Badeanstalt
Bahnhof Lüben














Die Lübener Badeanstalt um 1915

Mit einem herzlichen Dank für diese Abbildung der Badeanstalt von 1915 an Tomasz Mastalski!
Bademeister war Otto Schulz (1896-1966). Ob das "Rettungsboot" nach ihm benannt wurde?
Bis 1933 gab es getrennte Badezeiten für Männer und Frauen! Die folgenden beiden Bilder sind aus späterer Zeit.

Die Lübener Badeanstalt

Mit einem herzlichen Dank für diese Abbildung an Bernd M.!

Über die Entstehung der Lübener Badeanstalt
von Oberlehrer Gustav Zingel

Nach dem 1870er Krieg kam ein Stabsarzt von Herkenrath nach Lüben. Da ja keine Badegelegenheit vorhanden war, baute dieser Stabsarzt für sich und seine Familie am Pfeffergraben, zwischen den Wiesen der Zuckerfabrik und der Gasanstalt, inmitten von Busch- und Strauchwerk, ein Freibad. Man nannte diese Einrichtung die "Herkenrath-Dusche". Bei seinem Weggang von Lüben überließ er das Bad der Garnison, nur war diese Anlage viel zu klein. Die Garnison legte also ein neues Bad an, und zwar zwischen den Bahngleisen (Lüben-Raudten) und den Triebelwiesen. Das Herkenrath'sche Bad wurde der Stadt Lüben zur Verfügung gestellt.

Die Lübener Badeanstalt

Nach dem Bau der Heil- und Pflegeanstalt, Anfang 1900, flossen alle Abwässer der Anstalt durch das Bad der Garnison, so daß die Benutzung unmöglich wurde. Daraufhin wurde wieder ein neues Bad - nun hinter der Sperlingsmühle - erbaut.

Die Stadtväter aber ließen das damals so kleine Freibad der Familie von Herkenrath nicht ungenutzt, man vergrößerte das Bad und stellte Umkleidekabinen auf. - Das war nun das erste Lübener Freibad mit getrennten Badezeiten für Männer und Frauen. Bis zum Jahre 1931 waren hier als Aufseher tätig: Herr Giese, Jonke und Pohl. 1932 übernahmen Otto Schulz und Frau die Betreuung.

1933 wurde das Becken auf 50 x 30 m vergrößert und neue Umkleidekabinen wurden aufgestellt. An dieser Arbeit waren beteiligt: der Arbeitsdienst, die Firmen Zimmermeister Max Müller und Baumeister Hübner. Nicht unerwähnt aber sollen bleiben die freiwilligen Helfer, wie z. B. Gerhard Behme, Horst Rathmann, Erich Falke, Jochen Mischke, Otto Schulz. Nur einige Namen wurden herausgegriffen, viele Lübener haben ihre Freizeit zur Verfügung gestellt und dabei mitgeholfen. Nach dieser Vergrößerung wurden dann die getrennten Badezeiten aufgehoben! Bis zur Einberufung (1939) war Otto Schulz als Bademeister tätig, ab da machte es seine Frau allein - bis zum letzten Sommer im Jahre 1944.

LHB 16/1966 und 4/1993

Erinnerungen von Georg Böer (1924-2013)

In Lüben gab es zwei Freibäder. Einmal die sogenannte Militärbadeanstalt außerhalb der Stadt in Richtung Sperlingsmühle. Das kostete kein Eintrittsgeld ! Also nichts wie hin! Aber das sah gar nicht so einladend aus. Ein Becken mit wirklich glasklarem Wasser, das so kalt war, wie es den Anschein hatte, kein Baum, kein Strauch, der Schatten spendete, rundum nichts. So schnell wie wir im Wasser waren, haben wir es auch wieder verlassen. Ich nehme an, daß die Wasserversorgung durch die kalte Bache erfolgte. Das war nichts für uns!

Aber es gab ja noch die städtische Badeanstalt! Der merkte man aber an, daß das Stadtsäckel wohl leer war. Am Eingang links das hölzerne Kassenhäuschen mit dem Bademeister, und daran anschließend etwa 8-10 kleine hölzerne Umkleidekabinen, die man mieten konnte, alles ein wenig pflegebedürftig und vor allem farblos, aber immerhin funktionell.

Auf der rechten Seite eine Gemeinschaftsumkleidekabine aus Backsteinen mit Flachdach, ohne Türen, ca. 60-70 qm groß, in der Mitte eine Backsteinmauer, die bis zur davorstehenden, über die ganze Breite reichenden Sichtblende ging. Frei blieben also nur die jeweils außen links und rechts liegenden Eingänge für Männer bzw. Frauen. Neugierige Blicke um die Ecke waren nicht möglich. In den jeweiligen zwei Räumen waren ringsum breite durchgehende Holzsitzbänke und darüber entsprechende Hakenleisten angebracht, zum Umkleiden also ausreichend, weil man seine Sachen sowieso mit auf die wirklich große Liegewiese nahm.

Zur Wasserversorgung war auch hier der Pfeffergraben vorhanden, Abfluß über eine Schleuse am Stänkergraben, der, weil im Sommer die Zuckerfabrik nicht arbeitete, ohne störende Gerüche war. Zum Springen gab es nur das Einmeterbrett, das genau so alt wie die Auskleidung des Beckens war. Wasser sauber, aber nicht klar. Natürlich war auch ein Teil des Bades "für Nichtschwimmer" abgeteilt, weil ja damals viele Kinder nicht richtig schwimmen konnten, es wohl aber zum Überwasserhalten für kurze Zeit, sogenanntes "Hundepaddeln", also Plätschern mit allen vieren, reichte.

Als Angeber war verschrien, wer "Einhucker" machte, der stand nämlich mit einem Bein am Beckenboden, und machte mit den Armen richtige Schwimmbewegungen, während der andere Fuß sich analog bewegte. Bei dem relativ niedrigen Wasserstand im Nichtschwimmerbecken war das möglich. Öfters aber rutschte der Standfuß auf dem glatten Boden aus, der "Schwimmer" verschwand unter Wasser, und wenn er dann prustend und nach Luft schnappend wieder auftauchte, war schadenfrohes Gelächter sein Lohn.

Ertrunken ist meines Wissens niemand, alle hatten ihren Spaß. Nach hellen Mondnächten wurde allerdings in der Stadt manchmal geraunt, daß weiße Geister, wohl Wassermänner und Nixen im Bad beobachtet worden seien. Aber wie man weiß, haben Geister keine Namen.

Das war die alte Badeanstalt. Zur gleichen Zeit bekam Lüben ein Lager vom Reichsarbeitsdienst, mit dessen Hilfe die Badeanstalt erneuert und modernisiert wurde und ein echtes Stadtbad entstand. Die alte gemauerte große Umkleidekabine aber ist uns erhalten geblieben und hat weiter ihren Dienst getan.

Georg Böer, 2012