Harold Baum, Enkel des Eisenwarenhändlers Emil Rother
Die Lehrzeit meines Großvaters in Leobschütz














Eisenwarenhandlung Emil Rother - Nachfolger und Inhaber bis 1933 Max Bachrach

Gertrude Baum geb. Rother und ihre Schwester Else mit ihrem Ehemann Max Bachrach

Die Kinder von Gertrude Baum. In der Mitte Harold Baum, geboren 1923, Enkel von Emil Rother

Links oben:
Eisenwarenhandlung Emil Rother - Nachfolger und Inhaber bis 1933 Max Bachrach. In diesem Laden in Leobschütz/OS lernte mein Großvater Konstantin Moch 1904-1907 bei seinem Lehrherrn Emil Rother seinen Beruf als Eisenwarenhändler.

Rechts oben:
Später erwarb Max Bachrach das Geschäft. Auf dem Foto Gertrude Baum geb. Rother und ihre Schwester Else mit ihrem Ehemann Max Bachrach

Links: Die Kinder von Gertrude Baum. In der Mitte Harold Baum, geboren 1923, Enkel von Emil Rother

Geschäftsanzeige Emil Rother - Max Bachrach



Sue und Harold Baum
Er - ein deutscher Jude aus Leobschütz, vertrieben und geflohen aus Deutschland, bevor die Schlesier fliehen mussten oder vertrieben wurden. Harold Baum wurde von den eigenen Leuten aus seinem Land getrieben. Als amerikanischer Soldat kehrte er zurück. Als er einen deutschen Offizier festnahm, der großspurig nach einem Amerikaner verlangte, genügte Harold Baums Satz: "Ich bin ein deutscher Jude!", um den Mann zum Schweigen zu bringen. Sie wussten alle vom Holocaust!

Diese Anzeige führt unsere Lebenslinien zusammen! 1904-1907 lernte mein katholischer Großvater Konstantin Moch bei seinem jüdischen Lehrherrn Emil Rother in Leobschütz das Gewerbe des Eisenwarenhändlers. Vier Jahre ging er als Lehrling in diesem Laden ein und aus. Sein Enkel schrieb mir aus den USA. Warum von dort, das wissen wir alle sehr genau! Heidi

Sue und Harold Baum

Über sein weiteres Schicksal sandte mir Harold Baum diesen Zeitungsartikel! Ganz unten die Übersetzung.

Harold Baums Schicksal


Übersetzung des Zeitungsartikels vom 29.9.2009 in Sunday Eagle (Marco Island, Florida)

Für viele ist der Albtraum Nazi-Deutschland nur eine Episode aus einer Geschichtsstunde oder ein Kriegsfilm. Für Harold Baum, wohnhaft in Marco Island, war jedoch Berlin/Deutschland nicht nur sein Geburtsort. Als deutsch-jüdischer Jugendlicher erlebte er, wie Adolf Hitler die Macht ergriff. Seine Erfahrungen der Flucht und die Rückkehr als US-amerikanischer Soldat im Kampf gegen Nazi-Deutschland übersteigt unsere Vorstellung.
Baum wurde 1923 in Berlin geboren, und zog nach seiner Pensionierung im Jahr 1997 nach Marco Island. Seine unglaubliche Erfahrung zwischen Geburt und Gegenwart hat nicht nur TV-Dokumentaristen gefesselt, sondern auch die literarischen Interessen des Autors Steve Karras geweckt. In diesem Oktober erscheint Karras neues Buch über Baums Lebensgeschichte und die vieler anderer österreichischer und deutscher Juden, die dem Dritten Reich entflohen waren und die nach Europa zurückkehrten, um zu kämpfen. 1936 war das Jahr der Olympischen Spiele in Berlin, als der Afro-Amerikaner Jesse Owens Gold gewann, aber Adolf Hitler sich weigerte, dem US-amerikanischen Leichtathleten die Medaille zu übergeben. Es war auch, als Baums Mutter wusste, dass die Zeit für ihre Familie gekommen war, Deutschland zu verlassen. Schon 1933 hatten die NS-Braunhemden die Haustüren jedes jüdischen Hauses erbarmungslos gekennzeichnet und der schreckliche Weg in die Konzentrationslager und den Holocaust hatte begonnen.
"Meine Mutter beantragte bei der amerikanischen Botschaft unsere Einwanderung, um den Prozess der Ausreise aus Deutschland zu beginnen," erinnert sich Baum. "Aber zu der Zeit, lehnte der verantwortliche US-Beamte die Einreise von Juden in die Vereinigten Staaten ab, weil, wie er sagte: "Es gab bereits zu viele Juden in Amerika." Im nächsten Jahr war ein anderer Amerikaner an seiner Stelle und es wurden wieder Visa ausgestellt."
Schon als Teenager wußte Baum, was sich in Deutschland zusammenbraute. Als sein Schullehrer eines Tages bat, seine Mutter zu sehen, war er nicht überrascht. Baums Lehrer teilte ihr mit, Baum fehle die akademische Eignung und eine weitere Schulbildung wäre Zeitverschwendung. Gemäß der Empfehlung seines Lehrers wurde Baum im Jahre 1938 Maschinist.
"Als ich 14 war," erinnert sich Baum, " wurden alle Juden gezwungen, die deutsche Schule zu verlassen und eine Schule der Jüdischen Gemeinde zu Berlin zu besuchen."
Als Deutschland im September 1939 in Polen einmarschierte und der Zweite Weltkrieg begann, arbeitete Baum als Maschinist, während sein Vater in einem von den Nazis enteigneten Bekleidungsgeschäft arbeitete und seine Mutter als Zwangsarbeiterin bei der Firma Siemens arbeitete.
Nachdem die US-Politik sich änderte und deutschen Juden wieder erlaubt war, nach Amerika einzuwandern, erhielt Familie Baum ihre Ausreisevisa, unter der Bedingung, dass Baums Mutter die Unterschrift ihres Zwangsarbeits-Chefs brachte.
Im Februar 1941 wurde die Formalitäten abgeschlossen und Familie Baum machte sich auf den Weg, zuerst mit dem Zug durch Frankreich und Spanien und dann auf einem portugiesischen Frachter nach New York.
"Bei meiner Ankunft in New York in Staten Island," erklärt Baum, "sprach ich nur Deutsch, aber nach fünf Tagen hatte ich einen Job als Hausmeister in einer Maschinenfabrik."
Sechs Wochen später sprach er gebrochen Englisch und war zum Maschinisten befördert. Ein weiterer Umzug führte die Familie nach Cincinnati für einen anderen Job als Maschinist. Bald begann Baum die Abendschule zu besuchen, um das Abitur zu erwerben.
Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbor, als Amerika in den Krieg eintrat, ging Baum sofort als Freiwilliger zur US-Navy. Aber er wurde abgelehnt, weil er Ausländer war. "lch mochte wirklich die Marine-Uniform", erinnert sich Baum mit einem Lächeln.
Baum wurde eine Woche nach dem Abitur im Mai 1943 eingezogen und begann eine Grundausbildung in Fort Leonard Wood, Mo. Zu seiner Überraschung, und entgegen der Meinung seines ehemaligen Lehrers, bewies eine Intelligenz-Test bei der Army, dass er das Zeug zum Offizier hatte und bald begann er einen 18-Monate-Kurs des Ingenieur-Grundstudiums.
Vor dem D-Day wurden alle Trainingsprogramme abgebrochen und Baum wurde der 97. Infanterie-Division, 386. Infanterie-Regiment, Company L, zugeordnet. Er kam im Februar 1945 als US-amerikanischer Soldat im Kampf gegen die Nazis in Frankreich an.
Kurz nach der Rückkehr auf heimatliche Erde und seinen ersten Kampferfahrungen bei der Schlacht im Ruhrkessel, kam eine Russin zum US-Kommando, bei dem Baum stationiert war und sprach zu den aufhorchenden Amerikanern: "Ich weiß, wo ein deutscher General versteckt ist", verkündete sie stolz.
Von einem Leutnant und einem Feldwebel begleitet, folgte der Soldat Baum der russischen Frau zu einem verlassenen Bauernhof am Rande einer kleinen Stadt. Wiederholtes Klopfen brachte keine Antwort. Der Gewehrkolben machte kurzen Prozess mit der Haustür und die amerikanischen Soldaten traten ein. Am Ende eines langen Korridors stand im Schatten eines verschlossenen und verlassenen Bauernhauses der deutsche General Adolf von Zangen regungslos in seiner Uniform. Sofort rief Baum in seiner Muttersprache "Hände hoch!"
Der General gehorchte nicht, sondern bemerkte arrogant: "Ich werde mich nur einem US-amerikanischen Offizier ergeben." Als Antwort auf die Erklärung des Generals entgegnete Baum wieder auf Deutsch, nicht ohne zuvor sein amerikanisches Gewehr (Ml carbine) zu zücken:"Ich bin ein deutscher Jude!" Soldat Baum sprach klar und legte sein Gewehr an. In diesem Augenblick erstarrte das Gesicht des deutschen Generals und der Nazi ergab sich widerstandslos.
Eine weitere Episode in der Nähe des Ruhrkessels: Der Infanterist hatte eine Gruppe deutscher Artillerie-Soldaten allein in der Nacht zu bewachen. Um die Nazis völlig zu irritieren und zu beschäftigen, ließ Baum sie ihre alten Propaganda-Lieder singen.
Nach der Niederlage der Nazis kehrte Baum für vier Wochen auf Urlaub in die Staaten zurück, bevor er zum Angriff auf Japan zur US-Navy einberufen wurde . Nach der Kapitulation Japans diente Baum sechs Monate in den Besatzungstruppen in der Nähe von Yokohama, bevor er nach Cincinnati und in die Werkstatt in Ohio zurückkehrte.
Im Juni 1946 wurde Baum an der Universität von Cincinnati in das Liberal Arts College aufgenommen und im Jahr 1948 erhielt er einen Studienplatz an der Hochschule für Medizin. Er schloss sein Medizinstudium 1952 erfolgreich ab und begann ein Praktikum im Cincinnati General Hospital. Es folgten Einsätze in der Geburtshilfe und Gynäkologie an der State University of Brooklyn, bevor er sich in Utica/New York niederließ. Er fand kurz darauf seine Liebste, und nach einer Acht-Tage-Romanze verlobte sich der deutsche Jude, der dem Dritten Reich entkommen und dorthin zurückgekehrt war, um die Nazis in Deutschland zu besiegen. Acht Wochen später heiratete er.
Harold und Sue Baum leben heute nach 53 Jahren Ehe auf Marco Island. Sie haben fünf Kinder, von denen vier Ärzte sind und einer Pilot ist. Sie sind in der Jüdischen Gemeinde von Marco Island aktiv und freuen sich auf das Erscheinen von Harolds unvergesslichen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs in der Veröffentlichung von "Ich kannte den Feind." Karras wird am 13. Januar in die jüdische Gemeinde von Marco Island kommen. Diese Veranstaltung ist für die Öffentlichkeit zugänglich.