Türkische Gastschüler am Lübener Gymnasium
Abitur-Jahrgang 1930 Abitur-Jahrgang 1931














Saip Develi (1910-?)

Am Lübener Gymnasium lernten um 1930 auch ausländische Schüler, vor allem um Deutsch zu lernen. Auf zwei Klassenfotos der Abitur-Jahrgänge 1930 und 1931 entdeckte ich den türkischen Schüler Saip Develi. Von seinen Mitschülern wurde er - nach dem Begründer und ersten Präsidenten der Republik Türkei - liebevoll Atatürk genannt.

Wahrscheinlich war die Zeit seines Aufenthalts in Lüben zu kurz, um dauerhafte Freundschaften zu knüpfen. Jedenfalls gibt es nur eine schriftliche Erinnerung von Leo Beyl an ihn: "Hierbei darf nicht der Türke Saip Develi unerwähnt bleiben. Er hatte zwar sein Abi bereits in der Heimat bestanden, gehörte aber unserer Klasse ein Jahr an, um Deutsch zu lernen und am Unterricht teilzunehmen. Studienrat Dr. Weisker brachte ihm in kurzer Zeit ein einwandfreies Deutsch bei. Nach unserem Abitur studierte er an der TH Berlin und kehrte als Diplom-Ingenieur in seine Heimat zurück. Kemal Pascha, General und erster Präsident der Türkischen Republik, von seinen Landsleuten stolz Atatürk - Vater der Türken genannt -, schuf aus der orientalischen Türkei einen modernen Staat westlicher Prägung.

Um bald zum Ziel zu gelangen, schickte er ins damalige Deutsche Reich tausend Studenten der Ingenieurwissenschaften und der Medizin. Nach Frankreich sandte er die künftigen Lehrer, nach Italien und England die Wirtschaftsfachleute. Auf meine Frage, weshalb Atatürk nur Ärzte und Ingenieure in Deutschland ausbilden läßt, antwortete Saip: Ihr seid dumm. Er meinte nicht Dummheit in unserem Sinne, sondern daß wir nicht genug geschäftstüchtig und gerissen seien. Als gläubiger Moslem aß er kein Schweinefleisch und -fett und trank keinen Alkohol. Seine Wirtin, die Witwe eines Arztes, die später unseren eingefleischten Junggesellen Zassel (Dr. Krusche) heiratete, berücksichtigte seine Eßgewohnheiten. Einen Gebetsteppich hatte er sich auch mitgebracht. Täglich verrichtete er auf ihm die vom Koran vorgeschriebenen Gebete. Er legte den Teppich nach Südosten, weil in dieser Richtung Mekka lag."

Saip Develi (1910-?)

Saip Develi (1910-?)

Eine Freude und Überraschung war für mich die Kurzbiografie und das Foto von ihm auf einer türkischsprachigen Website. Nun suche ich jemanden, der aufgrund seiner Türkisch-Kenntnisse in der Lage ist, weiter zu recherchieren. Welche Informationen über Saip Develi gibt es außerdem? Wer kann Kontakt zu möglichen Nachfahren vermitteln?

Abitur-Jahrgang 1930 mit Klassenlehrer Dr. Treblin im März 1929

Saip Develi auf einem Schulausflug 1929

Abitur-Jahrgang 1931 mit Lehrer Dr. Weisker im Sommer 1931

Saip Develi mit seiner Klasse im Sommer 1930


Es muss außer ihm mindestens noch zwei türkische Gastschüler in Lüben gegeben haben! Ich fand sie auf der Website der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Inzwischen sind die Seiten dort leider nicht mehr vorhanden.

Süleyman Sencer wurde am 29.1.1912 in Kurşunlu (Türkei) geboren. Sein Vater war Kaufmann. Das Abitur erwarb Süleyman Sencer im Jahr 1932 am Knaben-Lyzeum Kastamonu (Türkei). Ein Stipendium der türkischen Regierung ermöglichte ihm, 1932/33 am Gymnasium Lüben (Schlesien) die deutsche Sprache zu erlernen. Ab Wintersemester 1933/34 studierte er an den Universitäten Berlin und Leipzig Mathematik, Physik und Astronomie. Promotion am 23.6.1938. Dissertation am 26.8.1938: Axiomatische Theorie der Rauminhalte an der Uni Leipzig, bei van der Waerden. Nach einer Information von Prof. Dr. Y. Okyay Alpaut starb er im Jahre 1947.

Dank an Alp Eden, emeritierter Professor der Mathematik, der im Jahr 2021 das genaue Todesdatum von Süleyman Sencer ergänzte : Dr. Süleyman Sencer, Außerordentlicher Professor der Mathematik, starb am 1.6.1947. Außerdem schlägt er vor zu erwähnen, dass Dr. Süleyman Sencer assoziierter Professor der Mathematischen Fakultät der Universität Ankara war und Ph.D. war.

Hasan Aral wurde am 25.3.1913 in Konya (Türkei) geboren. Sein Vater Memis Aral war Postbeamter. 1933 erwarb Hasan Aral in Konya das Abitur. Ein Stipendium der türkischen Regierung ermöglichte ihm, 1934 an der Oberschule Lüben (Schlesien) die deutsche Sprache zu erlernen. Ab Wintersemester 1934/35 studierte er zwei Semester an der Universität Göttingen, danach 7 Semester an der Universität München. Dissertation am 17.7.1939: Simultane diophantische Approximation in imaginären quadratischen Zahlkörpern (Universität München, bei Oskar Perron). Promotion am 1.9.1939. Quellen: UA München, Naturwiss. Fakten, S. 282.

Leider gibt es von Hasan Aral und Süleyman Sencer keine Fotos aus ihrer Lübener Zeit, auch weil noch viele Abiturjahrgänge ohne Klassenbilder auf meinen Seiten vertreten sind. Bitte schauen Sie in Ihren Alben und Schatztruhen nach, ob Sie die fehlenden Bilder veröffentlichen lassen können. Daneben wäre es wunderbar, wenn jemand meine Recherchen auf Türkisch fortsetzen könnte und wir so weitere Informationen auch über Hasan Aral und Süleyman Sencer erlangten. E-Mail-Kontakt über Gästebuch möglich!