  
     
     
       
     
     
   
    
     
     
        
     
     
    
  | 
 
 
    | 
 Sonntag Abend 25.2.45
 Meine inniggeliebte Mama!
 In der Hoffnung, daß Du von mir
 inzwischen Post erhalten hast, will
 ich auch heute wieder mit paar
 Zeilen an Dich denken. Wie gerne
 brächte ich Dir Grüße persönlich,
 aber leider. Ich will Dir nur
 kurz den heutigen Sonntag
 schildern. Wir liegen noch immer
 in Streckenbach. Um ½ 6 Uhr ist
 Wecken, dann Kaffeeholen. Hier-
 bei lösen wir (Herr Klingner
 und Herr Holluch, letzterer ist der
 Lübener Molkerei-Direktor) uns ab.
 Gegen 7 Uhr fuhren wir, d. h. ich
 mit einem Fahrer und großem
 Lastauto nach Gottesberg und
 Landeshut um Munition für
 die Artillerie zu laden. Gegen Mittag
 waren wir damit hier, essen
 Mittagbrot (heute Nudelsuppe).
 Gegen 2 Uhr fuhren wir mit
 dieser Munition nach Kauffung zum
 Munitionspark. Wir gehören  | 
 
    | 
 der Nachschub-Kolonne (mot.)
 der 10. Panzer-Grenadier-Division an.
 An und für sich geht es zum aus-
 halten, da auch das Essen gut ist.
 An Verpflegung gibt es für 3 Tage
 1 Kommißbrot, entweder Kunst-
 honig oder Butter, auch Käse und
 Wurst, sogar täglich 8 Cigaretten.
 Es ist jedenfalls die Verpflegung,
 wie sie die Truppe bekommt, wenn
 sie in Stellung ist. Gestern bekamen
 wir 1 Beutel Bonbons, gleich
 kam mir der Gedanke, diese hebst
 Du den Kindern auf. Jedenfalls
 ist bis jetzt das Essen gut und reichlich.
 Würde Euch gern 1 Kommißbrot
 geben, wenn ich die Gelegenheit hätte.
 Mein Fahrer ist ein Hamburger,
 auch ein netter Mensch. Ich bin
 Beifahrer. Sonst besteht die Division
 aus lauter Bayern, da es eine
 bayerische Division ist. So meine liebste
 Mama, hätte ich Dir einen Sonntag,
 wie ich ihn verlebe, geschildert.
 Nur habe ich jetzt von 11 - 1 Uhr noch
 Wache. Wie lange wir hier
 bleiben, hängt von der Kriegslage | 
 
    | 
 ab. Gesundheitlich bin ich munter,
 nur war ich etwas erkältet. Das
 macht das Wetter. Nun wie ist
 Euer Befinden? Ich bin mit meinen
 Gedanken stets bei Dir und möchte
 Dich gern an mich drücken, so sehr
 ich könnte. Aber liebste Mama, wir
 holen dies nach, denn einmal
 muß der Tag auch kommen. Wenn
 ich nur erstmal einige liebe Worte
 von Dir hätte. Die Post zu uns geht
 sehr schlecht. Freuen würde ich mich,
 wenn Du meine Post erhältst. Ich
 bin immer wieder froh, Euch bei Eurer
 Lotte zu wissen, denn wenn man
 hier diese langen Trecks noch trifft,
 da wir viel herumfahren, könnte
 einem ganz anders werden. Die
 armen Leute sitzen bei der Witterung
 Tag und Nacht auf der Landstraße.
 An die Gröditzer muß ich auch immer
 denken, wo mögen die Ärmsten
 nur sein. Habt Ihr etwa Nachricht.
 Gott gebe, daß wir uns alle wie-
 dersehen. Vor allem, daß ich Dich,
 meine liebe Mama wieder erhalte!
 Jetzt nachdem wir auseinander | 
 
    | 
 gerissen sind, merkt man,
 daß wir zusammen gehören und
 mit Liebe miteinander verbun-
 den sind. Wir wollen auch weiter
 so bleiben und unser Leid gemein-
 sam tragen. Jedenfalls bitte ich Dich
 mein liebes Frauchen zu bleiben,
 sowie auch ich es bleibe und nur
 an Dich denke Tag und Nacht. So
 werden wir diese schwere Zeit über-
 winden und mit gegenseitiger
 aufrichtiger Liebe wieder zusammen
 arbeiten. Denke dran, daß es so
 vielen noch schlechter gehen wird,
 die bei fremden Menschen Unterkunft
 haben müssen. Lottel wird Euch bis
 dahin die Heimat ersetzen, dafür
 danke ich ihr im Voraus.
 Für heute mein liebes gutes Frauchen
 will ich schließen in der Hoffnung,
 daß Dich diese Zeilen bei Gesundheit
 antreffen, mit den allerherzlichsten
 Grüßen und tausend Küssen an
 Dich sowie an Ulla, Lottel und Kinder
 Dein getreuer Papa
 Was machen Heidi und Gabi, schade, daß ich
 sie nicht mal sehen kann.
 Grüße an Hannelore und Ursula | 
 
 
  |