Großvaters Feldpostbrief Nr. 13 aus dem Jahr 1945














Feldpostbrief Bernsdorf Sonntag 25.3.45
Kreis Frankenstein

Mein liebes gutes Frauchen!
Tausend Dank für Deinen lieben
ersten Brief vom 7.3., welchen ich gestern
Sonnabend Mittag erhielt. Mama, Du
hast mir damit eine überaus große
Freude bereitet, ich muß Dir gestehen,
daß mir die Tränen kamen, als ich beim
Postverteilen meinen Namen hörte und
mir dein lieber erster Brief übergeben
wurde. Nun warte ich sehnsüchtig auf
Deine weiteren lieben Zeilen. Ich war
der erste vom Volkssturm welcher Post
erhielt. Wenn auch z. Zt. ein Brief fast
14 Tage noch unterwegs ist, freue ich mich
aber sehr, erst mal eine Verbindung
zueinander zu haben. Heute ist ein
herrlich schöner Sonntag, schade nur,
daß wir nicht zusammen sein können.
Über 8 Tage ist Ostern, man darf gar nicht
daran denken. Mich beseelt nur der eine

Feldpostbrief Gedanke, wieder heim zu meinem
lieben Frauchen und das Leid mit dir
gemeinsam zu tragen. Sobald ich Deine
nächsten lieben Zeilen erhalte, schreibe ich
Dir sofort wieder. Wie kam das nur,
daß Ihr in Leipzig* seid? Na, ich werde
ja alles erfahren, sobald ich Deinen lieben
Brief erhalte. Am Freitag besuchte mich Kullmanns
Erich aus Gröditz. Soll auch Grüße bestellen.
Sonst ist hier alles beim alten. Der Russe
besucht uns öfter. Wie schrecklich ist es doch,
wenn man die früheren schönen Städte so
sieht. Neisse, Grottkau, Ottmachau, Patschkau,
Münsterberg, Kamenz usw. Ich denke
mit Grauen an Lüben, denn ich sah in Schweid-
nitz auch ein Eisengeschäft total zertrümmert.
Wie geht es Euch gesundheitlich und wie ist
die Verpflegung, letzteres macht mir stets
Kummer; denn wie sollen die vielen
Evakuierten verpflegt werden. Nicht
Feldpostbrief wahr liebste Mama Du schreibst mir
mal hierüber. Besonders denke ich auch
an Ursel mit den beiden Kleinen. Ich
wünschte nur, ich könnte alle so mal
herzlich an mich drücken und abküssen.
Wie hat sich Heidi und Gabi herausgemacht?
Gib beiden einen recht besonderen Guten!
Bei uns werden z. Zt. noch eine Kompanie zu-
sammengestellt und habe ich dieser Tage beim
Rechnungsführer mit schreiben helfen.
Sonst bin ich G.s.D.* gesund. Essen schmeckt
dauernd, ich staune selbst, wie es mir
schmeckt. Zum Frühstück Kaffee und Kommiß-
brot. Mittag, abwechselnd Kartoffeln mit Fleisch
oder Nudeln mit Fleisch, Graupen mit Fleisch usw.
Abends Tee und Kommißbrot. Wir essen nur
3 x am Tage, oft bekomme ich Hunger und
esse noch eine Schnitte zwischendurch. Habe
schon oft an die schöne Mehlsuppe und das
gute Essen bei Dir gedacht. Nun hat sich

* G.s.D. Gott sei Dank!

Feldpostbrief mit einem Schlage alles geändert. Aber
wir wollen hoffen, daß wir wieder recht
bald zusammen kommen. Hat Ursel von Schorsch*
Post? Ihm wird es auch sein sehr nahe
gegangen, wenn alles verloren ist.
Hat Werner schon etwas hören lassen?
Daß ich Dir liebe Mama mit den Briefen
vom 24. und 25.2. eine große Freude bereitet habe,
freut auch mich sehr und ich hoffe, daß Du
inzwischen weitere Post erhalten hast. Schein-
bar geht die Post 14 Tage hin und 14 Tage her.
Hoffentlich wird es wieder etwas schneller.
Deinen lieben Brief habe ich immer und immer
wieder lesen müssen und war ganz bei
Dir. Ich denke morgen wieder Post von
Dir zu haben mein liebes gutes Weibel!
Sonst will ich die Strapazen gern ertragen.
Für heute einen recht herzlichen Sonntagsgruß.
Mit tausend Küssen in Gedanken drücke
ich Dich an mich, sowie auch Ursel und die
beiden kleinen Geister in Liebe Dein
getreuer Papa

* Ursel=Tochter Ursula, Schorsch=Schwiegersohn Georg