Allerlei Zeitdokumente - 1915
Soldat Kurt Wettengel beschreibt aus dem Reservelazarett Lüben seine Kriegserlebnisse
Postkarten von 1916-1919














Mit Sicherheit war es den Soldaten auch im 1. Weltkrieg verboten, über ihre Kriegserlebnisse anders als begeistert vom Kampf für Kaiser, Volk und Vaterland zu berichten. Kurt Wettengel hielt sich nicht daran. So erfahren wir aus seiner Feder von den Grausamkeiten der Kriegsführung.

Abs. Soldat Kurt Wettengel
Reserve-Lazarett
Lüben i. Schlesien Baracke 5
Lüben, am 18. Juni 1915
An Hochwohlgeboren
Herrn Steuerrat
Brendel
Zittau i. Sa.

Ihr Lieben!
Ich befinde mich seit vorgestern wegen Erkrankung des Magens in einem hiesigen Reserve-Lazarett. Wenige Tage war ich an der Front, aber trotzdem habe ich vieles mit durchgemacht. Gleich nach meiner Zuteilung zum Landwehrinfanterie-Regiment Nr. 107 in

Galizien habe ich gemerkt, daß die Anforderungen an uns groß waren. Wir mußten da des öfteren unsere Stellungen wechseln, um die Russen zu täuschen. Während dieser Märsche haben wir viel an der Beschaffung des Trinkwassers zu leiden gehabt. Die Brunnen werden allzeit verseucht und es mußte jeder Tropfen abgekocht werden. Manchmal haben wir es gleich so getrunken und da haben wir uns krank gemacht. Beim Bau eines Unterstandes bin ich nach dem Genusse solchen Wassers zusammengebrochen. Ich bin zum Arzt gegangen und dieser schickte mich in das nächste Feldlazarett, wo ich jetzt liege. Es grüßt Euch herzlich Euer Cousin Kurt W.


Ring und Rathaus Lüben
Absender: Soldat Kurt Wettengel, Reservelazarett Lüben i. Schles., Baracke 5