Die Lübener Gasanstalt
Gefängnis














Eine Beleuchtung der Straßen, wie wir sie heute kennen, war dem Mittelalter fremd. Die Stadt lag nachts in tiefes Dunkel gehüllt. Nur an den Stadttoren brannte gewöhnlich eine Laterne. Wer auf seinem nächtlichen Heimweg Licht haben wollte, mußte es selbst bei sich führen. Man bediente sich der Fackel oder Windlichter.

Zwei städtische Lichtzieher hatten ihr Gewerbe in der Stadt Lüben. Von 1688 ist ein Vergleich zwischen ihnen und dem Fleischermittel (Zunft) beurkundet, "nachdem sie den Unschlitt des abgeschlachteten Viehs zu dem Preis abnehmen mußten, der auch in Liegnitz gezahlt wurde. Die Fleischer verzichteten auf das Recht des freien Lichtzuges." Die Gewerbe und Gewerke waren vor der Gewerbefreiheit von 1811 sehr scharf abgegrenzt.

Den Bürgern der mittelalterlichen Stadt wurde in Ausnahmefällen befohlen, für die Beleuchtung ihrer Häuser zu sorgen: Bei Feuersbrünsten oder wenn ein Frevel geschah und der Geschädigte sein Alarmgeschrei ertönen ließ. Im späten Mittelalter verfügte der Rat mancher Städte, an wichtigen Stellen der Stadt Laternen oder Fackeleisen anzuzünden. In Lüben währte dieser mittelalterliche Zustand bis weit in die Neuzeit. 1843 griff das "Lübener Stadtblatt" das Thema Straßenbeleuchtung auf. "Die Beleuchtung sei völlig unzureichend. Die Öllaternen brannten so schlecht, daß man selbst in nächster Nähe den eigenen Bruder nicht erkennt!" Im Liegnitzer "Silesia" meldet sich am 14. Dezember 1846 ein empörter Lübener Bürger zu Wort: "Die Stadt will unter allen Umständen sparen, vor 6 oder 1/2 7 Uhr werden abends die Laternen nicht angezündet und die Lampen brennen bis 9, höchstens 10 Uhr. Dann ist es so finster, daß man keine Hand vor den Augen sieht, und jeder könnte die Augen in die Hände nehmen und sehen, wie er durch die holperichten und schmutzigen Gassen der Stadt kommt."

Holperig dürften die Gassen schon sehr lange gewesen sein, denn bereits 1787 klagt in einem Bericht an das Oberkonsistorium der Syndikus der Stadt: "Die Kämmerei sei mit Ausgaben derart überlastet, daß sie noch nicht einmal die Erneuerung des völlig ruinierten Straßenpflasters hätte vornehmen können."

Die Lübener Gasanstalt

Der Stadtsäckel war leer, so lag vieles im argen. Der im Jahre 1848 gegründete Bürgerverein forderte sehr energisch die Beleuchtung der Straßen bis 3 Uhr nachts, aber sein Ruf verhallte.- Erst zwei Jahrzehnte später ward Licht auf den Straßen beim "Lübener Nachtleben"!

Im Januar 1867 beschlossen die Lübener Stadtväter wegen des bevorstehenden Baues der Eisenbahnlinie nach Lüben, eine Gasanstalt zu errichten. Am 1. Dezember 1867 wurde der Betrieb eröffnet. Zur Feier des Tages brannten nicht nur 45 Straßenlaternen, sogar jede Marktecke und das Rathaus waren illuminiert. - Wenn auch nicht die ganze Stadt, so strahlte doch der Ring in hellem Licht. Aber vorerst war das neue Licht teuer und mancher Konsument kehrte wieder zum Petroleum zurück, bis die städtischen Behörden den anfänglich recht hohen Preis von 26 Pfennigen pro Kubikmeter ermäßigten.

In den Jahren 1887, 1908 und 1913 wurde die Gasanstalt erweitert. Mit den neuesten Öfen und Apparaten versehen, vermochte die Gasanstalt in 24 Stunden bis 3500 cbm Gas zu erzeugen, während sie früher im gleichen Zeitraum nur 1400 cbm liefern konnte.

Bei Gründung der Gasanstalt zählte man 45 öffentliche und 178 private Flammen. Im Jahre 1909 waren es 129 öffentliche und 3546 private Flammen. Das war die traute Zeit, von der unsere Großeltern erzählten. Aber bald drohte dem Werk ein gefährlicher Konkurrent. Das elektrische Licht bahnte sich den Weg und seit dem 20. Dezember 1920 strahlte Lüben in einem neuen, noch helleren Glanz.

Gerda Harder, in LHB 4/5/1978.

Informationen in der Klose-Chronik. Für Bilder und Textbearbeitung Dank an Bernd M. und Klaus Wittke!



Der Lubiner Forscher Marcin Owczarek hat erneut einen schönen Fund über das alte Lüben gemacht. Er fand die Überreste eines "Projekts für den Umbau der Gasanstalt Lüben der Julius Pintsch A. G. Berlin". Die Firma und der Begründer sind offenbar so bekannt, dass es darüber Wikipedia-Einträge gibt. Zwischen den Buchdeckeln sind keine Buchseiten mehr enthalten oder nie gewesen. Statt dessen befindet sich darin eine Klemm-Mappe, deren Inhalt nichts mit dem Projekt zu tun hat. Deshalb sind keine weiteren Informationen über den Plan zum Umbau der Gasanstalt Lüben bekannt. Dennoch für Marcin Owczareks Bereitschaft, seinen Fund auf meiner Website zu teilen, ein großes Dankeschön! Heidi T.