Flugplatz, Fliegerhorst, Flugzeugführerschule
Dragonerstraße














Oberförsterei und Großer Exerzierplatz auf Messtischblatt von 1933

Flugplatz und Fliegerhorst Lüben der NS-Luftwaffe bis 1945 (bearbeitet, aus "Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe - Planskizzen 1935-1945", Karl Ries / Wolfgang Dierich, Motorbuch Verlag Stuttgart, 1993
Der Vollständigkeit halber versuche ich, auch einiges über Flugplatz und Fliegerhorst Lüben mitzuteilen. Allerdings gibt es fast keine Dokumente über deren Existenz. Seit der Errichtung Ende der 1930er Jahre bis zur Sprengung durch die Wehrmacht am 27. Januar 1945 unterlag alles, was damit in Zusammenhang stand, der Geheimhaltung. Wie schon auf der Seite über die beiden Lübener Exerzierplätze müssen wir uns mit Zitaten begnügen, bis vielleicht doch noch jemand bereit ist, sein Material hier zu veröffentlichen. Dass es das gibt, beweisen immer wieder Ebay-Angebote.

Zuerst allgemeine Informationen über "Feldflugplätze und Fliegerhorste der Luftwaffe 1935-1945" (aus dem Buch von Dietrich Alsdorf, Podzun-Pallas, 2000):

"Während des Zweiten Weltkriegs gab es im ehemaligen Reichsgebiet rund 700 Fliegerhorste, Einsatzhäfen, Feldflugplätze... Einige dieser Anlagen waren schon zur Zeit der Weimarer Republik geplant und vorbereitet worden, um sogleich nach der Machtergreifung Hitlers ab 1933 den Grundstock für ein umfangreiches Flugplatznetz zu bilden. Etwa ab 1935 begann im Lande ein regelrechter 'Bauboom' - hochmoderne Fliegerhorste wurden an den Rändern der Städte in kürzester Zeit regelrecht aus dem Boden gestampft. Die Anlagen wurden meist als reine Friedensstandorte geplant und realisiert, Aspekte der Tarnung oder gar die Nutzung als Kriegseinsatzhäfen wurden meist zunächst vernachlässigt. Für einen möglichen Mobilmachungsfall entstanden daher später etliche getarnte Anlagen, einfache Einsatzhäfen und Feldflugplätze, die im Ernstfall in kürzester Zeit aktiviert werden konnten."
Die Fliegerhorste
waren die Friedensstandorte der Fliegerschulen und Fliegerausbildungsregimenter, der Fliegerverbände und Nachschubeinrichtungen. Es gab reine Land- und Seefliegerhorste oder Kombinationen. Die Fliegerhorste verfügten nach ihrem vollständigen Ausbau meist über befestigte Start- und Landebahnen, möglichst geeignet für alle Windrichtungen. Für die stationierten Fliegerstaffeln war ausreichend Hallenfläche zur Verfügung zu stellen. Hallenvorfeld und Rollwege waren befestigt und bestanden aus Betonstraßen und -flächen.
Einsatzhäfen
Da eine vollständige Tarnung der Fliegerhorste nicht möglich war, wurde ab 1935 für den Mobilmachungsfall ein zweiter Platztyp ausgebaut - der Einsatzhafen (I. und II. Ordnung). Einsatzhäfen waren vollständig getarnte und in Friedenszeiten unbesetzte Anlagen. Das Rollfeld sollte aus der Luft als landwirtschaftlich genutzte Fläche erscheinen. Die Bevorratung auf diesen Einsatzhäfen war auf die feldmäßige Verlegung und Stationierung von Kampf-, Zerstörer- und Tag- bzw. Nachtjagdverbänden ausgelegt. Das für den Flugbetrieb notwendige Gerät wurde in Bunkern in den angrenzenden Wäldern eingelagert. Während des Krieges wurde ein Teil der Einsatzhäfen zu Fliegerhorsten umgebaut. Das eigentliche Hallenvorfeld, also der Bereich vor den Hallen, war bei den großen Horsten betoniert, gepflastert oder - bei kleineren Plätzen - mit Schotter befestigt. Von hier aus führte eine befestigte Rollfeldringstraße rund um das Rollfeld. Bei Feldflugplätzen wurden meist bestehende Wirtschaftswege mit Schotter befestigt und als Rollwege genutzt.
Feldflugplätze
Auch auf den Feldflugplätzen bestand das Rollfeld meist nur aus einem planieren oder gewalzten Ackerstück. Die Plätze dienten vorwiegend für die zeitlich begrenzte Aufnahme leichter Jagd- oder Schlachtfliegerverbände. Wichtig für die Platzgeschichte sind die in den Werftabteilungen und Werkstätten hergestellten Namensschilder und Beschriftungen. Je nach Bedarf entstanden so Anhänger für Bekleidungs- und Ausrüstungskisten und anderes mehr. Entweder wurde mit Schlagbuchstaben gearbeitet oder die meist aus Aluabfall geschnittenen Schilder wurden kunstvoll bemalt - Betätigungsfeld für den Flugzeugmaler."



Konkrete Informationen über Lüben gibt es in "Fliegerhorste und Einsatzhäfen der Luftwaffe - Planskizzen 1935-1945" von Karl Ries und Wolfgang Dierich, Motorbuch Verlag Stuttgart, 1993, und in "Deutsche Flugzeugführerschulen und ihre Maschinen - 1919-1945" von Karl Ries, Motorbuch Verlag, 2000. Über Flugplatz, Fliegerhorst und Flugzeugführerschule Lüben wird Folgendes mitgeteilt:

Lüben/Schles., 68 km WNW Breslau, Einsatzhafen mit Grasnarbe und befestigtem Hallenvorfeld (S. 46)

FSS (C)15
Aufstellung am 1.1.1940 in Lüben/Niederschles., wird jedoch, nachdem der Schulbetrieb gerade voll angelaufen war, im September 1940 nach Gablingen/Augsburg verlegt.

FFS (C)18
Aufstellung Ende 1941 in Lüben/Niederschles. und Verbleib bis zum Einstellen der Schulung im Juli 1944. Hauptplatz Lüben, Arbeitsplatz Schönfeld-Seifersdorf. Kdr.: Oberst Bauer (S. 187)


Die nebenstehende Aufnahme zeigt die Lehrlinge der Luftwaffenlehrwerkstatt Lüben, Lehrzug 1943 und Lehrzug 1944. Das Foto wurde im Frühjahr 1945 in Neustadt-Glewe aufgenommen, wohin die Lehrzüge beim Heranrücken der Front verlegt wurden. LHB 2/84

In der Luftwaffenlehrwerkstatt Lüben angefertigtes Namensschild des Lehrlings Erhard Müller. Abbildung aus dem Buch "Feldflugplätze und Fliegerhorste der Luftwaffe 1935-1945" von Dietrich Alsdorf.


Aufklärer. Abs. Flieger A. Heinig, Landesschützenzug 73/4 Fliegerhorst Lüben

Am 15.12.1940 schreibt Vater Heinig, der auf dem Fliegerhorst Lüben beschäftigt ist, seinem Sohn in Adelsberg bei Chemnitz: Lieber Manfred! Deinen Brief habe ich erhalten und mich gefreut. Als wir heute ausmarschierten, flog gerade ein Flugzeug auf, uns hat es bald mit fortgeblasen. Zu deinem Geburtstag wünsche ich dir alles Gute und hoffe, daß du gut folgst und hilfst. Mit besten Grüßen dein Pappa


Wie mir Rudolf Klose erzählte, waren die Flieger bei den Lübener Mädchen äußerst beliebt und dementsprechend unbeliebt bei den übrigen jungen Männern der Stadt. Er schreibt: "Bei den sommerlichen Tanzveranstaltungen im Schießhaus-Garten kreuzten die ersten Fliegerfeld- oder -oberfeldwebel auf. Graue Uniform, weiße Mütze, weißes Oberhemd und Binder, Flugzeugführerabzeichen und den Fliegerdolch an der Seite. Die Mädchen waren hingerissen! Selbst wenn sie mit einheimischen Kavalleristen verabredet waren, nahmen die Mädchen Platz an den Tischen der Flieger! Das konnte nicht lange gutgehen. Denn die Flieger waren leichtsinnige Brüder, die auf den Ruf der Mädchen in einer Kleinstadt keine Rücksicht nahmen. Ich erinnere mich, dass ganz Lüben darüber tuschelte, dass letztens am Fahnenmast des Flugplatzes Mädchenunterwäsche gehisst worden war. Das hinterließ bei den Mädchen kein gutes Gefühl und sie kehrten größtenteils zu ihren Kavalleristen vom Reiterregiment bzw. den motorisierten Aufklärern zurück."

Schlechte Erfahrungen mit ihrem Flieger muss auch "Mariechen" aus Ossig gemacht haben!

Sie schreibt am 26.2.1940 an Helmut Engel von der Flugzeugführerschule Lüben:

Lieber Helmut! Ich erlaube mir heute ein paar Zeilen zu schreiben. Du hattest mich doch heute bestellt, aber leider warst Du wieder nicht da. Schreibe mir bitte den Grund. Es grüßt Dich herzlich deine Freundin Mariechen Banderowska, Ossig über Lüben. Gruß von Liesel, Martel und Irmi. Gruß an Deinen Freund.




Bruchlandung
Ju88 und Do17
auf Flugplatz Lüben


Es folgt der sogenannte Rollschein für den Obergefreiten Heinrich Wagner, geb. 19.1.1922, ausgestellt am 1.4.1944 an der Flugzeugführerschule in Lüben/Schles. Darin wird seine Einsatzbereitschaft auf den Flugzeugen Ju 88, Si 204 und Ju 52 vermerkt. Nur kurze Zeit später wurde er mit seiner Ju 88 über der Eiffel abgeschossen...


Obergefreiter Josef Hommrich, geb. 29.10.1921, Rollschein ausgestellt von Flugzeugführerschule (B) 18 am 1.4.1944 in Lüben, berechtigt Flugzeugtypen A, B und C zu rollen, einsatzbereit für Ju 88


Obergefreiter Josef Hommrich, geb. 29.10.1921, Diensteintritt am 15.7.1940, Luftwaffen-Bordwartschein Nr. 3/44, ausgestellt am 1.3.1944, Einsatzbereit auf den Flugzeugen C(?) 445, Ju 86, Ju 88


1992 schrieb Gerhard Seider im Lübener Heimatblatt: "Der Fliegerhorst war damals 'eine Stadt in der Stadt' mit Hunderten von Zivilbeschäftigten, die letztlich auch zu den Einwohnern der Stadt gehörten. Zur Ergänzung der Lübener Einwohnerkartei habe ich ein Buch erstellt mit Angaben damaliger Funktionen auf dem Flugplatz, Erst-, bzw. Zweitwohnsitz und jetziger Anschrift. Dieses Buch bedarf noch vieler Ergänzungen, ist aber auch eine Quelle für Nachforschungen. (Lübener Heimatblatt 3/1992 S. 13).
Das Verzeichnis wurde der Heimatstube Nassau übergeben (Lübener Heimatblatt 4/1992 S. 20)"

Personal des Fliegerhorsts Lüben i. Schles. im Jahr 1940

Flugplatz und Fliegerhorst Lüben wurden am 27.1.1945 von der deutschen Wehrmacht in die Luft gesprengt.
Heute befindet sich auf dem Gelände der Flugplatz Airport Lubin Obora.


Gern wüsste ich mehr über diesen Teil Lübens vor 1945. Ich bin die älteste Tochter des Flugzeugführers Georg Treder vom Fliegerhorst Lüben, der seine vier Kinder aus fünf Ehen bis zu seinem Tod im Jahr 2007 verleugnete und dem es aufgrund der Teilung Deutschlands immer wieder gelang, seine Spuren zu verwischen. Bitte schreiben Sie mir! Heidi T.