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Walter Kuche sandte mir die Kopie einer Chronik des Pfarrers Paul Goeschke (geboren 1886, Pfarrer in Gugelwitz von 1915 bis mindestens 1935). Ich zitiere daraus bzw. fasse einiges über Gugelwitz für diese Seite zusammen.
Unsere Dorfheimat
Aus der Geschichte und dem Erleben der Gemeinden Merschwitz-Herrndorf (Kr. Liegnitz) und Gugelwitz (Kr. Lüben)
von
Paul Goeschke,
Pastor der Kirchgemeinden
Merschwitz und Gugelwitz
Parchwitz 1935
Druck und Verlag Hermann Ewald, Parchwitz/Schl.
Gugelwitz
Am schönsten stellt sich dem Beschauer das Dorf Gugelwitz dar, wenn er es von Merschwitz aus sieht, sei es, daß er auf dem Merschwitzer Mühlberge oder am Anfange des Weges "über die Eichen" steht. So schmuck und traut liegte es vor uns, ein Bild stillen Friedens. Die Sonne scheint aus klarem, blauen Himmel auf die roten Dächer, die von dem früheren Dominialherrschaftshause überragt werden. Im Hintergrunde grüßt der Turm unseres Gotteshauses und zur linken vervollständigt das Bild die Windmühle, die, auf sanfter Anhöhe liegend, dem Ganzen den Eindruck des besonders Traulichen und Gemütvollen gibt. Sooft man auch dieses Bild betrachtet, man freut sich immer wieder daran. Kommen wir im Frühling in unser Dorf, so erfreuen manche blühenden Fliederbüsche unser Auge; zur Herbstzeit ist es der |
Fruchtreichtum der Obstbäume, der uns das Herz im Leibe lachen läßt.
Oder wir stehen am Dorfteiche! Hier schwimmen Gänse und Enten auf ihm herum, dort vergnügen sich badende Kinder in seinem Wasser - wie lebendig dieses Bild; ein anderes Mal liegt der Teich ganz still da, völlig mit dem hellen Grün der Wasserlinse überzogen. Unvergeßlich schön ist auch das Bild der blühenden Kastanien am Teichufer, wert von des Künstlers Hand festgehalten zu werden.
Auch unser Schulhaus liegt reizvoll. Ganz abseits der Straße lugt es als Stätte fleißiger Arbeit hinter fruchtverheißenden Obstbäumen und blühenden Hecken hervor. Wohlgepflegt grüßt uns sein Vorgarten. Lustig musizieren die gefiederten Sänger.
Eine weihevolle Schönheit für sich ist unser trauter Kirchhof. Fleiß und Treue des Totengräbers sorgen für Ordnung und schmuckes Aussehen des geweihten Ortes. Das inmitten des Kirchhofs stehende Gotteshaus ist gerade an diesem Platze ein beredter Zeuge für das Wort der christlichen Wahrheit und Hoffnung.
Zwischen Kirche und Schule liegt unser Kriegerdenkmal. Mitten im Dorfe steht es auf grünumsäumtem Platze, der wunderbar weihevoll und still in seiner schlichten Schönheit auf uns wirkt. Auch der drei Friedenseichen am Westausgange des Dorfes sei gedacht, ebenso der reizvollen Ausblicke von unserem Kirchturme.
Weiter will ich des Blicks vom Mühlberg aus gedenken, der besonders im Frühling außerordentlich reizvoll ist. Das frische Grün der hervorsprossenden Saaten bildet einen trefflichen Kontrast zu dem dunklen Grün der Waldungen, die die Felder wie ein breites Samtband umschließen. Jenseits grüßen uns die Häuser von Merschwitz, vor ihnen schneeig beblühte Schlehenbüsche. Erinnerungen werden in uns wach an die Tage, an denen wir als Schuljungen und Schulmädchen zum Konfirmandenunterricht wanderten.
Noch ein Bild wird jedem unvergeßlich sein, der es auch nur einmal in sich auf-genommen hat. Das ist der Blick auf unsere Kirche von den Wäldern hinter dem Butterberge aus. Rechts und links von uns und hinter uns ist Wald, nur vor uns ist der Ausblick auf unser Gotteshaus frei. Welch heiligen Frieden atmet dieses Bild!
Wie alt mögen unsere Dörfer sein?
Eine genaue Antwort auf die Frage nach einem bestimmten Gründungsjahre dürfte sich wohl kaum jemals geben lassen, da jegliche Urkunden darüber fehlen. Soviel aber kann mit Sicherheit gesagt werden, daß Gugelwitz über 668 Jahre ist.
Schon seit 1203 diente das Gebiet um Steinau herum zum größten Teile mit seinem Zehnten zur Unterhaltung des Klosters Trebnitz. Die älteste Urkunde, in der Gugelwitz erwähnt wird, datiert vom 19. März 1267. An diesem Tage bestätigt Papst Clemens IV. die Besitzungen und Rechte des Klosters Trebnitz, dabei auch die Zehnten aus Gogolevici (Gugelwitz), den der Pfarrer erhebt. Dies ist um das Jahr 1305.
Was mögen die Namen unserer Dörfer bedeuten?
Die im Jahre 1267 erwähnte älteste beglaubigte Form des Ortsnamens heißt Gogolevici. 1305 wird unser Dorf Goglowitz, 1357 Gugilwicz, 1363 Gogilwicz, 1367 Golgiwicz, 1376 Gogiwicz, 1410 Gogelwitz genannt. Der Name kann auf dreifache Weise gedeutet werden. Einmal könnte er einen kahlen, am Walde freigemachten Ort bedeuten. Andere meinen, er sei von dem slawischen Worte "gogola", d. h. wilder Apfelbaum, abzuleiten. Endlich leiten ihn Dritte von dem slawischen Worte "gogol" (Ente) ab. Mir will die dritte Deutung die wahrscheinlichste sein, wenn auch die zweite einen gewissen Anhalt böte. Auf einer alten Flurkarte von 1804 werden nämlich Feldstücke östlich des Läuseberges (nordwestlich des Dorfes) "Apfelbaumstücke" genannt. Demnach hieße Gugelwitz "Apfelbaumdorf". Am wahrscheinlichsten aber, wie gesagt, ist mir die Deutung des Namens "Entendorf". In früheren Zeiten lagen in unserem Dorfe und ums Dorf herum viele Teiche, wie dies aus der genannten Karte auch noch hervorgeht. Es wird auch berichtet, daß es viele Wildenten gegeben hat.
Aus der Geschichte unseres Gotteshauses
Unser Gotteshaus mag schon aus dem 16. Jahrhundert stammen. Ein bestimmtes Baujahr läßt sich aber nicht feststellen. Auf die Vermutung seiner Erbauung im 16. Jahrhundert kommt man dadurch, daß in die Ostseite der Kirche ein alter Grabstein eingelassen ist, der als Todesjahr des begrabenen Ritters Tschätschke das Jahr 1567 nennt.
Im Jahre 1717 erhielt das Gotteshaus einen steinernen Turm. Dieser wurde an die Westseite des Gotteshauses gesetzt. Der Haupteingang der Kirche, der bis zur Erbauung dieses Turmes an der Seite war, wurde zugemauert und muß wohl damals an die Südseite verlegt worden sein. Die Inschrift über dem jetzigen Turmeingange lautet:
"Dem dreieinigen Gott zu Ehren, dieser Kirche und Gemeinde zur Zierde und Andenken ist dieser Turm erbauet worden Anno 1717 von Tit. Pl. Herrn Ferdinand von Kanitz zur Zeit Lehnsherr allhier zu Gugelwitz. Zu Deiner Ehr', mein Gott, ist dieser Turm erbauet. Erhalt' ihn uns nun auch, wie man Dir stets vertrauet".
Über der Inschrift ist das sehr gut gearbeitete Kanitz'sche Wappen eingemeißelt. Das Wappen stellt ein schräg liegendes, sogenanntes Andreaskreuz dar. In den Zwischenräumen liegen vier Röschen. Das Wappenfeld haben wir uns silbern, das Kreuz und die Rosen rot vorzustellen. Über dem eigentlichen Wappen erhebt sich ein roter runder Hut, der einen silbernen Aufschlag hat und oben mit einem goldenen Rade besteckt ist. Aus diesem gehen acht goldne brennende Fackeln hervor. Ein zweiter, ebenfalls silbern aufgeschlagener hoher Hut ist daneben angebracht. Man muß ihn sich schachbrettartig rot und silbern gemustert vorstellen. Die am Hute angebrachten drei Straußfedern haben die Farben
rot, silbern, rot.
Der Turm hat eine Höhe von ca. 28 Metern. Die Fahne über dem Turmknopf trägt die Inschrift "F. v. K. 1717" (D. h. Ferdinand von Kanitz). Die Fahnenstange ziert ein Stern...
[Es folgen ausführliche Berichte über den Zustand der Kirche in den verschiedenen Jahrhunderten, Reparaturen, Besitzverhältnisse, den Bau eines Schulhauses im Jahr 1795 und anderes, was nur für Experten von Interesse ist. Ich beschränke mich im Folgenden auf Auszüge aus den Biografien der letzten Pfarrer von Gugelwitz und des letzten Gutsbesitzers.]
Mit dem 1. Februar 1889 tritt Pastor Eduard Deutschmann das hiesige Pfarramt an. Gustav Emanuel Eduard Deutschmann ist in Bienowitz am 30. Juni 1862 geboren. Sein Vater war dortselbst fast 40 Jahre Pastor. Seine Mutter war die Tochter des Generals d' Artis von Bequignolles und entstammte einer französischen Hugenottenfamilie, die unter Ludwig XIV. vertrieben und ihrer Güter beraubt worden war. Nach dem Besuch der Dorfschule und Privatunterricht durch die Eltern kam er 1873 auf das Pädagogium nach Lähn und 1875 auf die Ritterakademie nach Liegnitz. 1882 bezog er die Universität Breslau. Er studierte Theologie und Philologie. Seine ursprüngliche Absicht zum Lehrfach überzugehen gab er auf. Nach einer kurzen Tätigkeit als Hauslehrer bei dem Baron von Buddenbrok auf Pläßwitz bestand er 1887 das 1. theologische Examen und wurde 1888 als Hilfsvikar nach Schönborn berufen. Nach bestandener 2. theologischer Prüfung im Dezember 1888 verwaltete er als Pfarrvikar die Schönborner Pfarrstelle noch einen Monat, doch mußte er in diesem Monat auch schon unsere Pfarrstelle mitverwalten. Seine Einführung fand am 24. Februar 1889 durch Superintendent Rosemann statt. Am 4. Juli 1889 heiratete er Fräulein Klara Dultz aus Tilsit, deren Vater ein Gerichtsbeamter und deren Mutter eine Pastorentochter war. Pastor Deutschmann war bis zum Juli 1908 hiesiger Pastor, dann wurde er nach Bienowitz berufen. Sein am 29. Oktober 1896 hier geborener Sohn Harald ist jetzt Pastor in Piskorsine.
Dr. Hermann Stahn wurde am 31. Januar 1879 als zweiter Sohn des Gutsbesitzers Friedrich Stahn in Nieder-Tschirnau (Kr. Guhrau) geboren. Er besuchte das Gymnasium in Fraustadt und studierte in Erlangen, Halle, Berlin und Breslau. 1903 bestand er in Breslau seine erste und 1905 seine zweite theologische Prüfung. 1907 promovierte er an der Universität Tübingen zum Dr. phil. mit einer wissenschaftlichen Arbeit "über die biblische Simsongestalt". Nach kurzer Verwaltung der Pfarrstelle in Bienowitz trat er das hiesige Pfarramt am 1. August 1908 an, nachdem er am 3. Juli 1907 ordiniert worden war. Am 29. August 1908 heiratete er die Tochter des verstorbenen Güterdirektors Hermann Frenzel aus Dittersbach (Kr. Lüben) Magdalene. In seiner Amtszeit ist ein Jungfrauenverein gegründet worden. Nach knapp dreijähriger Tätigkeit in unseren Gemeinden übernahm er eine Pfarrstelle an der Peter-Paul-Kirche in Liegnitz.
Johannes Rudel ist geboren am 6. Mai 1882 als Sohn des Lehrers Hermann Rudel und dessen Ehefrau Marie geb. Herda zu Jägendorf, Kreis Jauer.
Er studierte in Breslau. Im Jahre 1906 bestand er die 1. und im März 1908 die 2. Theologische Prüfung. Vom 1. September 1911 bis 16. Januar 1915 verwaltete er das hiesige Pfarramt. Er legte in seiner hiesigen Amtszeit eine Kirchenchronik unserer Kirchgemeinden an. Er wurde in die Kirchgemeinde Konradswaldau (Kr. Landeshut) berufen.
Am 1. Juni 1915 übernahm ich, Ernst Eduard Paul Goeschke, das hiesige Pfarramt. Ich wurde am 28. Juni 1886 in Warmbrunn, Kr. Hirschberg in Schlesien, als Sohn des damaligen Schauspielers und nachmaligen Theaterdirektors Reinhard Goeschke und dessen Frau Anna geb. Georgi geboren. Ich besuchte die Knabenmittelschule und das Gymnasium in Schweidnitz. Nach meiner Abgangsprüfung studierte ich in Halle, Berlin und Breslau. Die erste theologische Prüfung bestand ich 1910 in Breslau. Nach der Seminarzeit in Sagan wurde ich Lehrvikar in Bolkenhain, dann Hilfsvikar in Ransen (Kr. Steinau), Gimmel (Kr. Wohlau) und Karzen (Kr. Nimptsch). Weihnachten 1912 legte ich die zweite theologische Prüfung in Breslau ab... Meine Amtseinführung fand in Gugelwitz am 6. Juni 1915 durch Superintendent Schepky (Lüben) statt...
Nach seinem am 20. Oktober 1921 in Göttingen erfolgtem Tode lebte die Witwe des bisherigen Rittergutsbesitzers einige Zeit in Gugelwitz. Am 1. Juli 1925 übernahm das Gut Gugelwitz Ludwig Graf Schweinitz, ein Sohn des Grafen Eberhard. Er ist mit einer englischen Qäkerin verheiratet... Es soll nicht zu erwähnen vergessen werden, daß sie für ihre Angestellten warm eingetreten sind. Ihrem sozialen Empfinden entsprach die Einrichtung eines Kindergartens.
Ihre Wohltätigkeit und manche erwiesene Hilfe und Freundlichkeit wird in der Gemeinde unvergessen bleiben. Auch des Interesses des Grafen Ludwig an diesen chronistischen Arbeiten sei dankbar gedacht. Die schweren wirtschaftlichen Verhältnisse zwangen dazu, das Gut Gugelwitz im Jahre 1931 zu verkaufen... Käufer des Gutes wurde die Landsiedlung (Direktor Pusch) in Breslau, durch die das Gut gesiedelt wurde...
Hausnummern und Hausbesitzer [in Klammern weitere Mieter] im Jahr 1935:
1. Otto Nixdorf, 2. Fornfeists Erben [Willi Hielscher], 3. Bruno Jäschke, 4. Otto Reimann [Auguste Edler], 5. Alfred Sell, 6. Otto Schreiber, 7. Paul George, 8. Paul Sagasser, 9. Ernst Hiller, 10. Michael Gerber [Helmut Adolph], 11. Karl Wilhelm, 12. Hielschers Erben [Elfriede Hoffmann], 13. David Goebel, 14. Friedrich Döring, 15. Gustav Wähner, 16. Ernst Wende, 17. Friedrich Döring [Paul Hänsel, Christiane Meier], 18. Erbengemeinschaft Palaske-Kutsche, 19. Erbengemeinschaft Palaske-Kutsche, 20. Hermann Peschel, 21. Oskar Kulms, 22. Bernhard Nickel, 23. Luise Knauerhase [Ernst Knauerhase], 24. Willi Nixdorf [Paul Hartlieb], 25. Erich Gerlach [Gustav Gerlach], 26. Ernst Obst, 27. Karl Deichsel, 28. Ernst Haase, 29. Ziegerts Erben [Wilhelm Goebel], 30. Oswald Dehmel [Karl Schmidt], 31. Marie Geier, 32. Hermann Käsler [Curt Lieser, Oskar Klose], 33. Hermann Kriebel, 34. Ziegerts Erben, 35. Anna Meier [Paul Seliger], 36. Ziegerts Erben, 37. Georg Weiß, 38. Minna Neumann, 41. Schulhaus, 42. Kirche, 43. Absteigehaus [Gustav Pohl], 44. Gemeindehaus [Bruno Knauerhase], 45. Haases Erben [Willi Kube, Bernhard Sprotte], 46. Otto Knappe, 47. Erich Graf Schweinitz auf Dieban, Försterei [Herbert Lemsch], 49. Erich Graf Schweinitz auf Dieban [Richard Obst], 50. Paul Mehlich [Erich Neumann], 53. Otto und Willi Gröger, 56. Hugo Nehring, 57. Hermann Pavelt, Schmiede, 58. Ernst Gerlach [Hermann Schmidt]
Die Hausnummern 39, 48, 51, 52, 54, 55 waren die Nummern des früheren Dominiums. Dort wohnen August Haberland, Anna Hellmich, Bertha Kade, Paul Eckelt.
Die Dominialsiedlungen bewohnen: Reinhold Brummack, Bruno Fritsch, Walter Winkler [Reinhold Grosser], Gustav Renner, Albert Nutsch, Gustav Langner, Kurt Ziegert [Richard Haberland], Wilhelm Scholz - Bäckerei, Ernst Näpel, Willi Ulbrich, Johann Becht, Adam Hänsel, Paul Ulbrich, Katharina und Adele Hänsel, Meta Thiel, Artur Sauer, Willi Gröger [Karl Reimann], Wilhelm Diedrich, [Rudolf Hellmich], Fritz Scholz-Stellmacherei, Joseph Koslowski, Anna Kahl, Wilhelm Flagmeier, Conrad Hendemann, Otto Gronenberg-Gärtnerei.
Gerichtsschulzen /Gemeindevorsteher/Bürgermeister im 20. Jh.: seit 1.4.1904 Wilhelm König, 1904-1911 Carl Deichsel, 1911-1918 Albert Ziegert, 1918-1919 Otto Schreiber, 1919-1929 Bruno Jäschke, seit 15.2.1929 Hermann Peschel.
Herzlichen Dank an Walter Kuche! Ich suche Kontakt zu Gugelwitzern, die aus dem vorhandenen Material einen Dorfplan erstellen können.
Viele weitere Informationen aus dem Buch übermittle ich gern im Austausch für Bilder aus Gugelwitz an interessierte Nachfahren des Ortes. |
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