Meiner Vaterstadt Lüben
Dr. Oswald Baer (1847-1937)
Die andern können's nicht begreifen.
Und ich versteh` mich selber nicht,
Daß, wie mit unsichtbaren Reifen
Im flachen Land ein stiller Streifen
Mit Sehnsucht mir das Herz umflicht. |
Dort ragen Burgen nicht noch Dome,
Kein Lorbeerhain schmückt das Gefild,
Kein Schifflein schwimmt auf breitem Strome -
Und doch - als schönstes der Phantome
Erscheint mir oft das liebe Bild:
Ein Städtlein klein, mit breiten Wällen,
Darin der Gärten Kranz sich sonnt,
Dann Wiesen, wo die Börnlein quellen,
Dann Felder, wo die Ähren schwellen,
Und rings der Wald am Horizont. |
Hier, wo mich Gott ins Leben schickte,
Wo Schlösser ich gebaut aus Sand,
Wo ich die sanfte Schulbank drückte,
An wilden Beeren mich erquickte,
Wo ich die erste Liebe fand;
Hier, wo mir alle Steine reden,
Geschichten meldet jeder Baum -
Hier träum` ich in der Kindheit Eden,
Nach all des Lebens Müh'n und Fehden,
Noch manchmal meiner Jugend Traum. |