Studiensprache, sondern auch für den Alltag angeordnet, die Gerichtsverhandlungen, die Verteidigungsreden sollten lateinisch geführt werden, und selbst auf dem Hof beim Spielen durfte kein deutsches Wort fallen..."


Jahrbuch 1960, S. 45/46: Bilderbuchblatt - I. Vollmondnacht im Riesengebirge

"Groß und rot ist der Mond über dem Schmiedeberger Kamm aufgegangen. Langsam ist er höher gestiegen, hat sich aus dem Erdendunst gelöst und die Glanzlosigkeit verloren. Die hat fast unheimlich über der verdämmernden Landschaft gedroht. Nun zieht er blank und klar durch den dunklen Äther. Schweigend breitet sich die Erde unter das Mondlicht. Nur der Wind geht sacht, wie ein ruhiger Atem, durch die Nacht. Und sehr fern ist das Rauschen der Wildwasser in den Tälern vor dem Gebirge zu hören, als sänge eine leise Stimme ein Wiegenlied.

Der Kamm hat sich aus wuchtigen Massen zu flimmernder Zartheit verwandelt. Seine Linien schimmern, sie sind mit silbernem Stift gegen den Himmel gezeichnet. Die Schrunsen und Kanten sind nicht mehr zu sehen, ebensowenig Täler und Schluchten, die am Tage das Gebirge zu schöner Formung gliederten. Jetzt ist es ein Traum seiner selbst. Auch das Land vor den Bergen, tagsüber bunt und mannigfaltig, ist im Dunst verschwunden. Die Lichter in den Wohnungen der Menschen sind erloschen. Nebel und Schimmer decken Dörfer und Städte mitsamt allen Bewohnern..."


Jahrbuch 1961, S. 96-98: Wenn einer eine Reise tut...

"Wenn einer eine Reise tut, kann er nicht nur hernach Freunden und Nachbarn seine Erlebnisse berichten, er wird, falls er vorsorglich ist, sich selbst vorher gern berichten lassen, wie er seinen Plan am besten und praktischsten ausführen kann. Heutzutage benutzt der Reiselustige den Bädeker oder eines der anderen guten Reisehandbücher. Sie alle hatten schon zur Zeit der Urgroßeltern etliche Vorfahren, die mit Rat und Erfahrungen aufwarteten. So berät beispielsweise ein "Reisehandbuch für Jedermann" aus dem Jahre 1837 alle jene, die Lust verspürten, als "Pilgrime" durch das Riesengebirge zu wandern. Blättern wir ein wenig in dem umfangreichen Büchlein!

Da heißt es: In den schlesischen Gebirgsstädten und Orten zu Schmiedeberg, Landeshut, Hirschberg, Warmbrunn und Flinsberg kann der Reisende oft mit der Bequemlichkeit der besseren Gasthöfe in Deutschland bedient werden, und wenn er zwei oder drei Tage im Gebirge bloß von Haferbrot; Käse, Butter und Milch gelebt hat und nur zum besonderen Labsal etwa einmal einen Eierkuchen oder Forellen gefunden hat, dabei zugleich jede Nacht regelmäßig auf dem Heu geschlafen hat, kann er sich danach am Fuße des Gebirges an einem mit Fleisch und anderen Gerichten besetzten Tisch, bei einer Bouteille guten Weins und in einem reinlichen Bette ganz nach seinen Wünschen erquicken und zu neuen Unternehmungen im Innern der Berge stärken und vorbereiten. Denn obgleich alle Bauden oder einzelne Wohnstätten mehr oder weniger zu kurzer Herberge für genügsame Reisende geeignet sind, verdient unter der Menge von 2500 Bauden, welche im Gebirge zerstreut liegen, bei genauer Prüfung in der Tat nur eine kleine Anzahl die Benennung wirklicher Herbergen. Das sind die an den gangbarsten Fußwegen gelegenen, nämlich die Wiesenbaude, die Hampelbaude am Seifenberge, die alte Schlesische oder Hallmannsbaude und etwa noch die Hofbaude. Dazu kann man noch die mehrsten Schulzen-, Förster- und Müllerwohnungen in den höherliegenden Dörfern rechnen, die sich einigermaßen den Wirtshäusern kleinerer Dörfer nähern. Die Kretschams sind in mehr besuchten Gegenden Böhmens und Schlesiens leidlich, in weniger befahrenen Örtern zum Teil sehr schlecht. Es ist also auf alle Fälle rätlich, daß man sich für eine Gebirgsreise mit einem hinlänglichen Vorrat von Lebensbedürfnissen, als etwas Weißbrot., Kaffee, Zucker und Schokolade, kalten Braten, Schinken oder geräucherter Zunge, gutem Wein oder Punschessenz versehe, um auf keine Weise mangels angemessener oder gewohnter Nahrung in Verlegenheit zu kommen..."


Jahrbuch 1962, S. 55-58, Die schlesische Webernot im Schmiedeberger Tal

"In den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts hatten die schlesischen Weber und Spinner viel Not auszustehen. Gräfin Friederike von Reden auf Gut Buchwald im Schmiedeberger Tal, der "Engel des Riesengebirges" - so genannt wegen ihrer, stets wachen Hilfsbereitschaft - hatte diesen Jammer täglich dicht vor der eigenen Tür: Denn von ihren "Unterthanen" in den Dörfern Buchwald und Quirl waren etliche Spinner oder Weber. Die Armut der Leute wurde noch vergrößert durch Mißernten infolge dürrer Sommer, durch Unwetter und strenge Winter, in denen die "Ertoffeln" erfroren. Aus eigenen Beobachtungen konnte die Gräfin sagen "Beim. Spinnen haben die Leute beinahe gar keinen Verdienst, und das ist doch der meisten jetzige Lebensfristung." ... "Manche Familie kann nur 3 Silbergroschen in der Woche beim Spinnen erzielen, keine Betten, man sammelt die herabtröpfelnden Schlichten in den Fabriken um Suppe daraus zu kochen." Darum "seufzte" die warmherzige Frau "viel für ihre Armen", ließ es aber dabei nicht bewenden. Gegen den wachsenden Hunger richtete sie in Buchwald eine Suppenküche ein und organisierte Kartoffelverkäufe zu ermäßigten Preisen..."


Jahrbuch 1964, S. 52-54, Am Gebirgshang - Ein Riesengebirgs-Märchen

"Eines Tages stiegen Arbeiter aus dem Tal herauf zu der Wiese am Gebirge. Der Morgen war klar, er versprach anhaltend gutes Wetter, und der Sonnenschein lag blank auf Gras und Blumen, auf Wald und Bergen, die sich einer hinter dem andern weithin dehnten, ein stattlicher Gebirgsstock. Die große Stille hing fast greifbar in der herben Luft. Das Vogelgezwitscher, das Summen der Insekten, das Sausen des Windes in den Wipfeln, das Rauschen der Bäche, die nah und fern von den Hängen niederrannen, vermochten sie nicht zu zerbrechen. Selbst der grelle und hohe Ruf der Raubvögel, die ihre Kreise über den Gipfeln zogen, verstärkte noch ihre Unzerstörbarkeit. So wars hier gewesen seit eh und je.

Nun aber sollte es anders werden: Denn die Männer trugen allerlei Geräte mit sich. Sie fingen zu graben an, machten sich auch ans Fällen etlicher Bäume, und die Arbeitsgeräusche klangen weithin. Hier sollte ein Häuschen erstehen, Heim für Menschen, für mancherlei Getier. Und weil die Arbeiter rüstig drauflos schafften, hoben sich bald die Grundmauern aus dem Boden..."


Jahrbuch 1965, S. 26-27, Eine kleine Geschichte

"...Nur eine ganz kleine Geschichte sei noch erzählt. In einem Brief der Gräfin an eine Nichte schreibt sie: "Denke dir, was mir heute begegnet ist. Ich sitze in meinem Stuhl in der großen Stube am Tisch, da kommt eine Maus ganz langsam aus dem Kabinett gekrochen, setzt sich vor mich hin als wollte sie mich ansehen, fällt um; und ist tot! Sie sagen alle, sie sei verhungert, denn Gift war nicht gestreut. Sie hatte in den Stuben nichts zu essen gefunden. - Es war mir ordentlich schwer, daß jemand in meinem Hause verhungerte!" So schrieb die Frau, die von Königen und Fürsten aufgesucht wurde, ebenso von den einfachen Landleuten und Gebirgsbewohnern, und die sich den Ehrennamen "der Engel des Riesengebirges" nicht zu Unrecht erworben hatte. Sie starb, achtzigjährig, im Jahre 1854."

Jahrbuch 1965, S. 44-46, Feriensommer bei der Josefinenhütte

"Als Kind habe ich einmal die Sommerferien mit meinen Angehörigen in dem stillen Waldwinkel bei der Josefinenhütte verlebt. Wir wohnten im Beamtenhaus das mit der einfachen steinernen Bauart unaufdringlich an dem großen Platz stand, dem gegenüber die Glashütte zu sehen war. In wenigen Schritten waren wir über die Zackenbrücke bei der Hütte, und guckten fast täglich den Glasbläsern zu. Hochmütig sahen wir auf die Fremden, die sich neben uns, oft in Scharen, in dem kleinen, freigegebenen Hüttenteil an der Tür drängten. Sie waren nur "Sommerfrischler" für uns, während wir uns durchaus hergehörig fühlten: Kannten wir doch viele der Glasbläser mit Namen und wußten dies und das von ihnen. Und sie hatten von meinem Vater erklärt, er sei ein "so gemeiner Mann", weil er sich gern hin und wieder mit ihnen unterhielt, also "gemein machte". Dies war durchaus anerkennend gesagt worden, wir nahmen es befriedigt dafür an..."


Jahrbuch 1966, S. 18-20, Am kleinen Teich

"Von den Fenstern unseres Hauses dicht unter der Kirche Wang sah man nicht nur weit nach Osten und Nordosten hinaus in das Schmiedeberger und Hirschberger Tal, sondern ebenso nach Süden hinüber zum Riesengebirgskamm mit den Forstbauden, dem Eulengrund, dem Silberkamm und der Schneekoppe. Vor den Koppenabhang schob sich für unsere Sicht das Gehänge. Doch reckten wir die Hälse, so erwischten wir gerade noch ein Stück der Felswand hinter dem Kleinen Teich. Ja, der, Kleine Teich. - Der Blick nach der Schneekoppe löste in dem Kind die Sehnsucht, denn nur selten wurde dort hinauf gestiegen. Mit dem Kleinen Teich war es jedoch anders: Er war mühelos in verhältnismäßig kurzer Zeit zu erreichen, hatte auch für noch kürzere Beine keinerlei Schwierigkeiten zu bewältigen. Darum wars immer von neuem eine Freude, wenn es hieß: 'Heute gehen wir zum Kleinen Teich!'..."


Jahrbuch 1967, S. 70-72, Sommer über den Bergen

"Wir, die wir unsere Riesengebirgssommer noch voll miterlebten, werden wohl auch heute noch gerne an sie zurückdenken. Darum laßt mich ein wenig von ihnen plaudern: Ich hatte das Glück, während meiner Kindheit durch Jahre hin in den großen Ferien in das Haus einzukehren, das sich meine Eltern in den 90er Jahren unter der Kirche Wang gebaut hatten.

Im Juli 1897 habe ich dort in unserem Hause das große Hochwasser miterlebt. Tagelang hatte es ununterbrochen geregnet, tagelang hatte der Nebel dicht vor den Fenstern gestanden. Er hatte das Nachbarhaus aufgeschluckt, kein Laut drang von dort zu uns herüber. Unten auf der in den Felsen gehauenen Kellertreppe rieselten die Quellen, mußten wir ins Dorf, patschten wir durch Seen und Bäche auf der Landstraße. Und das Hausfaktotum, der alte Vatel Schmidt, schüttelte bedenklich den Kopf. Dann kam die Nacht vom 29. auf den 30. Juli. Niemand im Haus war schlafen gegangen, stumm hockten wir zusammen in der Stube. Wir horchten auf ein unheimliches, dumpfes Rollen und Murren. "Das sind die Felsblöcke, die die Lomnitz mit sich zu Tal führt", erklärten die Erwachsenen. Wie aber war das möglich? Niemals noch hatten wir die Lomnitz hier bei uns unter der Kirche Wang gehört, floß sie doch am andern Dorfende unter dem Gebirge. Jetzt hielt das Murren und Grollen durch Stunden an ohne sich zu mindern, während zwar der Regen aufgehört hatte, der Nebel aber nicht vor den Fenstern wich. Erst am andern Morgen war er verschwunden. Der Tag war strahlend, das Gebirge in seiner größten Herrlichkeit. Aber unten bei Zillertal waren die grünen Wiesen weiß mit Gestein vermurt - das hatte die Lomnitz getan! In Schmiedeberg hatte die Eglitz noch schlimmer gewütet, immer neue schlechte Nachrichten wurden gebracht. Brücken waren fort, etliche Häuser eingerissen worden! Und oben im Gebirge hatte ein Bergrutsch die Bergschmiedenbaude versehrt..."


Jahrbuch 1967, S. 74-77, Ein schlesischer Landwirt

"Es ist wohl wenig bekannt, daß einer der großen Generäle der Freiheitskriege 1813/15, August Neithardt von Gneisenau, durch Jahre hin in Schlesien - sozusagen im Nebenberuf - Landwirt war. Der junge und talentierte Offizier hatte gehofft, als er aus ansbachischen in preußische Dienste übertrat, von König Friedrich II. nach Potsdam in den neuen Generalstab berufen zu werden. Doch er fand sich alsbald im Städtchen Löwenberg in Garnison. Das einförmige Leben in der kleinen Stadt sagte ihm wenig zu. Hatte er doch in Bayreuth in einem angeregten Kreis gelebt, war auch bereits länger in Amerika gewesen und hatte die Welt gesehen. Er machte das Beste aus den gegebenen Verhältnissen, studierte, dichtete, las. Als er nach zehn Jahren nach Jauer versetzt wurde, heiratete er. Sein Haus war bald der schöngeistige Mittelpunkt der Geselligkeit.

Damals kaufte seine Frau das ehemals väterliche Gut Mittel-Kauffung bei Jauer. Gneisenau schrieb darüber an einen Freund: "Meine Frau hat ... ein ansehnliches Gut gekauft, das sofern Gott gut Wetter und tiefen Frieden schenkt, mich zum wohlhabenden Manne machen soll, indem keine Rubrik ist, die nicht zu verbessern stände. Allein diese neue Erwerbung fordert zugleich auch meine Tätigkeit. Das landwirtschaftliche Fach ist mir ganz fremd, und will ich nicht den alten Schlendrian walten lassen, so muß ich nun vom Ackerkatechismus an bis zur neuen Ackerbautheorie alles studieren, und mich um den Rat verständiger Ökonomen bemühen." Doch obgleich er diese Studien mit der ihm eigenen Energie aufnahm, waren die Zeiten nicht dazu geeignet, das neu erworbene Gut vorwärts zu bringen. Auch mußte Gneisenau schon 1805 gegen Napoleon ausrücken..."