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Die
Wappen
und Siegel
der deutschen
Städte,
Flecken und
Dörfer
Nach amtlichen und
archivalischen Quellen
bearbeitet
von
Otto Hupp
Verlag von Heinrich Keller,
Frankfurt am Main 1896 und 1898
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Lüben, Stadt. In Gold der schwarze schlesische
Adler mit Brustmond, aus welchem anstatt des Adler-
halses die Mutter Gottes mit dem Kinde auf dem
Arme hervorwächst.
Dies ist das Bild des Sekrets, welches ich in diesem Falle
dem des großen Siegels um so eher vorziehen zu dürfen glaubte,
als dasselbe nicht nur eine der schönsten und interessantesten heral-
dischen Darstellungen überhaupt ist, sondern auch vom 14. Jahrh.
bis heute von der Stadt ununterbrochen benützt wurde, während
das Bild des ältesten Hauptsiegels schon im 14. Jahrh. außer
Gebrauch kam und erst neuergings dafür ein anderes auftaucht.
Das älteste bekannte: "+ S' Burgensium M Lubin" (54 mm)
hängt an der unter Guhrau näher besprochenen
Urk. v. J. 1310 im Stadtarchiv zu Guhrau. Es zeigt nebeneinander
schwebend recchts den halben schles. Adler, links einen Turm, an
den sich links eine Holzplanke, gekennzeichnet durch drei lange, in
den Boden gerammte Pfähle anschließt.1 Noch im 14. Jahrh. er-
scheint dann das: "+Secretum Civitatis Lubensis" (44 mm)
mit der oben beschriebenenn monogrammatischen
Verbindung der Madonna und des Adlers, welche dann bis in die
neuere Zeit die alleinige Siegeltype blieb. Bei diesem ältesten
Sekret trägt die Mutter das Kind auf dem rechten Arme. Saurma
erwähnt dann ohne nähere Beschreibung ein 1510 gebrauchtes: s'
(der Stadt?) Lobin mit der gleichen Darstellung. Im Jahre 1566
benutzten Bürgermeister und Rat das unten beschriebene dritte
Gerichtssiegel. 1623 erscheint der jetzt noch vorhandene Stempel
des "S civitatis Lobinensis" (26 mm), bei dem
das Kind auf dem linken Arme sitzt. So auch bei dem 1674 ge-
brauchten: "Sigillum Civitatis Lobenensis" (28 mm).
Ob dabei die Brust des Adlers schon mit dem österreichischen
Schilde belegt ist, wie bei den folgenden Siegeln, das lassen
die vorliegenden drei Abdrücke (1674, 1705, 1707) eher vermuten
als erkennen. Deutlich ist aber die Brust des Madonnenadlers bei
dem 1714 gebrauchten: "Siillum civitatis Lubenensis"
(oval, 33:31 mm) und bei der "Stadt Luben insigel"
(21 mm) mit einem ovalen Schilde belegt. Bei beiden ist dieser
Brustschild gespalten und zeigt vorn Burgund, hinten Österreich (statt
umgekehrt), nämlich vorn fünfmal schräglinks geteilt, hinten ein
Balken. Letzterer ist nicht nur bei diesen beiden, sondern auch bei
dem Siegel der Kämmerei: "Lubensches Stadt Cämmerey Siegel
(im Felde:) 1787" (28 mm), welches sonst Österreich und
Burgund richtig stellt, mit einem Andreaskkreuzchen belegt.2 Bei
Anfertigung des letztgenannten Stempels war die Stadt längst
preußisch; dennoch erscheint noch um 1800 ein Farbsiegel: "Siegel
der Creisstadt Luben" (oval, 31:29 mm) mit dem von
Burgund und Österreich gespaltenen Brustschilde. - Während so die
Siegelfolge ganz geordnet vor uns liegt, besitzt die Stadt noch einen
Stempel, den ich nicht recht einzureihen weiß. Er zeigt eine Burg
mit zwei spitzbedachten Türmen, zwischen denen auf einem Thron-
sessel die gekrönte Gottesmutter mit dem Kinde auf dem rechten
Arme und einem Zcepter in der linken Hand sitzt; im offenen
Thore schwebt gelehnt der schlesische Adlerschild; neben dem Thore
steht rechts sowohl wie links je eine nimbierte weibliche Heilige
mit einem Kelche in den Händen; außen neben den Thürmen schwebt
jederseits noch ein Adler frei im Felde. Die Umschrift lautet:
"Sigillum Maids civitatis Lubin" (40 mm).
Einen alten Abdruck davon habe ich nicht gesehen; auch
kann der Stempel aus stilistischen Gründen unmöglich vor dem |
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Ende des 17. Jahrh. gefertigt sein. Eine genauere Schätzung
seines Alters ist nicht thunlich, weil er, wie aus den Majuskeln, den
"verdächtig altmodisch geformten Buchstaben" wie Saurma sagt,
hervorgeht, daß er altertümlich erscheinen w i l l. Ob er sich an ein
altes, unbekannt gebliebenes Original anlehnt, ist sehr zweifelhaft.
Um 1820 galt sein Bild als das eigentliche Stadtwappen, wie
aus Zeichnungen und den Akten des Magistrats über das Wappen
hervorgeht. Aus letzteren ist auch ersichtlich, daß die beiden Heiligen
St. Barbara und St. Agnes vorstellen sollen. Bedauerlich aber
ist, daß die neuen Oblatensiegel des Magistrats statt des schönen,
alten Madonnenadler dies dubiose Durcheinander enthalten.
Ein noch dem 14. Jahrh. angehörendes: "+ S' Sgabinoru
Lubinensium" (34 mm) enthält eine stehende
Heilige mit einem Kirchenmodell in der Rechten; es ist nach v. Saurma
die hl. Hedwig. Im 15. Jahrh. gab man aber auch den Gerichtssiegeln
den Madonnenadler wie ein "s judicis civitatis leovinensis"
(? 27 mm) zeigt. So auch ein um 1520 gestochenes "S judici..
civitat.. lube..." (Schriftband, 27 mm), mit dem 1566 Bürger-
meister und Rat ohne weiteres einen Brief besiegelten. Auch noch im
19. Jahrh. benützte die Polizeibehörde das schöne Siegelbild, aller-
dings in arger Verdünnung. Das älteste Siegel ist bisher nur
von Kirmis in: Beitr. z. Wapp.- u. Münzkunde Großpolens, 1885
beschrieben worden. Das älteste Sekret wurde erwähnt von Seyler
in der Gesch. d. Heraldik S. 185 und, nebst den ältesten Gerichts-
siegeln, abgebildet von v. Saurma, Taf. VI. |
1) Tzschoppe und Stenzel, Urkundensammlung, 1832, S. 346, Note 5,
berichten, daß die Befestigung der Städte mit Planken in Polen und Schlesien
sehr gewöhnlich und weit älter als die mit Mauern sei. Auf Siegeln erinnere
ich mich nicht, diese Holzbefestigung so unverkennbar wie hier gesehen zu haben.
2) Also so wie die österr. Familie v. Rödern die österreichische Binde führt. |
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