In Meyers Konversationslexikon von 1888 werden folgende Informationen über das damalige Leobschütz gegeben:
"Leobschütz (Lubczyce), Kreisstadt im preußischen Regierungsbezirk Oppeln, an der Zinna. Knotenpunkt der Linien Ratibor-Leobschütz und Deutsch-Rasselwitz-Jägerndorf der Preußischen Staatsbahn. 278m ü. M., ist teilweise noch mit Mauern umgeben, hat 3 katholische und eine evangelische Kirche, eine Synagoge, ein Gymnasium, ein Amtsgericht, ein neues Rathaus, ein öffentliches Schlachthaus, 3 große Mälzereien, 3 bedeutende Wollknüpffabriken, Wirkereien, Lein- und Damastweberei, Maschinen-, Mineralwasser- und Glasfabrikation, 4 Dampfmühlen, eine Dampfbäckerei, 4 Bierbrauereien, besuchte Wochen- und Jahr- sowie besondere Getreidemärkte und (1885) mit Garnison (einer Eskadron Husaren Nr. 6) 12.239 meist katholische Einwohner..."
Andere interessante Einzelheiten aus der Geschichte Leobschützs zur Zeit um Konstantin Mochs Kindheit habe ich in dem Buch des Leobschützer Autors Ferdinand Troska "Geschichte der Stadt Leobschütz" (Druck und Verlag W. Witke) von 1892 gelesen, von ihrer ersten Erwähnung in einer Urkunde aus dem Jahr 1107 bis ins letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Die Wandlung des Stadtnamens von Glubcicih über Hlubcicih, Hlubtschice in ein deutsches Lubschicz, Lipschitz und schließlich Leobschütz wird erklärt. Die Bedeutung wird vom tschechischen "hlub", also etwa "Tiefenort", abgeleitet. Immer wieder wurden Kriege um die Stadt geführt. Mit der Reformation begannen auch die religiösen Auseinandersetzungen. Gewürdigt werden die Leistungen der Leobschützer unter der französischen Besatzung in den Jahren um 1807 und beim Wiederaufbau Preußens nach 1813. 1812 erhielten die Juden das preußische Staatsbürgerrecht und 62 von ihnen siedelten sich in der Stadt an.
Der Verfasser formuliert den Gedanken der preußischen Erziehung, die auch Konstantin Moch noch genossen hat: "Ein Grundgedanke der grossen Reform bestand darin, dass sämtlichen Unterthanen ein vorher nur beschränkt vorhandenes persönliches Interesse an dem Wohle des Staates, ein klarer und gesunder Patriotismus eingeflösst wurde." Er schreibt tatsächlich "eingeflösst wurde". Aber mir scheint das Wort treffend. Die Identifizierung des "Unterthanen" mit seinem "Vaterland" funktionierte noch nach Jahren perfekt. Und weil Propaganda allein nicht diese Übereinstimmung erzeugen kann, bedeutet der Patriotismus der schlesischen Unterthanen auch, dass sie sich in Preußen geachtet und wohlgefühlt haben müssen.
"Zu dem Feldzuge von 1870 rückte die hiesige Schwadron [...] am 19. Juli aus. Die bald genug eintreffenden Siegesnachrichten, die jedesmal vom Rathause verlesen wurden, besonders die von Sedan, wurden von den Leobschützern mit patriotischem Jubel aufgenommen. [...] Als im Jahre 1881 die Absicht der Militärbehörde bekannt wurde, das Husarenregiment Nr. 6 in eine Stadt zusammenzulegen, erbot sich auch Leobschütz, um seine Garnison nicht zu verlieren, zur Aufnahme des ganzen Regiments." In den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts hat Leobschütz die politischen Kämpfe der Zeit mitgemacht, wirtschaftlich einen großen Aufschwung genommen, das Stadtbild hat sich weiterentwickelt. Eine Chaussee führte neuerdings auch durch Badewitz. Seit 1865 gab es eine Straßenbeleuchtung mit Gas. Zwei Wollmanufakturen beschäftigten jeweils mehrere Tausende Personen, meist in Heimarbeit in der Stadt und den umliegenden Dörfern.
In der Stadt wurden mehrere Zeitungen herausgegeben: Die "Leobschützer Zeitung" (parteilos), das "Leobschützer Tageblatt" (konservativ), eine Regionalausgabe der "Oberschlesischen Volkszeitung" (Centrumspartei). "Sozialdemokratische Agitation, wie sie in mehreren Orten des Kreises lebhaft betrieben wird, hat sich in Leobschütz selbst noch so gut wie gar nicht bemerkbar gemacht." Nach Angaben des Verfassers gab es ein reiches Vereinsleben in der Stadt. Dazu gehörten Schützengilde, Feuerwehr, Kriegerverein ("zur Pflege patriotischen Sinnes unter den ehemaligen Militärs"), Turnvereine, Radfahrer-Club, Gesangsvereine, Philomatie ("im Dienste der Wissenschaft"), pädagogischer Verein, Stenographenverein, Gewerbeverein, Kaufmännischer Verein, Handwerkerverein, Obst- und Gartenbauverein, katholischer Gesellenverein, evangelischer Männer- und Jünglingsverein, ein Verschönerungsverein (u.a. für den Erhalt der Promenadenanlagen), Wohlthätigkeitsverein, Sparkasse und ein Allgemeiner Begräbnisverein mit 956 Mitgliedern u.a.
Berühmt waren die vier Leobschützer Marktplätze verschiedener geometrischer Form: dreieckiger Ring, rechteckiger Rossmarkt, viereckiger Sperlingsring und langgestreckter Töpfermarkt sowie die reich geschmückte Mariensäule vor dem Rathaus.